Trilogie des Tötens - X-Mas Edition - 3 Thriller (German Edition)
Oberfläche sympathisch, aber trotzdem undurchsichtig. „Wir haben alles unter Kontrolle!“ Dieser Satz von Igor Drakovic ging ihr einfach nicht mehr aus dem Kopf, setzte sich in ihren Gehirnwindungen fest, ohne aber ein klares Bild zu erzeugen. Aber sie brauchte Klarheit. Sie war es gewohnt, kontrolliert und strukturiert zu denken, sich einen Plan zurechtzulegen und danach zu handeln. Vor allem aber musste sie aktiv sein! Bei ihrer Mutter war sie passiv gewesen, hatte die verschlüsselten Hilferufe nicht beachtet, sich ganz auf ihr Leben konzentriert und die Familie ignoriert! Diesmal aber würde sie handeln, obwohl sie nicht wusste, wie sie vorgehen sollte. Igor Drakovic war der Schlüssel, das spürte sie, und die Aussage: Wir haben alles unter Kontrolle!, konnte sie nicht akzeptieren!
Doch das Telefonat mit Tony Braun hatte sie wieder komplett verunsichert. Blitzartig rekapitulierte sie das Gespräch. Alex Huber war nicht Alex Huber, also war ihm einiges zuzutrauen. Vielleicht sogar Mord? Was wusste sie eigentlich über ihn? Langsam fühlte sie sich wie in einem Film, in dem sie mitspielte, aber die handelnden Personen waren nicht real, spielten ihre Rollen nach einem festgelegten Drehbuch, dessen Handlung sie aber nicht kannte. Anna befand sich in einer Situation, die sie hasste: Sie hatte absolut keine Kontrolle mehr über die Dinge, reagierte spontan, unstrukturiert, ohne Planung. Doch besser spontan handeln als passiv bleiben. Deshalb konzentrierte sie sich jetzt auf Huber.
Irgendwo hatte sie gelesen, dass Mörder manchmal ihre Taten für die Nachwelt beschreiben. Narzissmus, krankhafte Eitelkeit oder so etwas Ähnliches. Alex Huber war eitel und von sich selbst überzeugt. Durchaus möglich, dass sich in seinem Zimmer Aufzeichnungen befanden. Also, nicht lange überlegen, sondern handeln!, dachte sie. Sie sah wieder nach unten. Huber telefonierte noch immer, anscheinend ein längeres Gespräch, denn ein Kellner servierte ihm gerade einen Drink.
Bevor Anna ihren Entschluss bereuen konnte, stand sie schon auf dem Korridor und lief vorsichtig die Treppe in den zweiten Stock hinunter. Dort war das Zimmer von Alex Huber. Ein muskulöser Angestellter in einem knallengen Xenia-T-Shirt war gerade dabei, am anderen Ende des Gangs frische Handtücher in die Zimmer zu legen.
„Hello Mister Muscle, I forgot my key“, flötete sie, klimperte wie ein echtes Model mit den Wimpern und deutete auf die verschlossene Tür. Sekunden später war sie schon in Hubers Zimmer.
*
Zufrieden klappte Alex Huber das Handy zu und schaute auf das strahlend blaue Meer. Er hatte soeben mit seiner Bank telefoniert. Für die verschwiegenen Banker in Bahia war Alex Huber Horst van Buren aus Kapstadt, der einen schwunghaften Handel mit Ethnokunst aus Kamerun betrieb. Bisher lief alles nach Plan und wenn alles gut ging, war er nächste Woche schon weit weg. Draußen lief gerade die Tatoosh, die dreistöckige 92-Meter-Yacht von Microsoft-Mitbegründer Paul Allen den Hafen von Palma an und Alex Huber grinste, als er daran dachte, dass er sich ein solches Schiff auch bald leisten konnte.
Eine große Sache jedoch, die seine ganze Konzentration erforderte, musste er heute Abend noch zu Ende bringen. Eiserne Nerven, zielgerichtete Energie und natürlich Mut waren für diese Aktion erforderlich. Über all das verfügte er, das hatte er bereits bewiesen. Niemand war ihm bis jetzt auf die Spur gekommen. Im Grunde war es so einfach.
Suchend sah er sich um. Die feuerrote Mähne von Anna Lange war nirgendwo zu entdecken. Wahrscheinlich ordnete sie in ihrem Zimmer noch ihre Unterlagen. Sie war ja gestern so euphorisch gewesen, hatte beim Abendessen von der Kampagne
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