Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tristan

Tristan

Titel: Tristan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Grzimek
Vom Netzwerk:
lachte, Floräte stimmte ein, merkte aber, dass in dem Jungen etwas vorging.
    »Du hast uns immer noch nicht gesagt, wo du dich versteckt hast, nachdem Darragh gegangen war.«
    »Ich war in dem Saal mit den Büchern«, log Tristan erneut.
    »Da kannst du nicht gewesen sein!« Floräte wurde unwirsch. »Es ist alles durchsucht worden.«
    »Dann war ich eben draußen am Meer«, erwiderte Tristan, zuckte mit den Achseln und lief zu den um ein Feuer springenden Kindern.
    »Draußen? Am Meer?« Rual runzelte die Stirn. »Wie soll er aus der Burg herausgekommen sein?«
    »Ein Witz«, sagte Floräte. »Er ist ein Schelm. Merkst du nicht, dass er sich über uns lustig macht?«
     
    Der Förderkorb ~21~ Die Entdeckung der Welt
     
    Am nächsten Morgen, als alle noch wegen der langen Feier schliefen, stahl l sich Tristan davon und näherte sich vorsichtig wie ein Späher dem Ort, an dem sich der Boden zu seinen Füßen geöffnet hatte. Nirgends war ein Loch oder eine Grube zu sehen.
    Versteckt in der Kammer beim Hühnerstall wartete er einen Wachgang der beiden Soldaten ab. Kaum waren sie auf ihrem Rückweg hinter einer Wegbiegung verschwunden, fing er an, Steine gegen das Mauerwerk zu werfen, bis irgendein Kiesel wieder die richtige Stelle traf. Es war ein unscheinbarer Felsstein etwa in seiner Augenhöhe. Drückte man dagegen, öffnete sich eine mit Gras abgedeckte Falltür, sank langsam nach unten, Ketten rasselten, Halterungen schabten aneinander und ein viereckiges Loch tat sich auf. Nach einer Weile verschloss es sich wieder wie von selbst.
    In den nächsten Tagen untersuchte Tristan den geheimen Austritt aus der Burg. Der dunkle Abgang machte ihm zuerst Angst. Die Mauern der Burg ragten hoch aus der Ebene auf, drei, vier dicke Baumstämme hätte man übereinanderstellen müssen, um die Zinnen zu erreichen. Ebenso tief also musste eine abwärts führende Treppe reichen. Tristan konnte sich nicht allzu lange in der Nähe der Mauer aufhalten, denn regelmäßig patrouillierten die Wachen durch den inneren Gang. Und wie, wenn er es wagen würde, in die Finsternis hinabzusteigen? Würde er von innen den Gang wieder verschließen können, damit die Wachen nicht auf das Loch in der Erde aufmerksam wurden?
    Der Junge war vorsichtig genug, nichts zu übereilen. Doch die Neugier ließ ihn nicht los. Um sich zu schützen, stahl er sich des Nachts von seinem Lager und versteckte sich in seinem Verhau. Er nahm eines von Merlas Öllämpchen mit. Es gab Nächte, da schlug er sich mit den Feuersteinen die Finger wund, um den Zunder zum Glimmen zu bringen und mit trockenen Halmen eine Flamme zu erzeugen. Wenn ihm das gelang, hatte er freie Hand. Die Wachen blieben während der Dunkelheit auf ihren festen Posten, und so ein kleines Lämpchen, wie es Tristan hatte, sah man kaum aus der Entfernung.
    Eines Tages war Tristan so weit, den Mut aufzubringen, sich in das Loch zu wagen. Er hatte eine Treppe erwartet, was er aber vorfand, waren Mauervorsprünge, die zu einem Schacht mit einem Förderkorb führten. Rual hatte ihm einmal davon erzählt, dass die Menschen mit solchen Körben in die Erde einfahren, um Erze herauszuholen, Eisen, Silber, Kupfer und Gold.
    Das Licht seiner Lampe flackerte, als Tristan in den Förderkorb rutschte, und drohte zu verlöschen. Da sah er einen Ring an einer dünnen Kette hängen, und daran zog er. Im selben Moment schloss sich über ihm der Einstieg. Nun war er gefangen in dem Schacht. Wieder bekam er es mit der Angst zu tun. Seine Hände tasteten nach etwas Greifbarem und gerieten an ein dickes Seil aus Hanf. Tristan konnte riechen, dass es eingeölt war. Er zog an dem Seil, und sogleich bewegte sich der Korb. Tristan zog und zog weiter und war erstaunt, dass er dabei nicht in die Höhe kam, sondern immer tiefer in die Erde hineinzugleiten begann. Das Licht der Lampe war zu schwach, um die Wände zu bescheinen, zwischen denen der Korb seinen Weg fand.
    Irgendwann kam er auf dem Grund an. Er versuchte, mit bloßen Händen seine Umgebung zu ertasten, stieß auf ein zweites Seil, zog daran, es rührte sich nichts, zog heftiger, und der Korb machte einen Ruck nach oben. So komme ich wieder hinauf, dachte er und stieg selbstsicher aus dem Korb. Im Schein der Lampe folgte er mit kleinen Schritten einem kurzen Gang, der an einem Verschlag endete. Tristan stemmte sich dagegen, die Tür gab nach, öffnete sich nach außen, und da stand er plötzlich und sah im Licht der Sterne vor sich die zum Meer hin abfallende

Weitere Kostenlose Bücher