Trips & Träume
sagen.«
Ich zögerte. Ich konnte immer noch aussteigen, jetzt und hier an dieser Stelle. Doch das ging nicht. Don, Fürst und Rosie. Drei Augenpaare starrten mich an. Was soll’s, sagte ich mir, ist doch nur ein Spiel.
Ein Spiel, das sich als ziemlich aufregend entpuppte, das meine Gefühle aufwühlte und mein Selbstvertrauen auf die Probe stellte.
Ich drehte die erste Karte um.
Eine Frau mit einer Krone und einem Speer oder Ähnlichem in der Hand.
»Das ist die Königin der Stäbe«, sagte Rosie.
Ich grinste überheblich. »Bedeutet das was?«
Rosie war die Ruhe selbst. »Dieses Blatt sagt etwas über dein Ich aus. Es steht für Lebenshunger, Optimismus und Risikobereitschaft.«
»Risikobereitschaft?«
»Dass du erst einmal eine Sache durchziehst, ohne über die Konsequenzen nachzudenken. Du bist impulsiv und unternehmungslustig. Dahinter steckt der Wunsch nach Unabhängigkeit.«
Sie machte eine Pause und sagte dann: »Die Karte steht auf dem Kopf.«
Ich hatte plötzlich einen trockenen Mund.
»Das sehe ich auch. Und? Ist das schlecht?«, fragte ich.
»Hier geht es nicht um gut oder schlecht. Dadurch, dass sie auf dem Kopf steht, erhält sie eine zusätzliche Bedeutung.«
Ich wurde ungeduldig. »Nun sag schon.«
»Egoismus und Herrschsucht«, antwortete Rosie.
Was nahm die sich heraus? Sie kannte mich doch gar nicht.
»Das ist doch alles Quatsch«, erwiderte ich.
Wollte ich es mir vielleicht nicht eingestehen? Obwohl ich immer noch ablehnend tat, meldeten sich Zweifel an. Was, wenn sie richtig lag?
Als nächste Karte kamen Sieben Kelche.
Die, so Rosie, verrieten etwas darüber, wie ich auf andere wirke.
Ich würde zu dekadentem Lebenswandel und übermäßigem Genuss neigen. Unerfüllte Sehnsüchte würden meine Stimmung beherrschen.
Psycho-Mist, dachte ich. Und doch spürte ich einen Kloß im Hals. Zum Glück lag die Karte nicht auf dem Kopf. Ich wollte lieber nicht wissen, was das zu bedeuten gehabt hätte.
Das dritte Motiv zeigte Sieben Schwerter.
»Was dich schreckt, wovor du Angst hast«, sagte Rosie.
Ich würde dazu neigen, hinter allem und jedem Intrigen zu wittern, behauptete sie. Die spinnen, die Esoteriker, dachte ich nur.
Dann kam Der Wagen. Er sei ein Symbol für das, was mich antreibe. Mich könne nichts vom Weg abbringen, aufrichtiges Engagement führe zum Erfolg. Neun Scheiben. Was ich erreichen würde im Leben. Ideale können gelebt werden, ungeahnte Talente träten in ungewohnten Situationen hervor. Erfüllung und Klugheit. Rosie war jetzt in ihrem Element.
Der Hohepriester. Dies sei die Karte der geistigen Führer.
»Wahre Stärke erwächst aus der Kraft des Intellekts und nicht aus weltlichen Dingen«, dozierte meine Wahrsagerin.
Nun war sie völlig übergeschnappt. Ich verstand nichts mehr. Das alles hatte nichts mit mir zu tun. Nur noch eine Karte war übrig.
Rosie machte ein feierliches Gesicht. »Bevor du sie umdrehst, solltest du wissen, dass die letzte von den sieben Karten dir verrät, was die nahe Zukunft bringt.« Meine Fresse, das war das erste und letzte Mal, künftig lasse ich die Finger vom Tarot, schwor ich mir. So viel ist sicher. Blitzschnell zog ich die Karte und knallte sie mit der Augenseite nach oben auf den Tisch. Ich musste zweimal hinschauen. Ich erkannte ein Skelett, das auf einem Hügel oder Berg stand. Nein, das Skelett tanzte und schwang eine Sense. Das Motiv ähnelte dem Cover der Yeti-LP von Amon Düül II.
»Oh«, entfuhr es Rosie.
»Was?«
»Das ist die Todeskarte.«
neun Moving the River
Es sollte das letzte Mal sein, dass wir uns unterhielten wie Freunde.
Einer alten Gewohnheit folgend, war ich nachmittags bei ihm aufgetaucht; ich hatte einfach Lust verspürt, ihn zu sehen.
Ich freute mich für ihn. Dreamlight hatten es bis ins Finale geschafft. Seine Band besaß das Potenzial zu etwas ganz Großem. Selbst Fürst war beeindruckt gewesen.
Dies brauchte ich ihm aber nicht zu sagen, das wusste er alles selbst.
Ich wollte einfach nur bei ihm sitzen, in diesem Zimmer, dessen Wände er kloblau gestrichen hatte und auf die er rote, grüne und gelbe Farbsalven geklatscht hatte.
Ich pflanzte mich in den alten Ohrensessel, den er nach dem Tod seiner Großmutter bekommen hatte. Wie in den Zeiten, als wir noch zusammen abhingen und nichts anderes taten, als zu reden und Musik zu hören. Ja, genau das wollte ich. Wie damals, dachte ich. Obwohl es doch gerade erst drei Monate her war, seit das Musikfieber ausgebrochen war.
Also war ich
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