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Triestiner Morgen

Triestiner Morgen

Titel: Triestiner Morgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Kneifl
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ist das kein Recht? Ich habe einmal eine Frau gekannt, die niemals nein gesagt hat. Sie hat allen Menschen vertraut ...«
    »Es kommt nicht darauf an, ob man jemandem trauen kann oder nicht, und doch weiß ich, was Sie meinen.«
    Sie schweigen beide und sehen einander lange in die Augen. Dann winkt sie die Kellnerin herbei und bittet um die Speisekarte.
    »Ich muß jetzt etwas essen. Alkohol auf nüchternen Magen vertrage ich nicht.«
    Sie entscheidet sich für eine Pizza Neapolitana und einen Salat.
    Er bestellt, ohne sie zu fragen, zwei Bier. »Sonst kriegen Sie diese Pizza nicht runter«, sagt er grinsend.
    Sie protestiert nicht.
    Als ihr die Kellnerin nach ein paar Minuten die lauwarme Pizza serviert, murmelt sie abfällig: »Micro-welle.«
    Nachdem sie ein Stück gekostet hat, schiebt sie ihm ihren Teller hin. »Möchten Sie vielleicht ...? Mir ist der Appetit vergangen.«
    Während ihr Tischnachbar die Pizza mit dem Messer in kleine Stücke zerlegt und dann mit den Fingern kräftig zulangt, stochert sie mit der Gabel lustlos in ihrem Salat herum.
    In meinem Kopf dreht sich alles. Ich vertrage keinen Alkohol, deshalb trinke ich auch meistens nur Kaffee oder Coca-Cola. Aber Livio mußte ja unbedingt Spumante bestellen. Er weiß genau, daß ich bei einem Gläschen Schaumwein nicht nein sagen kann. Und ich weiß, daß er mich gern betrunken sieht.
    Angeblich bin ich dann noch verführerischer — völlig ungehemmt wäre wohl der bezeichnendere Ausdruck.
    Mein erstes Rendezvous habe ich heute erst um zwei Uhr, ich habe also noch genügend Zeit.
    Morgens bin ich immer schlechter Laune. Außerdem beschäftigt mich das Kind in meinem Bauch mehr, als mir lieb ist.
    Ich ziehe mein weißes Unterhemd aus und betrachte mich kritisch im Spiegel gegenüber dem Bett.
    Mein Körper ist jung und kräftig. Meine großen, rotbraunen Brustwarzen ragen frech in die Höhe. Noch ist von meiner Schwangerschaft nicht viel zu sehen. Die kleine Wölbung unter meinem Busen bemerkt man, vor allem, wenn ich liege, kaum. Die Taille schmal wie eh und je, die Brüste fest und wohlgeformt, vielleicht eine Spur dicker, wie während der Menstruation, die Hüften wohlgerundet, die Schenkel voll, aber nicht zu dick, Arme und Beine schlank wie die eines jungen Mädchens. Ich brauche keinen Mann, um zu begreifen, daß ich eine schöne Frau bin.
    Nur der Anblick meines Gesichtes behagt mir nicht. Am frühen Morgen und zu später Stunde sehe ich immer um ein paar Jahre älter aus. Gerade vierundzwanzig geworden, aber die Augen einer Vierzigjährigen. Meine besten Jahre werden bald vorbei sein. Die ersten Falten um Augen und Mund, von keinem meiner Männer je bemerkt, die Lippen weniger rot als früher, die Wangen blaß, die ersten geplatzten Äderchen ...
    Zum Glück gehöre ich nicht zu jenen bedauernswerten Schwangeren, die dauernd kotzen müssen. Mir ist nie schlecht, im Gegenteil, ich fühle mich besser denn je. Mein Appetit hat zugenommen, aber das ist normal. Ich werde schon darauf achten, die überflüssigen Kilos nach neun Monaten wieder loszuwerden.
    Im Mund noch den Geschmack des Mannes, der Körper verklebt mit seinem Schweiß und am Bauch noch seinen Saft, wälze ich mich unentschlossen auf dem Bett.
    Schließlich stehe ich doch auf und lasse mir ein Bad ein. Zum Glück haben wir ein geräumiges Badezimmer. Der Vormieter ließ es einbauen, Enrico mußte eine hübsche Summe dafür ablegen.
    Ich zünde mir eine von seinen Zigaretten an — in seiner Wohnung liegen überall angefangene Zigarettenpäckchen herum -, schenke mir einen kleinen Cognac ein und steige in die Wanne.
    Ein heißes Bad, eine Zigarette und einen Cognac, viel mehr brauche ich nicht, um mich wohl zufühlen.
    Ich nippe nur an dem Cognac. Auf nüchternen Magen vertrage ich erst recht keinen Alkohol. Außerdem muß ich an das Kind in meinem Bauch denken. Einem Krüppel will ich nicht das Leben schenken.
    Es bereitet mir immer wieder großes Vergnügen zu beobachten, wie elegant sich ein wohlgeformtes Cognacglas über Wasser hält und wie sich der warme Schein des Alkohols im dampfenden Wasser spiegelt. Ich nippe noch einmal an dem teuren Getränk und leere dann den Rest ins Wasser. Alkohol reinigt die Haut.
    Normalerweise bade ich nie länger als zwanzig Minuten. Zu lange baden ist ungesund. Außerdem hasse ich lauwarmes Wasser.
    Ich steige mit einem Bein aus der Wanne und verharre kurz in dieser Stellung. Michele sagte einmal, ich würde in dieser Position einer schönen Frau

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