Trilogie des Tötens - X-Mas Edition - 3 Thriller (German Edition)
spritzt als grauer Schleim auf die Straße.
Wir wissen, was jetzt passiert. Wir sehen den Totenfluss und den Fährmann, der schon ungeduldig auf uns wartet, um uns nach drüben in die schwarze Welt zu führen. Trotzdem klammern wir uns panisch an das winzige Stück Hoffnung, das uns bis jetzt am Leben erhalten hat, glauben tatsächlich, dass unsere Gebete, die wir rasend, lautlos, ununterbrochen auf und ab psalmodieren, erhört werden und Gott auf unserer Seite ist. Doch Gott hat sich längst von uns abgewandt.
23. Gmunden/Linz: Der zehnte Tag
Der Rollstuhl machte ein quietschendes Geräusch, so als wären die großen Gummireifen nicht genügend geölt, als ihn die Pflegerin durch den Park Richtung Seeufer schob. Von dort hatte die Frau einen ungehinderten Blick auf den steil aufragenden Berg zur linken Seite, während sich rechts das Panorama der Stadt erstreckte. Trotz der Hitze hatte sie eine dicke karierte Wolldecke über ihre Beine gelegt. Nachdenklich blickte sie über den See, der sich dunkel und geheimnisvoll bis zu dem Gebirgszug im Hintergrund erstreckte. Es war noch früh am Morgen und deswegen waren auch keine anderen Patienten unterwegs. Die Szenerie hatte etwas von einem Postkartenidyll, eine Heile-Welt-Atmosphäre, wären da nicht diese dunklen Berghänge, die im Schatten lagen und in der dunstigen Luft bedrohlich näher zu rücken schienen.
„Danke, ich brauche Sie nicht mehr“, sagte sie und drehte ihren Kopf leicht nach hinten, um der Pflegerin ein Zeichen zu geben.
„Sie versprechen mir aber, auf den Knopf zu drücken, wenn Sie wieder in Ihr Apartment wollen, damit ich Sie zurückschieben kann, Frau Doktor“, sagte die Pflegerin bestimmt und deutete auf das Armband mit dem dicken roten Knopf, das gut sichtbar um das dürre Handgelenk geschlungen war.
„Nicht wieder so wie beim letzten Mal, dass Sie einfach hier am Ufer im Regen sitzen bleiben, sich erkälten und wir uns alle um Sie Sorgen machen!“
„Schon gut, ich verspreche es! Ich bin ja kein kleines Kind mehr“, sagte die alte Frau und winkte unkontrolliert mit ihrer Hand.
Als die Pflegerin verschwunden war, nahm sie ihre ganze Kraft zusammen, umfasste mit der linken Hand das rechte Handgelenk, um das Zittern zu stoppen, schob die Hand unter die Decke, zog nach mehrmaligen Versuchen ein elegantes, silbernes Zigarettenetui und ein passendes Feuerzeug hervor und versuchte sich trotz der unkontrollierten Bewegungen mit zitternden Fingern eine Zigarette anzuzünden. Nach dem zehnten Anlauf klappte es endlich und mit geschlossenen Augen sog sie das Nikotin tief ein und entspannte sich.
Sie hatte nicht einmal die Hälfte der Zigarette geraucht, als sie hinter ihrem Rücken Schritte auf dem Kies hörte. In einem ersten Reflex wollte sie schnell die Zigarette aus dem Mund spucken, entschied sich dann aber dagegen.
„Hallo Mutter, man hat mir gesagt, dass du an deinem Lieblingsplatz am See bist“, begrüßte sie Stefan Szabo und beugte sich von hinten über sie, um ihr einen Kuss auf die faltige Wange zu drücken.
„Gut siehst du aus, das Sanatorium ist wirklich ein Glücksgriff gewesen, du kannst ja wieder selbst rauchen!“
„Mein Junge, gerade habe ich an dich gedacht“, sagte die alte Frau und lächelte. „Ich habe gespürt, dass du mich heute besuchen kommst.“
„Du hattest schon immer eine besondere Intuition, Mutter“, sagte Szabo und setzte sich direkt vor ihr auf den verbleichten grünen Rasen. Im Licht der noch niedrig stehenden Sonne wirkte seine Gestalt wie ein schwarzweißer Scherenschnitt, seine dunkle Jacke mit den vielen Taschen verschmolz mit der schwarzblauen Farbe des Sees und verlieh ihm ein mystisches Aussehen.
„Wie geht es dir?“, fragte er.
„Manchmal besser, manchmal schlechter, das ist so bei Multipler
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