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Tricontium (German Edition)

Tricontium (German Edition)

Titel: Tricontium (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Claußnitzer
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beschriebenen Blätter aus der Hand. »Aber was auch immer uns zugemutet worden sein mag, wir haben noch zu tun und mein würdiger Schreiber sollte alt genug sein, auf derartige Ausbrüche zu verzichten.«
    Ardeija hatte inzwischen aus dem Fenster gesehen; nun wandte er sich um. »Wenn Ihr ihn heute noch in brauchbarem Zustand hier haben wollt, solltet Ihr ihn aber sehr schnell wieder einsammeln; wenn er nicht noch abbiegt, läuft er nämlich geradewegs auf den ›Grünen Keiler‹ zu.«
    Es wurde Herrad anscheinend schwer, nun nicht selbst die Papiere von sich zu werfen und laut zu schimpfen. »Dann geht und haltet ihn auf. Nein, nicht Ihr, Herr Wulf. Ihr habt zu viel Verständnis für ihn und das kann vor heute Abend nur schädlich sein. Ich brauche Hilfe hier, keinen aufgelösten Schreiber.«
    Ardeija nickte und griff nach Gjuki, der zu einem Ausflug auf der Fensterbank aufgebrochen war. »Er hat aber Recht, dass der Plan nicht ungefährlich ist«, bemerkte er, schon halb auf dem Weg zur Tür. »Um euch beide mache ich mir keine Sorgen, ihr könnt schon auf euch aufpassen. Aber was ist mit Wulfin?«
    Wulfila sah seinen Sohn an, der friedlich mit einem bei den Grabhügeln aufgelesenen Stein spielte und dabei sicher sehr genau zuhörte. »Was soll mit ihm sein? Mit dir ist nichts, nicht wahr, Wulfin?«
    »Nein«, verkündete Wulfin, ohne auch nur aufzuschauen.
    »Du kannst ihn schlecht auf den Brandhorst mitnehmen«, half Ardeija nach. »Ihr seid dort schon einmal unter dem Turm gelandet und das aus weit geringerem Anlass.«
    Da hatte er zwar Recht, aber Wulfila musste sich eingestehen, darüber noch nicht nachgedacht zu haben. Er hatte seinen Sohn aus schierer Notwendigkeit schon viel zu oft in Unternehmungen mit einbezogen, die für ein Kind in Wulfins Alter eigentlich kaum geeignet waren, und dass Wulfin dort hingehen würde, wohin auch er ging, hatte immer so festgestanden, dass er es auch in diesem Fall als gegeben angesehen hatte.
    Er warf einen Blick zu Herrad hinüber und erinnerte sich sehr gut, wie wenig ihr in Tricontium Wulfins Beteiligung an dem Kürbisdiebstahl gefallen hatte, doch wenn sie ihn gerade für einen sehr schlechten Vater hielt, ließ sie es sich nicht anmerken.
    »Na, was meinst du?«, fragte er schließlich und drehte Wulfin zu sich herum. »Willst du lieber in Aquae bleiben?«
    »Nein«, sagte Wulfin erwartungsgemäß und schien die Angelegenheit damit für erledigt zu halten.
    Herrad stand auf. »Alles andere würde auch nur verdächtig aussehen und es ist mir lieber, zwei Krieger auf dem Brandhorst zu haben als nur einen. – Aber nun geht und holt mir Oshelm. Mit nur einem Schreiber komme ich heute nicht weit.«
     
    »Mit den ›zwei Kriegern‹ hast du auf immer einen festen Verbündeten gewonnen«, sagte Wulfila später zu ihr, als Wulfin bereits hochzufrieden mit seinem Großvater auf dem Nachhauseweg war und Ardeija sich auf die Suche nach dem flüchtigen Schreiber gemacht hatte. »Er war glücklich.«
    »Das will ich stark hoffen.« Die Richterin hatte eine Kerze entzündet, und der rötliche Schimmer in ihrem Haar war besser zu erkennen als im bloßen Tageslicht. »Aber was ich gesagt habe, war durchaus ernst gemeint. Er ist reif für sein Alter und wird helfen können, wenn es nötig ist. Ganz abgesehen davon wirst du weniger anstellen, wenn er dabei ist.«
    »Sagt die Frau, die mich für einen Diebstahl verurteilt hat, den ich gewissermaßen mit Wulfin auf dem Arm begangen habe?«
    »Ja.« Sie winkte ihm, ihr die Leges et constitutiones zu reichen. »Hühner und Kürbisse, nun gut … Das ist harmlos. Aber du wirst schon nichts tun, wobei ihr umgebracht werden könntet; dazu passt du viel zu gut auf ihn auf.« Sie schlug das Buch auf und blätterte einige Seiten weiter. »Ah … Da sind wir bei den Zaubereiangelegenheiten. Man sieht, dass ich damit bisher noch nicht viel zu tun hatte, nicht wahr? Noch alles so ordentlich, ohne viele Randbemerkungen.«
    Wulfila hörte kaum hin. Das nebenbei hingeworfene Kompliment freute ihn viel zu sehr. »Meinst du?«
    Herrad sah auf und schien zu begreifen, dass er nicht über den Zustand ihrer Gesetzessammlung sprach. »Das meine ich nicht; das weiß ich und wusste ich immer. Ich habe euch beide schließlich fast zwei Wochen lang erlebt, damals.«
    »Da war nicht viel zu erleben. Ich habe nur in einer Zelle gesessen und gewartet.«
    »Nein. Du hast mehr getan als das. Du hast Wulfin vorgesungen, jeden Tag, und ihm mehr erzählt, als er

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