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Tristan

Tristan

Titel: Tristan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Grzimek
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folgen werde. Alle verfügbaren Bewaffneten und Reiter sollten bis zum Ende des Monats zusammengerufen werden. De Murranio beauftragte er, Späher auszuschicken, um den Standort Morgans auszukundschaften. »Ich möchte«, fügte er hinzu, »dass auf Conoêl zwei Kemenaten eingerichtet werden, wie sie bisher nicht bestehen. Die eine in der Nähe des Rittersaals mit einem langen Tisch und allen Karten, die wir von Parmenien und unseren Nachbarn haben. Die andere im südlichen Teil der Burg mit einem großen Lager, überdacht und nahe einer Feuerstelle, die auch in der Nacht noch Wärme gibt.«
    »Mein Herr, wie soll ich das verstehen?«, fragte Vidal.
    »Du sollst gar nichts verstehen!«, antwortete ihm Riwalin. »Du sollst nur dafür sorgen, dass genug Felle und linnene Tücher auf diesem Lager zu finden sind, sodass sich sogar eine Königin darauf wohlfühlen könnte. - Und nun macht euch auf den Weg! Sprich mit keinem, der dir begegnet, darüber, was ich dir aufgetragen habe. Und wenn jemand von den königlichen Reitern Markes dich zur Rede stellt, sag einfach, du seist zu mir gekommen wegen neuer Jagdgebiete an der Küste.«
    Vidal rief seine Leute zusammen und machte sich sofort auf den Weg zu dem Schiff, das ihn nach England gebracht hatte.
    Riwalin ließ als erstes Bodan zu sich kommen. Er musste Boten zu seinem eigenen Schiff schicken, damit es klargemacht würde. Dann ritt er mit kleiner Gefolgschaft zur Grafschaft Hellweun, wo sich König Marke in Begleitung seiner Schwester bei der Jagd aufhielt. Die Gesellschaft hatte ihre Zelte auf einer Lichtung aufgeschlagen. An den rot-gelben Wimpeln über den Zeltstangen erkannte Riwalin schnell, wo sich Blancheflur befand.
    Als es dämmerte, schlich er dorthin und überraschte seine Geliebte. Sie war so voll der Freude über seinen Anblick, dass sie einen Schrei ausstieß. Riwalin wich gleich hinter die Zeltbahnen zurück, denn mit Blancheflurs Schrei waren auch schon die Wachen bei ihr, die Marke draußen hatte aufstellen lassen. Da Riwalin sich weiterhin versteckt hielt und die Wachen das Zelt Blancheflurs nicht gleich verlassen wollten, begann sie, vor sich hin redend im Zelt auf und ab zu gehen, und näherte sich dabei immer mehr der Zeltbahn, hinter der Riwalin verschwunden war. Als sie nahe bei ihm war, flüsterte sie: »Bist du noch da?«
    »So nah, dass ich dich riechen kann!«
    »Was willst du?«, zischelte sie, um mit lauter Stimme ein Gebet anzustimmen: »Dominus in aetaernum …«
     
    Flüstern ~52~ und beten
     
    Als sie ein paar Tage später auf Riwalins Schiff waren, Blancheflur und zwei Threr Zofen, denen sie vertraute, musste sie mit Riwalin so manches Mal darüber lachen, wie sie sich durch die Zeltbahn hindurch verständigt hatten und ihre Gebete lauter geworden waren, als sie erfuhr, dass Riwalin das Land verlassen würde.
    »Das darfst du nicht!«, hatte sie leise gesagt. »Ich muss. Mein Volk …«
    »Du kannst mich nicht allein lassen!«
    »Ich kehre zurück.«
    >Es ist etwas geschehen! … Dominus in aeternum …!« Diesmal rief sie das Gebet fast flehentlich aus, und endlich hatten die Wachen verstanden, dass sie sich entfernen sollten, um die Königsschwester mit ihrem Gott allein zu lassen. Sogleich war Riwalin hinter der Zeltbahn hervorgetreten, umarmte Blancheflur und drückte sie an sich. Ihr rannen Tränen über das Gesicht, und als ihre Lippen ganz nah an seinem Ohr waren, hauchte sie die Worte: »Ich trage dein Kind in mir.«
    Als Riwalin das hörte, musste er aufjauchzen. Sofort meldeten sich die Wachen, Riwalin verschwand wieder hinter dem Tuch, und Blancheflur eilte zum Eingang, um die Wachen davon abzuhalten einzutreten.
    Erst danach fand sie Zeit, sich mit Riwalin flüsternd zu besprechen. Sie legten den Tag seiner Abreise fest und die Nacht ihrer Flucht aus Tintajol. Niemand durfte etwas davon erfahren. Wenn Marke die ersten Reiter ausschickte, um nach ihr zu suchen, wäre sie schon auf hoher See.

Drittes Buch
     
    ORTIE, DAS MÄDCHEN
     
    Kapitel 53 - 82
     
    Riwalins Ankunft ~53~ Die Königin
     
    Nachts in den Hafen von Conoêl einzufahren, vor allem bei stürmischer See, war ein gefährliches Unterfangen. Auf den Mauern wurden daher stets einige überdachte Feuer in Gang gehalten, deren Glutballen leuchtenden Kugeln glichen. Wenn die Schiffer sie aus der Dunkelheit auftauchen sahen, wussten sie, dass die dem Hafen vorgelagerten felsigen Riffe nicht mehr weit waren. Dann galt es, sofort die Fahrt zu verlangsamen und das

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