Trilogie des Tötens - X-Mas Edition - 3 Thriller (German Edition)
flatterten auf und ein rotbraunes Eichhörnchen raste einen Baumstamm entlang. Die Luft war feucht und der Geruch nach Moder und verfaultem Holz legte sich wie eine tödliche Giftwolke über den vom Regen aufgeweichten Boden.
Langsam richtete sich Tony Braun auf, klopfte sich den Schmutz von seinem Anzug und strich sich die nassen Haare aus der Stirn. Er warf einen Blick zu seinem Range Rover, der noch immer am Straßenrand stand, aber das Mädchen war verschwunden.
„Das war ein Wolf!“, hörte er seinen Partner Dominik Gruber fassungslos rufen und drehte sich um. Gruber hielt noch immer die Glock in der Hand, mit der er gerade einen Warnschuss abgefeuert hatte, um den Wolf von Braun zu vertreiben. „Der Wolf muss aus einem Tierpark entlaufen sein!“ Gruber wirkte noch immer völlig irritiert. „Ein echter Wolf!“
„Ich denke, dieser Wolf gehört zu dem Mädchen“, sagte Braun und starrte in das Gebüsch, in dem der Wolf verschwunden war. „Das Mädchen hat gepfiffen und das Tier war sofort zur Stelle und hat mich umgerissen. Das Mädchen hat diesen Wolf dressiert.“
„Das ist doch kompletter Blödsinn!“ Gruber steckte seine Glock zurück in das Halfter. „Einen Wolf kann man gar nicht dressieren!“
„Ich habe es doch mit eigenen Augen gesehen und am eigenen Leib gespürt. Das Mädchen hat gepfiffen und zack!, war der Wolf schon über mir! Perfekt abgerichtet zu einer sehr effizienten Waffe.“
Braun ging den morastigen Trampelpfad weiter zur Straße. „Also rede bloß keinen Scheiß!“
Als sie den Range Rover erreichten, riss Braun die Wagentür auf und konnte im ersten Moment nichts entdecken, was für das Mädchen von Interesse gewesen sein könnte. Die Rückbank seines Wagens war mit Musikkassetten, leeren Bierdosen, Papiertüten und Sushiboxen zugemüllt. Doch dann sah er das Foto. Wahrscheinlich war es aus der Mappe gerutscht, als Braun während der Fahrt die Unterlagen zu Gruber nach vorne holte. Es war der Ausdruck eines vergrößerten Handyfotos, das der Zeuge auf dem See gemacht hatte und das den brennenden Tim Kreuzer auf dem Segelboot zeigte.
„Auf dieses Foto hatte sie es abgesehen! Dieses Foto wollte sie unbedingt haben!“ Gruber runzelte skeptisch die Stirn, doch Braun war sich sicher. In seinem Kopf ließ er die Geschehnisse wie einen Film nochmals ablaufen: Das Mädchen, das neben seinem Wagen kniet, mit den Fingerspitzen über das halb fertige Graffiti auf seiner Wagentür streicht. Dann aufsteht und einen Blick in den Wagen wirft. Zurückzuckt, so als hätte sie etwas Verdächtiges gesehen, etwas Grauenvolles. Es konnte nur dieses Foto gewesen sein.
Hastig gingen sie durch den Regen zurück in das Schloss und über die steile Treppe nach oben in das Atelier von Dimitri di Romanow. Dieser saß noch genauso steif in seinem hohen Lederstuhl, wie sie ihn zuvor verlassen hatten.
„Sie sind ja ganz nass geworden, Chefinspektor“, konstatierte er nach einem Blick auf Brauns durchnässten Anzug mit hohntriefender Stimme. „Billige Anzüge verlieren die Fasson, wenn sie feucht werden. So wie Ihrer.“
Braun stoppte mitten im Raum, ballte seine Fäuste und wusste, dass er ganz knapp davor stand, Dimitri einen Schlag in seine degenerierte Fresse zu verpassen. Die Rettung fand er wie so oft in den Worten seiner Psychotherapeutin. Für Konflikte wie diesen hatte sie ihm ein einfaches Bild eingeimpft: Bevor die Situation eskalierte, auf den Grund eines Sees sinken. Dort, wo nur noch Ruhe und Stille sind, und mit angehaltenem Atem durch einen langen Tunnel tauchen, an dessen Ende sich Sonnenstrahlen im Wasser brechen. Auf dieser anderen Seite im Licht hochkommen, langsam an die Oberfläche schweben und tief Luft holen. Der ganze Körper entspannt sich und brenzlige
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