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Tristan

Tristan

Titel: Tristan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Grzimek
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stärksten Gegner auf Conoêl, wies sie an, ohne Rücksicht auf seine Person auf ihn einzuhauen wie in einer richtigen Schlacht. Wenn sie ihn zu zaghaft angriffen, beschimpfte er sie und versuchte, sie durch Schmähwörter und schlimmste Beleidigungen in Wut zu versetzen. Floräte hatte daraufhin allen Kindern verboten, bei diesen Übungskämpfen anwesend zu sein. Tristan zurechtzuweisen wagte sie nicht mehr. Er war ihr Fürst und ein Mann geworden, der sie als Mutter nicht mehr brauchte, jedenfalls nicht bei der Vorbereitung auf seinen Kampf mit Morgan. Voller Bewunderung sah sie manchmal, wie Tristan einen ganzen Vormittag lang damit beschäftigt war, erst mit Schild und Schwert zu kämpfen, dann das Schwert in der linken Hand zu führen und in der rechten den Speer und beide Waffen vor der Brust in den Händen zu wechseln.
    Von Hubertus, dem Schmied, ließ sich Tristan mehr als ein Dutzend Dolche anfertigen, deren Klingen schwerer wogen als der Griff. Die benutzte er zum Werfen. »Das habe ich den Gauklern auf den südlichen Märkten abgeschaut«, erklärte er Floräte, wenn er abends noch mit ihr zusammensaß und ihr von den Reisen mit Courvenal erzählte.
    Courvenal wiederum hockte während dieser Tage oft mit Thomas an einem Tisch. Sie waren immer noch mit der Planung des Angriffs befasst, erwogen alle möglichen Strategien, bis sie sich auf eine Variante einigten, die gemeinsam mit den Reitern und Tristan genau einstudiert werden sollte. Thomas ließ dafür ein paar Strohpuppen flechten, die Morgan und seine Gefährten darstellten. Morgans Puppe war besonders groß und überragte alle anderen um drei Köpfe: Tristan sollte sich daran gewöhnen, dass er jemandem gegenüberstehen würde, zu dem er aufblicken musste. In den Kopf der Puppe hatte Courvenal zwei funkelnde blaurote Steine als Augen einsetzen lassen, damit im Spiel der Übungen nicht die wirkliche Gefahr vergessen wurde.
    Als die Säcke für die mit Schwertern und Dolchen bewaffneten Knappen genäht waren, die Reiter sich formiert hatten und für Tristan ein ledernes Halfter angefertigt worden war, in dem er auf dem Rücken ein kurzschneidiges Schwert tragen konnte, näherte sich der Tag, an dem sie ausreiten wollten, um Morgan auf seiner Burg zu überraschen.
    Bodan, der Verbündete in den Reihen des Feindes, signalisierte, dass Morgan zum Halbmond eine Feier angeordnet hatte, wie sie auch von seinen Vorfahren auf der eruischen Insel zu Ehren der Sonne zelebriert worden war. Diesen Tag wählten die Parmenier aus, um sich zu rächen.
     
    Die Eltern ~ 199 ~ Die Kugel
     
    Am Abend, bevor sie zu Morgans Burg aufbrachen, kamen Floräte und Rual . in Tristans Kemenate. Sie hatten lange gemeinsam überlegt, ob sie dies tun, ihn stören sollten. Doch dann besannen sie sich, dass sie ja immer noch in Vertretung von Riwalin und Blancheflur seine Eltern wären und ihm ihren Segen geben mussten. Floräte bewegte zu diesem Besuch vor allem die Angst, Tristan nicht wiederzusehen, Rual die Befürchtung, dass sein Ziehsohn trotz seiner Kampfkünste der rohen Gewalt und der körperlichen Überlegenheit des feindlichen Fürsten nicht gewachsen sein könnte. Hoffnung und Sorge mischten sich in den Blicken der beiden, als sie sich von Tristan verabschieden wollten. Der war gerade dabei, seine Kleider zu ordnen.
    Freudig begrüßte er seine Eltern, beruhigte sie mit der Hoffnung, dass nun bald die Fron und Übermacht durch den Nachbarn beendet wäre und sie daran denken konnten, Conoêl zu erweitern und auszubauen und den Parmeniern eine bessere Zukunft zu geben.
    »Erst müssen wir die Schlacht gewinnen«, murmelte Rual. »Haben wir doch schon längst«, sagte Tristan. »Und wie?«
    »Indem du mich wiedergefunden hast und ich nun weiß, wer ich wirklich bin.«
    »Die Freude des Einzelnen über sein Glück hat noch nie dem ganzen Volk zum Wohlergehen verholfen.« Ruals Stimme blieb verhalten.
    »Der Einzelne«, sagte Tristan darauf, »bewirkt manchmal mehr als ein ganzes Volk, wenn er es hinter sich weiß.«
    Um von der Schwere des Bevorstehenden abzulenken, verfiel Rual darauf zu fragen, was denn Tristan bei seinem Ausritt am Leib tragen würde und wie das Pferd geschützt werden sollte. Er war gewohnt, so zu fragen, weil es auch seine Väter schon so gehalten hatten.
    »Am Leib habe ich fast nichts«, antwortete Tristan unbefangen. »Das Pferd hat zwei Schilder, zwei Lanzen, die Schwerter von Hubertus und vor allem mich zu schleppen. Ich selbst trage bei mir nur

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