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Troja

Troja

Titel: Troja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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eintöniger; von den anderen Händlern und dem Besitzer der Schänke war nichts zu holen. Einige der Männer schliefen an Land, auf der Mole, im Sand, neben der Schänke; einmal kam es dort zu einem schlimmen Streit, und der Seemann, den die anderen zur Kerets Nutzen schleppten, lebte gerade lang genug, um »murks nicht an mir rum« zu sagen, als Bod-Yanat die tiefen Stichwunden untersuchen wollte.
    Dann begann Tsanghar, die Leute mit Aufträgen zu beschäftigen; Ninurta gab ihnen Metallsplitter, damit sie notfalls mit den Männern der anderen Schiffe oder auch den Achaiern handeln konnten. Holz, Seile, Nägel in großen Mengen, dazu allerlei Werkzeug wollte der Kashkäer haben; einiges gab es an Bord, aber Tsanghar gab vor, diese Bestände nicht antasten zu wollen, weil man für die Rückfahrt zur Insel noch etwas aufheben müsse. Ninurta bemühte sich ebenfalls, die Besatzung bei erträglicher Laune zu halten; er erfand Erinnerungen an ferne Orte und seltsame Gebräuche, und zwischendurch brachte er den Seeleuten bei, im seichten Wasser der Bucht zunächst nicht zu ertrinken, später auch zu schwimmen.
    Die Achaier hielten die Hügel besetzt und beobachteten die Ebene wie den Strand; weiter draußen auf See fuhren bei Tag und bei Nacht Kriegsruderer auf und ab. Mehrmals sah Ninurta, wie sie Schiffe aufbrachten, zum Beidrehen zwangen und plünderten oder »entluden«, wie Keleos es ausdrückte. Von ihm und seinen Kämpfern erfuhren sie, was um Troja geschah; sie hörten vom ersten Blutbad, als Trojaner und die Lykier des Sarpedon die Achaier bei der Landung angriffen, von den Kämpfen mit Kyknos (Ninurta brauchte eine Weile, um hinter dieser Namensform den Fürsten Kukullis zu erkennen, mit dem er vor Jahren gehandelt hatte), vom Opfer einer Hekatombe – »hundert Ochsen weniger zu füttern«, sagte Keleos – am Altar des Apollon, von Philoktetes und dem Schlangenbiß. Das Heer des Agamemnon hielt die Ebene westlich des Skamandros besetzt und machte immer weitere Beutezüge nach Süden, um Nahrung zu beschaffen und Trojas Nachbarn (und Untertanen) in Schrecken zu versetzen.
    Aber all das war wie ferner Lärm. Man ließ sie auf die Hügel steigen, aber nicht in die Ebene hinab; und was sie von oben sahen, war nicht viel mehr als Streiftrupps und, undeutlich im Norden, eine Masse von Bauwerken, die zuvor nicht dagewesen waren: Zelte, und die Unterkünfte aus zerlegten Schiffen. Es hieß, da nicht genug Futter aufzutreiben sei, müsse man weit mehr Rinder schlachten als zur Ernährung der Krieger eigentlich nötig.
    »Mein Mitgefühl ist begrenzt«, sagte Tashmetu. Wie fast immer hatten sie und Ninurta ein Nachtlager am äußersten Ende der Mole bereitet, wo sie ungestört waren und der Besatzung nicht zumuten mußten, neben Langeweile und karger Kost auch noch ohne Teilnahme, wiewohl nicht teilnahmslos die fleischlichen Vergnügungen der Eigner zu leiden.
    »Mitgefühl mit den Rindern oder den Achaiern?«
    Tashmetu rieb ihr Gesäß an Ninurtas haarigen Lenden.
    »Diesmal mit den Achaiern, o ermatteter Mann. Mein Mitgefühl mit Tieren… obwohl mir die Schlange fast leid tut, die den Philoktetes gebissen hat. Zweifellos verdienstvoll, aber Odysseus hat sie dann erschlagen, nicht wahr?«
    Der Abendwind vom Meer war kühl; Ninurta zog die Decke höher über sie beide und ließ die rechte Hand zwischen Tashmetus Brüsten.
    »Mhm«, sagte sie.
    »Was nun aber die Schlange betrifft« – er biß sanft in Tashmetus Schulter –, »so gibt es da Bedenken.«
    »Bedenken? Welcher Art?«
    »Ein Skythe in der Schänke – stinkt ekelhaft, der Bursche, aber er kennt sich aus – also, dieser Skythe sagt, es gibt hier zwar Schlangen, aber kaum giftige, und die Giftschlangen hausen nicht gerade bei Apollon-Schreinen. Sie verschwinden auch sehr schnell, wenn viele Füße schwerer Männer den Boden zittern lassen. Weshalb er sich fragt, wie es denn wohl möglich ist, daß ausgerechnet am Altar den Philoktetes eine Schlange beißt.«
    »Hat er eine Erklärung?«
    »Sagen wir mal so – er hat eine waghalsige Vermutung. Philoktetes ist einer der klügsten Männer des Heers. Man sagt, nur Palamedes und Odysseus seien noch ein bißchen gerissener. Nun ist zwischen den Fürsten, wie man hört, nicht alles lautere Liebe und Eintracht. Wie wäre es denn, sagt der Skythe, wenn sich die Anzahl kluger Fürsten vermindern ließe?«
    Tashmetu schwieg.
    »Es erwüchse den Überlebenden mehr Macht und Einfluß, nicht wahr?«
    »Und ein größerer

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