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Tricontium (German Edition)

Tricontium (German Edition)

Titel: Tricontium (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Claußnitzer
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begrenzte, die anderen warnen … Doch er kam nicht weit.
    »Bleib hier!«
    Das war kein Befehl, dem man sich widersetzte, wenn ein Fürst ihn so gebieterisch aussprach – zumindest dann nicht, wenn die Worte von einem Speer begleitet waren, der sich keinen ganzen Schritt schräg vor den Flüchtenden in den Boden grub. Die Warnung war deutlich genug, doch auch eine so freundlich überlassene Waffe war eine Waffe, und es kostete Wulfila kaum einen Augenblick, den noch nachfedernden Schaft zu ergreifen, den Speer herauszureißen, Wulfin in die geschützte Nische zwischen zwei Ziersäulen eines Grabmals zu stoßen und sich selbst abwehrbereit davor aufzubauen.
    Asgrim lachte. »Bist du Krieger gewesen?«, fragte er, offensichtlich unbeeindruckt davon, dass Wulfila nicht auf einen beliebigen Gegner, sondern auf ihn zielte. »Das ist ein paar Jahre her, nicht wahr? Dafür bist du noch schnell.«
    Wulfila war zu entschlossen, sich nicht ablenken zu lassen, als dass er sich auch nur über den gönnerhaften Tonfall geärgert hätte. Er versuchte, die fünf übrigen Männer mit im Auge zu behalten. Erstaunlicherweise taten sie nicht viel, sondern warteten ihrerseits ab, zum Teil sogar mit halb anerkennender Miene. Doch das wollte nichts heißen.
    Asgrim schien nicht verstimmt zu sein, dass er keine Antwort erhielt. »Du kannst das Ding da ruhig beiseitenehmen«, sagte er und klang fast, als rechne er tatsächlich damit, dass Wulfila von sich aus den Speer senken würde. »Das war nur, um dich aufzuhalten, nicht, um dich zu verletzen oder gar zu töten. Ich will dir und deinem Kind nichts Böses.«
    »Dann lasst uns gehen.« Es war nicht einfach für Wulfila, weder zu ängstlich noch zu fordernd zu klingen, zumal er wusste, dass er nicht der Einzige war, der sich fürchtete; Wulfin hinter ihm hielt sich mittlerweile an seinem Mantel fest.
    »Wir sollten erst reden.« Der Fürst lächelte, und seine Freundlichkeit hätte echt wirken können, wäre er nicht Asgrim gewesen. »So eilig kannst du es gar nicht haben, wenn du doch Zeit hast, auf alten Steinen herumzuklettern. Was hast du da oben gesucht?«
    Die Krieger vom Brandhorst lachten; sie mussten den Sturz mitangesehen haben.
    »Den Drachen«, sagte Wulfila unbewegt und beglückwünschte sich im Stillen zu seinem seltenen Anfall von Geistesgegenwart. »Er ist weggelaufen, da hinauf.«
    Ein blonder Krieger mit langem Zopf, der neben dem Mann mit den Dolchen stand, wiegte bedächtig den Kopf. »Das tun sie, kommen und gehen, wie sie wollen«, sagte er mitfühlend.
    Asgrim nickte zustimmend. »Der wird schon wieder hervorkommen, wenn der Regen vorbei ist. Drachen haben es lieber trocken, sagt man. Und wenn nicht, dann wirst du etwas Besseres als einen Drachen kaufen können, vorausgesetzt, du hörst mir jetzt endlich zu. Es könnte sich sehr für dich lohnen. Nimm das als Anzahlung.«
    Wulfilas Verblüffung wäre nicht einmal dann geheuchelt gewesen, wenn Asgrim ihm keinen blanken Silberdenarius vor die Füße geworfen hätte, doch die Tatsache, dass es kein Geldstück von ganz geringem Wert war, machte das Verhalten des Fürsten noch rätselhafter.
    Mit einem Denarius erkaufte man sich nicht die unbedeutenden Hilfsdienste irgendeines hergelaufenen Menschen, den man schon bei einem Gartendiebstahl ertappt hatte. Die Summe war hoch genug, um etwa als Handgeld für einen auf Zeit geworbenen Krieger auszureichen, dessen Schutz man für die Dauer einer Reise benötigte. Es musste alles ein übler Scherz sein und die Münze war gewiss nur ein Köder, um ihm einen Tritt versetzen zu können, wenn er sich nach dem Geld bückte.
    »Was wollt Ihr von mir?«, fragte er, ohne dem Silberstück einen weiteren Blick zu gönnen. »Dafür könnt Ihr ganz andere Krieger bekommen.«
    »Du bist kein Krieger mehr; du bist ein Dieb.« Die sachliche Feststellung war fast verletzender, als offene Verachtung es hätte sein können. »Und für den habe ich Verwendung.«
    Hätte Wulfin nicht hinter seinem Vater gekauert, hätte Asgrim nun mindestens das stumpfe Ende des Speers an einer empfindlichen Stelle abbekommen, und die Unterlassung eines tätlichen Angriffs war auch schon alle Zurückhaltung, zu der Wulfila sich noch durchringen konnte. »Macht Ihr Euch lustig über mich? Vor ein paar Tagen lasst Ihr mir noch fünfzehn Hiebe für einen lächerlichen Kürbis geben, und nun bietet Ihr mir Geld für einen Diebstahl?«
    Er fragte sich, wo Herrads Leute blieben. Sie hätten zwar wahrscheinlich in

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