Trix Solier - Odysee im Orient - Lukianenko, S: Trix Solier - Odysee im Orient - xx
überm Wasser von den Händen. Die Fische kamen begeistert auf ihn zugeschwommen.
»Seid gegrüßt, guter Mann«, sprach Trix ihn an.
»Und seid auch Ihr gegrüßt, gute Jünglinge«, erwiderte dieser. »Was hat Euch in die Gärten des Sultans gebracht, Fremdländer?«
»Ein Drache«, antwortete Trix.
»Den habe ich gesehen«, berichtete der Mann. »Mir schien auch, er trüge jemand in seinen Klauen. Allerdings flog er bereits wieder davon.«
»Er hat uns im Flug abgeworfen«, erklärte Trix. »Was er danach noch in den Klauen hielt, waren Trugbilder.«
»Seid Ihr verletzt?«, erkundigte sich der Mann sogleich.
»Nein, überhaupt nicht«, beruhigte ihn Ian.
»Hattet Ihr denn gar keine Angst? Der Garten wird scharf bewacht, viele Menschen fürchten die Soldaten.« Der junge Mann kam auf sie zu, legte die Hände vor die Brust und verneigte sich.
Trix, der ein Junge von Verstand war, schwante etwas. »Nein, wir sind nicht verletzt und wir haben auch keine Angst«, brachte er heraus. »Vielmehr schätzen wir uns glücklich, in die Gärten des Sultans gelangt zu sein. Ich wünschte nur, ich hätte den vielgerühmten Sultan Abnuwas angetroffen … Es ist so schwer, eine Audienz bei ihm zu erhalten.«
»Das ist es«, pflichtete ihm der Mann bei. »Aber Euer Auftauchen hat mich derart überrascht, dass ich darüber die Pflichten der Gastfreundschaft vergaß! Wollt Ihr etwas speisen oder trinken? Bedürft Ihr der Ruhe?«
»Ian! Auf die Knie!«, flüsterte Trix und zog seinen Freund am Saum des Hemdes, während er sich selbst niederkniete. »Dürften wir vielleicht Euren Namen erfahren, verehrter Mann?«
»Ich glaube, Ihr kennt ihn schon. Mein Name ist …«
»Abnuwas!«, rief da ein Mann, der hinter den Bäumen auftauchte. Trix seufzte: Es war der Narr Sutar. »Abnuwas, alle sind völlig aufgelöst … Mit wem redet Ihr da? … Trix!«
»Verzeiht, großer Sultan«, sagte Trix. »Verzeiht, verehrter Sutar. Uns hat ein Zufall hierhergebracht. Genauer, ein Drache namens Sua.«
»Abnuwas wird nicht mit Euch reden!«, stellte Sutar kategorisch klar. »Kommt, großer Sultan. Ich bitte Euch, kommt. Diese Kinder wollen Gutes, richten jedoch nur Schlechtes an. Ihr solltet keinen Umgang mit ihnen pflegen!«
»Gebt mir Euer Wort, dass Ihr sie nicht bestraft und dass sie gehen dürfen!«, verlangte Abnuwas nach kurzem Schweigen. In seiner Stimme schwangen mit einem Mal eine Festigkeit und Härte mit, dass Trix zusammenschauderte. Selbst König Marcel dürfte den Sultan um diesen Ton beneiden.
»Das habt Ihr, Gebieter«, versicherte Sutar. »Trix, wartet hier auf mich, ich bin gleich wieder da!«
Trix sah den beiden nach. Der Narr redete lebhaft auf Abnuwas ein. »Sutar!«, rief Trix kurzentschlossen. »Das wird nichts ändern! Ich kenne das Geheimnis des Sultans!«
Der Narr fuhr herum und maß Trix mit einem ebenso ungläubigen wie verängstigten Blick. »Und worin besteht es?«
»Ihr seid gut, wie es kein Herrscher sein darf, großer Sultan«, antwortete Trix, an Abnuwas gewandt.
Eisige Stille breitete sich aus. Abnuwas fasste sich an den Kopf. »Junge!«, rief er entsetzt. »Warum hast du das bloß gesagt? Du kennst mein Geheimnis! Nun bestraft man dich mit Sicherheit!«
»Was soll das denn heißen?«, mischte sich Ian ein. »Wie könnte ein angeblich derart guter Herrscher einen solchen Befehl erteilen?«
»Das könnte ich nicht, stimmt«, sagte Abnuwas. »Eben darin besteht ja mein Unglück. Aber mein ruhmvoller Wesir, mein treuer Narr … Sie beide haben das Recht, einen solchen Befehl zu erteilen. Und wie sollte ich ihnen das verbieten?«
»Oh Weisester!« Sutar seufzte. »Da Euer Geheimnis nun einmal entdeckt ist, werde ich nicht auf eine unverzügliche Bestrafung bestehen. Vielleicht lässt sich aus dem Wissen dieser Jungen sogar Nutzen ziehen.«
»Gut!«, stimmte Abnuwas freudig zu. »Denn wenn diese unschuldigen Jünglinge in die Erde eingegraben worden wären, hätte ich drei Tage und drei Nächte lang Tränen vergossen. Nun lasst uns in den Palast gehen!«
Die Gemächer des Sultans lagen in den oberen Stockwerken des Palasts. Von hier aus bot sich eine überwältigende Aussicht auf die Gärten, die größten und schönsten Bauten (während eine hohe Mauer die armseligen Baracken jedem Blick entzog) und sogar auf den Hügel, auf dem Sua mit seiner Familie lagerte.
Trix, Ian, der Sultan Abnuwas und der Narr Sutar saßen an einem niedrigen, runden Tisch, auf dem goldene Schalen mit Früchten und
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