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Tricontium (German Edition)

Tricontium (German Edition)

Titel: Tricontium (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Claußnitzer
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geliehenen Pferd, sondern wäre mit dem Inhalt von Helmolds Grab längst auf dem Weg nach Aquae. Vielmehr – dann wäre ich überhaupt nicht hier, weil ich es nie nötig gehabt hätte, in irgendeinem Bauerngarten nach Kürbissen zu suchen.«
    »Schön«, entgegnete Herrad ruhig und vergewisserte sich unauffällig, dass der kleine Dolch in ihrem Ärmel sich noch an Ort und Stelle befand. »Aber wenn Ihr tatsächlich über das beneidenswerte Wissen verfügt, wie man rasch auf ehrlichem Wege ein kleines Vermögen herbeizaubern kann, stellt sich die Frage, weshalb Ihr es nur einmal genutzt habt.«
    »Weil es ein einmaliger Zauber war, darum«, entgegnete Wulfila mit einem Auflachen. »Ich habe alles verkauft, was entbehrlich schien, vielleicht auch einige unentbehrliche Sachen. Dafür, dass ich auch das Gebetbuch meiner Mutter zu Geld gemacht habe, hätte mein Vater mich im Nachhinein jedenfalls fast umgebracht. Aber anders wäre es nicht gegangen. Es ist ohnehin schon knapp geworden.«
    Dennoch hatte seine weltliche Habe nicht nur ausgereicht, um das unscheinbare Pergament zu erkaufen, auf dem Richter und Vogt von Salvinae den Eingang der Geldbuße quittiert und die Freilassung des ausgelösten Gefangenen angeordnet hatten, sondern auch, um die Dienste einer Hebamme und eines Arztes sowie eine Beerdigung zu bezahlen.
    Über den Tod seiner Frau sagte er nicht mehr als das, doch schien ihm der Verlust noch immer nahezugehen, und diesmal hütete Herrad sich, die Stille zu durchbrechen.
    Sie schwieg zunächst auch zu der Bemerkung, dass sie in Aquae unwissentlich die Befreiung des armen Wulf noch einmal gehörig verzögert habe, obgleich ihr die Antwort auf der Zunge lag, dass jemand, der einen Diebstahl zwei Wochen vor dem nächsten Gerichtstag beging, sich die erzwungene Wartezeit doch nur selbst zuzuschreiben habe, aber als Wulfila nicht fortfuhr, stellte sie eine der Fragen, die ihr im Kopf herumgingen, schließlich doch: »Was habt Ihr überhaupt in Aquae gesucht, wenn Ihr von Salvinae nach Mons Arbuini hinüber wolltet?«
    »Wäre ich allein gewesen, hätte ich den geraden Weg genommen, aber so klein, wie Wulfin war, ging das schlecht. Ich hatte ohnehin Angst um ihn. Man hatte mir gesagt, ich würde ihn nie und nimmer durchbringen, und ich dachte mir, dass er einen Marsch über Land wahrscheinlich schlechter überstehen würde als mein Vater noch ein paar Wochen in den Steinbrüchen. Erst konnte ich noch mit Müh’ und Not eine Amme in Salvinae bezahlen, aber es gab über den Winter nicht viel Arbeit dort. Ich war froh, als ich einen Kaufmann aus Aquae traf, der sagte, seine Schreiberin, die mit ihm reiste, habe ein Kind und könne meines mit stillen, wenn ich im Gegenzug seinen Wagen auf dem Weg nach Aquae bewachen würde. Als wir dann aber in Aquae waren, wurde ich krank und … Das wollt Ihr doch gar nicht in allen Einzelheiten hören, nicht wahr? Jedenfalls hatte ich die ganze Zeit über eine fürchterliche Angst, dass man in Salvinae doch noch nachforschen würde, was es nun eigentlich mit jenem Fischdiebstahl auf sich hatte, und ich in Mons Arbuini mit meiner kostbaren Urkunde nichts erreichen würde. Aber es ist ja am Ende gut gegangen.«
    »Und das ist ein Wunder. Wie Ihr in Salvinae mit Eurem halben Betrug Erfolg haben konntet, verstehe ich noch mehr oder minder, aber was habt Ihr in Mons Arbuini getan? Darauf läuft doch letztendlich alles hinaus, denn spätestens dort hätte man entdecken müssen, dass es Euch nicht um irgendeinen unbedeutenden Fischdieb ging, sondern um jemanden, der eigentlich aus ganz anderen Gründen dort war.«
    »Das haben sie auch gewusst.« Wulfila wirkte aufrichtig erstaunt, als könne er sich kaum vorstellen, dass sie etwas anderes angenommen hatte. »Aber das Siegel des Vogts von Salvinae war eben das Siegel eines königlichen Vogts, und sie wollten ihn gewiss nicht dadurch verärgern, seine Entscheidung anzuzweifeln oder um Bestätigung nachzusuchen. Vielleicht hat Herr Gero, der in Mons Arbuini den Befehl führt, es auch einfach gut gemeint. Und wie sie sich am Ende beholfen haben, hat mein Vater Euch doch in Tricontium erzählt. Sie haben fein säuberlich niedergeschrieben, sie hätten auf Anweisung des Vogts von Salvinae einen gewissen Wulf, dessen Buße bezahlt worden sei, freigelassen. Was aus dem Mann namens Corvisianus geworden ist, der in den Steinbrüchen sein sollte, ist nirgendwo festgehalten.«
    Irgendwo in der Nacht rief ein Stück weiter westlich ein

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