Trilogie des Tötens - X-Mas Edition - 3 Thriller (German Edition)
ausdehnen könnte und dieses Tunneldenken aufhören würde. Könnte das nicht eine bahnbrechende Entwicklung sein? Einen Versuch wäre es sicher wert!
Er hinkte zu einem Bottich, griff hinein, zerrieb das modrige Gewebe zwischen den Fingern und schüttete den noch immer stark riechenden Staub in eine große Tasse. Dann füllte er einen völlig verkalkten Wasserkocher auf, wartete und goss anschließend das kochende Wasser auf den Staub. Jetzt entfaltete sich das Aroma noch intensiver und Goldmann trank gierig einen Schluck, verbrannte sich beinahe die Zunge und musste husten, als er den bitteren Nachgeschmack spürte. Wie zuvor, so kehrte auch jetzt diese neurotische gute Laune zurück und ein Lachanfall schüttelte ihn.
Nach zwei oder drei dieser Lachanfälle hatte Goldmann die ganze Tasse geleert, doch das war eindeutig zu viel gewesen und er musste sich in das große Funktionsspülbecken übergeben, das an die feuchte Wand geschraubt war. Er wischte sich mit dem Handrücken über den Mund und wie schon zuvor war auch jetzt die merkwürdige Aufgekratztheit wieder schlagartig verschwunden.
Trotzdem wollte er sich noch nicht von seinen Lieben trennen, wollte noch in ihrem Kreis ein wenig die Stille genießen, ihren betörenden Duft einatmen, doch der heftig lossummende Handyalarm für seinen nächsten Termin machte ihm einen Strich durch die Rechnung. Schweren Herzens verschloss er die luftdichte Tür, dann noch die zweite, räumte das Gerümpel wieder davor und hinkte im Dunkel durch den nie fertig gestellten OP zum Gang. Als er beinahe die Eisentür erreicht hatte, wurde diese plötzlich aufgeschoben und grelles Licht flammte in dem gesamten Abstellraum auf.
„Wer ist da?“, rief Goldmann und schirmte mit der Hand seine Augen ab, damit er nicht so geblendet wurde. „Wer ist hier? Verdammt noch einmal! “
„Ich bin es, Schwester Rosa“, hörte er die übertrieben salbungsvoll klingende Stimme der Schwester. Er entspannte sich ein wenig, war aber trotzdem auf der Hut, denn was hatte sie hier in diesem unbenützten Teil der Klinik zu suchen?
„Was suchen Sie hier?“, fragte er dann auch gleich und hinkte auf sie zu, um sie aus dem Keller zu bekommen, dessen Inhalt nicht für sie bestimmt war.
„Ich suche Sie, Herr Professor.“ Sittsam wie immer schlug Schwester Rosa die Augen nieder.
„Wieso glaubten Sie eigentlich, dass Sie mich hier finden?“, schnaubte Goldmann, dem die Absurdität der Frage zunächst überhaupt nicht auffiel.
„Aber ich habe Sie ja hier gefunden!“ Rosas Antwort war klar und treffend. „Ich habe Sie schon öfters hier unten gesehen, immer sind Sie mit einem glücklichen Gesichtsausdruck den Korridor entlanggekommen und mit dem Lift nach oben gefahren. Das hat mir gefallen. Der glückliche Ausdruck in Ihrem Gesicht.“
„Ja, finden Sie? Sie denken also, ich bin glücklich?“ Goldmann dachte einen Augenblick nach. „Vielleicht haben Sie Recht. Vielleicht bin ich glücklich, wenn ich meinen Neigungen freien Lauf lasse.“
Rosa wich langsam zurück und nestelte ihr silbernes Kreuz hervor, als Goldmann langsam auf sie zukam und sie von oben bis unten betrachtete. „Sicher haben Sie Recht, ich sollte meinen Neigungen freien Lauf lassen.“ Dann war er auch schon neben ihr und zog ihr den Schildpattkamm aus den Haaren, die sofort wie ein glänzender, schwarzer Wasserfall über ihre Schultern fielen.
*
„Was ist mit Gregor Pestalozzi passiert?“, fragte Goldmann fast eine Stunde später, nachdem man ihn in der ganzen Klinik ausgerufen hatte.
„Er schreit und tobt und lässt sich nicht mehr beruhigen“, stotterte eine sichtlich überforderte Lernschwester und schob die Klappe auf, damit Goldmann einen Blick auf Gregor Pestalozzi werfen konnte.
„Wieso ist
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