Trix Solier - Odysee im Orient - Lukianenko, S: Trix Solier - Odysee im Orient - xx
einfacher. Abrakadasab war ein schlichter Nomadenführer, der kaum lesen und schreiben konnte. Von Zauberwörtern hatte er keine Ahnung. Trotzdem ist er hier irgendwie reingekommen.«
»Bitte«, jaulte Klaro da, »nun geh schon auf!«
Ein grauenvolles Knirschen war zu hören. Die aufgezeichnete Tür verwandelte sich in eine echte und öffnete sich langsam nach innen. Trix rannte begeistert um die Mauer herum, um die Rückseite zu inspizieren. Selbstverständlich entdeckte er dort nichts.
»Kindermund tut doch immer wieder Wahrheit kund!«, brummte Sauerampfer. »Das einfachste aller Zauberwörter. Bitte. In dem Sack findet ihr Fackeln. Sie sind mit einem Zauber belegt und brennen drei Tage durch. Außerdem enthält er etwas Proviant, Wasser und Bedarfsartikel der Hygiene.«
»Danke«, sagte Tiana.
»Ich habe sogar an einen Spiegel und einen Kamm gedacht«, brüstete sich Sauerampfer.
Tiana trat an den alten Magier heran und gab ihm einen Kuss auf die Wange.
»Schon gut, was soll diese Grabbelei.« Sauerampfer wandte sich verlegen ab. »Doch nun muss ich euch verlassen.«
»Geht es wirklich nicht anders?«, fragte Trix.
»Nein. Ich kann mich nicht über Marcels Befehl hinwegsetzen. Außerdem …« Und nun wurde Sauerampfer noch verlegener. »Es gibt da ein uraltes Gesetz. Und das lautet: Wenn ein alter erfahrener Magier mit seinen jungen Gefährten in eine geheimnisvolle unterirdische Anlage steigt, dann stirbt er.«
»Und wenn nur die jungen Gefährten hinuntersteigen?«, fragte Trix beklommen.
»In dem Fall ist das Ende offen«, erwiderte Sauerampfer. »Und ich glaube fest an euch.«
»Dann nehmt wenigstens Hallenberry mit!«, bat Tiana. »Er ist noch so klein und dumm!«
»Bitte?«, ging dieser in die Luft.
»Oh nein!«, sagte Sauerampfer. »Hallenberry ist euer Schlüssel und Talisman in diesem Abenteuer. Er bleibt bei euch. Hört auf seine Ratschläge, auch wenn sie euch töricht erscheinen mögen.«
Trix und Tiana sahen sich erstaunt an.
»Und nun viel Glück!«, verabschiedete sich Sauerampfer, wedelte noch einmal mit den Armen – und war verschwunden.
»Klaro! Ihr müsst immer auf mich hör… Aua!« Hallenberry sah seine Schwester beleidigt an und rieb sich den Nacken. »Was soll das?«
»Bild dir bloß nichts ein!«, fuhr ihn Tiana an. »Sauerampfer hat zwar gesagt, wir sollen auf dich hören, aber das heißt noch lange nicht, dass deine Schwester nicht das Recht hat, dir eine Kopfnuss zu geben.«
Hallenberry schniefte wütend und trat näher an Trix heran.
»Was ist? Gehen wir?«, fragte Trix, während er zwei Fackeln aus dem Sack zog. Eine gab er Tiana, die andere behielt er selbst.
»Und ich?«, empörte sich Hallenberry.
»Du hast besser beide Hände frei«, sagte Trix. »Falls was passiert.«
»Klaro!«, rief Hallenberry. »Dann will ich eine Waffe.«
Den Kampfbesen lehnte er jedoch strikt ab. Deshalb musste Trix ihm sein Messer geben, eher ein Federmesser als ein Kampfgerät. Hallenberry musterte es skeptisch, gab sich am Ende jedoch zufrieden.
Trix und Tiana zündeten die Fackeln an. Alle drei standen noch kurz unschlüssig vor der Treppe, die hinterm Eingang begann, und beäugten die in die Dunkelheit führenden Stufen. Dann machten sie sich an den Abstieg.
Kaum hatten sie die Schwelle übertreten, schloss sich das Tor hinter ihnen.
4. Kapitel
Zu dritt eine unterirdische Anlage zu erkunden ist nichts für Hasenfüße. Die Wände und die Decke verschwinden in der Dunkelheit, das Licht von nur zwei Fackeln vertreibt die finsteren Schatten kaum. Im Fall von unseren dreien hatte die Treppe zudem bloß auf einer Seite ein Geländer, während auf der anderen ein Abgrund klaffte. Weit in der Tiefe plätscherte Wasser, sonst war kein Geräusch zu hören, vom verängstigten Atem und den tastenden Schritten der anderen abgesehen. Und dem Echo! Kälteschauer ließ es ihnen über den Rücken rieseln. Außerdem meinten sie ständig, hinter ihnen husche etwas.
Zu dritt ist es also schon das pure Grauen – denn einer wird mit seiner Angst die beiden anderen überbieten, mit Schweißhändchen nach ihren Händen greifen, bei jedem Geräusch zusammenzucken und, um die eigene Furcht zu bezwingen, die ganze Zeit plappern, womit er am Ende nur noch mehr Furcht in die Herzen seiner Freunde pflanzt.
Schlimmer noch wäre es allerdings zu zweit. Da ist der eine geradezu gezwungen, sich kühn zu geben und aufmunternde Worte fallen zu lassen, selbst wenn das Grauen mit eisiger Hand nach seinem
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