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Troja

Troja

Titel: Troja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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sondern daneben auch noch Topf der fünf Lichter (Morgen-, Mittags-, Abendlicht, dazu in der Nähe der siebten Statue ein Balken, auf dem nachts von den Wachen Kienfakkeln entzündet wurden, und eine große Kugel aus Ton, Kupferdraht und Bernsteinsplittern, in der nachts ein Öllicht glomm: vor einer Schänke unter den Bögen am Südrand), Tiegel der vier Winde und Verlies der drei Fürstensöhne . Angeblich hatte Priamos bei seiner Machtübernahme die letzten drei Abkömmlinge der alten Herrscher hier lebendig einmauern lassen; die Kammer im Boden wurde später zum Grundstein der neuen Stadt. Ninurta war sicher, daß man noch mehr Zahl-Namen für den Platz finden konnte – Hort des einen Brunnens , Wunder der zwei Städte ; oder Kind der acht Steinbrüche , denn die unebenen Platten, mit denen der Platz belegt war, schienen aus sehr verschiedenen Gegenden zu kommen: Einige hatten Längsrillen, andere fast regelmäßige Gittermuster, einige waren rauh, andere glatt und hart oder glatt und beinahe weich, und je nach Lichteinfall vervielfachten sich die Ausgangsfarben Rot, Braun, Grau, Blau, Gelb, Grün.
    Am Ende einer Gasse, die sich unter dem Bogengang der Nordwestseite wegstahl, fanden sie ein zweigeschossiges Haus mit kleinem Hof, eigenem Brunnen, elf Zimmern und Dachgarten. Der Besitzer, ein dürrer Phrygier mit knielangem schwarzen Umhang, ließ sich von einem shiqlu am Tag auf drei shiqlu für zehn Tage herunterhandeln; Ninurtas Behauptung, ansonsten würde er nichts verdienen, da das Haus weiter leerstünde, konnte er nicht entkräften.
    Bis zum Sonnenuntergang hatten sie die nötigen Matten und Decken sowie ein paar Gefäße erstanden und einen Teil der Ladung vom Kahn hergebracht. Es gab einen gemauerten Herd, aber am ersten Abend aßen sie lieber in einer der Garküchen am Platz. Tsanghar übernahm freiwillig die Wache; einer der Seeleute brachte ihm einen Krug Bier und Brotrollen mit gewürztem Bratfisch ins Haus. Die anderen saßen unter rußigen Deckenbalken an niedrigen Tischen (es gab Dutzende von Schemeln, aber alle waren unterschiedlich hoch, und keiner schien über gleich lange Beine zu verfügen) und aßen mit Krokusstaub gefärbten und gewürzten Hirsebrei, flaches knuspriges Brot, heiße Suppe, in der Lauchstreifen, Kohlstückchen, Bohnen und Fischbrocken trieben, eine Vielzahl gedünsteter oder gebratener Flußfische, innen roten Lammbraten in einer Kruste aus Brotkrümeln, Honig und Kräutern, danach Käse und süßes Gebäck. Zu allem gab es leichte und schwere Weine aus Schläuchen, die von den Deckenbalken hingen, Bier, Wasser aus dem großen Brunnen oder den Saft gepreßter Früchte. Als sie mit der Gewißheit heimkehrten, daß trotz der achaischen Plünderzüge die Neustadt (aus Vorräten, aus dem Fluß, aus Lieferungen des Hinterlands?) gut leben konnte, fanden sie den Kashkäer halb entschlummert, in den Armen einer jungen Thrakerin, die leise schnarchte.
    »Nicht nur erfindungsreich, sondern auch kunstvoll im Finden«, sagte Ninurta. Er und Tashmetu lagen auf den warmen Ziegeln des Dachs, zum Nachbarhaus durch eine bröcklige, kaum mannshohe Wand aus Latten und Lehmfladen geschützt. Im Nordosten sah man, weit jenseits der Mauern, die Feuer des achaischen Heers glimmen, und dahinter zeichneten sich die undeutlichen Massen der gebirgigen Halbinsel nördlich der Meerengen ab. Die beiden hatten maßvoll gegessen – »zehn Tage her; mich verlangt nach ergötzlicher Bewegung, o Assyrer«; Tashmetu sagte, am Himmel seien dreieinhalbmal soviel Sterne wie Schweißtropfen an ihrem Körper; der findige Kashkäer und seine Gespielin hätten zweifellos auch geschwitzt. Dann rollte sie sich auf die Seite und legte die Hand auf Ninurtas Brust.
    »Ich will nicht mehr. Ich bin… krank von all dem hier.«
    »Was willst du nicht mehr? Befällt dich am Ende des glückhaft befriedigten Lechzens der Ekel?«
    Sie kicherte. »Wo soll ich dich beißen, Mann?« Dann sagte sie leise, ernster: »Fliehen, solange es noch möglich ist. Nicht zu Prijamadu gehen, Ninurta, und die Botschaft vergessen. Wie auch immer sie lauten mag.«
    Er schwieg.
    »Auf das Gold verzichten, das Agamemnon sowieso nicht bezahlen wird. Auf das Gold verzichten, das Prijamadu ebensowenig bezahlen wird wie der Achaier. Das Leben mitnehmen. Keine eingepferchten Frauen mehr sehen, die den gierigen Kriegern zum Fraß vorgeworfen werden. Keine jungen Männer mehr sehen, die bald sterben werden.«
    »Hättest du die Frauen freikaufen

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