Trilogie des Tötens - X-Mas Edition - 3 Thriller (German Edition)
Freundschaftsbeweis
Der Schrankkoffer war groß und sperrig, an den Ecken bereits abgeschlagen und der ausziehbare Haltegriff bog sich unter dem Gewicht durch und schien jeden Augenblick zu brechen. Er hatte seinen besten Anzug angezogen und den hellen Kaschmirmantel, der ein wenig abgetragen aussah und auf den Schultern mit Taubenkot verschmutzt war. Doch hier im Nebel fiel er nicht weiter auf, er war einfach ein Reisender mehr, der bereits vor dem Morgengrauen die Stadt verlassen wollte. Schwer atmend zog er den unförmigen Schrankkoffer hinter sich her, wuchtete ihn über Randsteine hoch, bis er endlich den Vorplatz des Linzer Hauptbahnhofs erreichte hatte.
Mit einem leisen Zischen öffneten sich die Türen und gaben den Blick in das um diese Zeit mit Pendlern bevölkerte Foyer frei. Als er den schweren Koffer hineinschob, schlug ihm ein Schwall heißer Luft, vermischt mit den Ausdünstungen der Frühaufsteher, brutal entgegen und raubte ihm die ohnehin schon spärliche Atemluft. Nervös fischte er ein fleckiges Taschentuch aus seinem Mantel und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Betont gleichgültig blickte er umher, sah zwei Securitymänner, die langsam die Treppe vom Untergeschoss nach oben kamen, in ein Gespräch miteinander vertieft. Unauffällig schob er den Koffer ein Stück zur Seite, verdeckte ihn mit seinem Körper, was natürlich ein aussichtsloses Unterfangen war, denn die Ausmaße des Koffers waren wirklich monströs. Aber die beiden Securitymänner interessierten sich nicht für ihn, auch nicht für andere Reisende und Pendler, sie interessierten sich nur für die großen Aluminium-Aschenbecher, die außerhalb des Foyers die Türen flankierten, bei denen sie sich in wenigen Sekunden ihre Zigaretten anzünden würden.
Hintergrundmusik plätscherte von der Decke und hüllte die Passanten in einen klebrigen Soundteppich, der nur von einschmeichelnden Stimmen durchbrochen wurde, die eine weitere Zugverspätung ankündigten. In Augenblicken wie diesem hätte er viel darum gegeben, wieder zurück auf seinem Dach zu sein, mit der wie ein reiner und klarer Fluss tosenden Stadtautobahn als meditatives Dauerrauschen, und nicht hier in diesem Inferno zu stehen und auf den Lift zu warten, der ihn mitsamt dem sperrigen Ungetüm ins Untergeschoss bringen sollte, wo er laut Plan den Koffer abzustellen hatte, um dann unauffällig und vor allem ungesehen zu verschwinden, um unerkannt im Nebel unterzutauchen.
Deshalb hatte er auch peinlich darauf geachtet, nicht direkt in das Blickfeld einer der zahlreichen Kameras zu gelangen, hatte sich im Hintergrund umhergedrückt, eine zerfledderte Zeitung, die er zufällig im Müll gefunden hatte, immer so weit vor dem Gesicht, dass es echt wirkte. Nichts wäre fataler, als wenn ihn jemand auf einem zufällig ausgedruckten Foto erkennen würde, ihn, der früher ganz oben gewesen war, ein goldener Reiter auf dem Zenit seiner Macht, unverletzbar und vom Glück auf geradezu unverschämte Weise begünstigt, bis zu dem Zeitpunkt, als er einmal zu viel riskiert hatte, als er tatsächlich geglaubt hatte, er sei unverwundbar und unsterblich. Das war natürlich nicht so und die „Ritter der Tafelrunde“, wie er seine Vorstandskollegen genannt hatte, ließen ihn fallen wie eine glühende Kohle und rümpften die Nase über seinen Alleingang, als würde er bei lebendigem Leib verfaulen.
Nun gut, für das Insidertrading war er einige Jahre im Knast gesessen, gottlob in Österreich, in den USA hätte er mehrmals lebenslänglich bekommen, aber hier hatte man ihn als Bauernopfer vorgeschoben. Jetzt war er ruiniert und am Ende und konnte nichts zu Ende denken, obwohl er
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