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Tristan

Tristan

Titel: Tristan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Grzimek
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an den Wänden und gepolsterten Stühlen, und gab es wieder einmal Fasan und Wein aus Porto, wurde ihm fast übel. Aber er ließ sich nichts anmerken, sondern verlangte nach einer Harfe und begann, seine Lieder zu singen.
    Jedes Mal waren die Hausherren und Gäste davon entzückt, selten nur hatten sie eine ähnlich schöne Stimme vernommen. Tristan wünschte sich, die Klänge würden durch die Luft schweben, weit fort, bis an Isoldes Ohr.
    Dann geriet die kleine Truppe, der der Ruf vorauseilte, der Neffe Markes würde investgationes anstellen, in eine Gegend voller Wald und immergrünen Pflanzen. Trotz der Jahreszeit war das Wetter mild, die Luft lau, und Tristan musste an Isolde denken, denn was ihn umgab, glich ihrem Charakter. Um sich seinen Gefühlen hinzugeben, ordnete er an, nahe bei einem Bach die Zelte aufzubauen, die sie mit sich führten, bisher aber noch nie benutzt hatten.
    Der Anführer der Truppe brachte Einwände vor, denn dieser Aufenthalt würde den Reiseplan, die Vorkehrungen und Abmachungen um einen, wenn nicht noch mehr Tage verschieben. Tristan beharrte auf seiner Entscheidung, nahm seinen Bogen und seinen Speer und versprach den Mannen, er würde ihnen ein köstliches Wildbret bringen, sie sollten Feuer machen und den Spieß aufstellen. Er zog los in den angrenzenden Wald - allein. Die Knappen waren verwundert über das Verhalten ihres Herrn, der sonst so besonnen war und doch wissen musste, dass sich der Tag schon dem Abend zuneigte. Sie warnten ihn auch davor, in den Wald zu reiten. Die Gegend, heiße es, sei voller Kobolde und verwunschener Grotten.
    Tristan ließ solche mcere und auch seine eigenen Bedenken außer Acht. In Gedanken an Isolde fühlte er sich unverwundbar, mit ihr in seinem Innern konnte ihm nichts Böses widerfahren. Er geriet immer tiefer in den Wald und fand einen von wuchernden Pflanzen halb überdeckten Pfad. Bald ragten Felswände neben ihm auf und rückten näher, ein Bach schlängelte sich den Pfad entlang. Noch war das Tageslicht hell genug, dass er an den Steinen eingeritzte Zeichen entdeckte, die ihn immer weiter vorwärtseilen ließen, bis der Weg plötzlich endete.
    Tristan stand mit seinem Pferd vor einer Barriere aus Gebüsch. Er stieg ab und tastete sich vorwärts, hieb mit dem kurzen Schwert Äste von den verwachsenen Bäumen und erreichte nach nur wenigen Schritten eine Wand aus Stein. Der Bach schien irgendwo zu versickern, nur das Gemurmel des Wassers war noch zu hören. Es gab kein Weiterkommen mehr. Einen Pfad, der an einer Mauer endet, dachte Tristan, gibt es nicht. Wo man hineingehen will, möchte ein jeder auch wieder herauskommen.
    Das Tageslicht wurde schwächer, doch er gab nicht auf, tastete die Felswand ab und fand schließlich einen eisernen Ring. Er zog daran. Nichts geschah. Seit Langem verspürte er zum ersten Mal wieder die Furcht vor dem Ungewissen. Hier, wo er war, gab es etwas, das sich ihm verweigerte. Angst überkam ihn, etwas zu tun, was ihn von Isolde trennen könnte, in ein Geheimnis einzutreten, dem er allein nicht gewachsen war.
    Er bestieg sein Pferd, kehrte ohne Jagdbeute zum Lager zurück, was ihm niemand übel nahm, erzählte aber von dem Pfad, auf den er geraten war. Daraufhin erfuhr er von einem der Knechte, der aus diesem Landstrich stammte, über die Felsen von Glumshore würden schaurige Legenden erzählt. Viele Reiter wollten sie schon ergründen, keiner fand je aus den Schluchten wieder heraus.
    »Und was ist ihr Geheimnis?«, fragte Tristan.
    »Es heißt, hinter den Felsen wohne …«
    »Wohnen ein paar Drachen, die Ritter Geiwan noch nicht erlegt hat?«, unterbrach ihn Tristan und lachte.
    »Nein, kein Drache«, sagte der Knecht eher abschätzig, »sondern Cup.«
    »Wer oder was ist >Cup    »Eine Göttin«, sagte der Knappe leise, als wäre es ihm unangenehm, darüber zu sprechen.
    »Wie viele Göttinnen gibt es bei euch eigentlich neben unserem Herrn Jesus Christus?« Tristan ließ sich einen Becher Wein geben. »Hier in der Gegend gibt es nur Cup.«
    »Und wer ist sie? Was macht sie? Für wen ist sie da?« Der Knappe schwieg verlegen. Tristan wurde zornig. »Antworte mir!«, befahl er.
    »Sie bringt Glück, sagt man«, brachte der Knappe schließlich stockend hervor, »denen, die schon glücklich sind, und Unglück denen, die ihr Glück nicht verdient haben.«
    Tristan trank seinen Becher in einem Zug leer. »Und wer ist es, der sein Glück nicht verdient hat?«, wollte er wissen.
    Wieder

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