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Troja

Troja

Titel: Troja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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deutete auf seinen Bauch und beschrieb mit der Hand eine Wölbung.
    »So ist es, alter Mann.« Ninurta verstand nur sehr mühsam, was der Greis als nächstes sagte; es schien sich auf die Dauer des unerwünschten Zustands zu beziehen.
    »Zwei Monde«, sagte Lamashtu, ohne von der Arbeit aufzublicken. Sie zerkleinerte eben die teure Wurzel, deren Preis ebenso von der Wirksamkeit wie von der äußeren Ähnlichkeit mit einem mißgeborenen Kind bestimmt wurde.
    Der Alte knurrte etwas, keckerte und verschwand. Nach kurzer Zeit erschien er wieder und gab Ninurta ein paar kleine dunkle Kapseln.
    Lamashtu riß die Augen auf. »Schlafmohn! Das ist gut.« Ihre Stimme wurde leiser. »Für hinterher.«
    Während sie ihren Trank zubereitete, setzte sich Ninurta zum Wirt. Die kleine Herberge am Fluß bestand aus einem niedrigen Hauptraum mit Tragbalken, Balkendecke und Holzdielen; dazu ein paar Nebengebäude. Ob der Verschlag, in dem sie auf Strohmatten schlafen sollten, ansonsten ein Ziegenstall war, wollte Ninurta nicht näher erfragen. Sie tauschten Bemerkungen über den milden Spätwinter aus, und der Assyrer erfuhr mehr über die Kämpfe zwischen Hatti einerseits und ansässigen Achaiern, Kriegern des Madduwattas, fremden Söldnern und wenigen Trojanern andererseits. Nach der langen Unterdrückung durch die elenden Hatti schlossen sich viele waffenfähige Männer der Gegend dem Heer des Madduwattas an, und selbst dessen rote Priester seien besser als alles, was die Hatti darstellten; im Frühjahr werde das verstärkte Heer nach Osten vordringen.
    Der Alte setzte sich neben Ninurta an den rohen Tisch; die Bank schaukelte bedrohlich, bis er eine ihm genehme Lage gefunden hatte. Er sagte etwas, nuschelte, keckerte wieder und rieb Daumen und Zeigefinger aneinander.
    »Er sagt, ihr werdet drei oder vier Tage bleiben.« Der Wirt kniff ein Auge zu. »Bis die Frau wieder gehen kann. Kannst du bezahlen, Fremder?«
    Wolfsfuß, Menschwurz, elf begleitende Kräuter, ein paar Tropfen Öl, ein wenig saurer Wein, den Lamashtu ins kochende Wasser goß, und ein paar zerstoßene shashammu-Körner, um durch Süße den Geschmack etwas weniger widerlich zu machen. Ninurta roch an dem Napf, den sie aus dem Kessel schöpfte, und würgte beinahe.
    »Bist du sicher… Ja, du bist sicher; ich auch, weil ich das schon gesehen habe, aber das macht es nicht schöner.«
    »Für mich«, sagte sie. »Dir kann es doch gleichgültig sein.«
    »Es ist mir nicht gleichgültig. Da ich beteiligt war, wäre es nur gerecht, wenn ich das Zeug auch tränke.«
    Lamashtu schnaubte. »Du bist zu weich, Herr; wieder frage ich mich, wie einer wie du es zu Wohlstand bringen kann. Als Sklave würdest du nicht lange überleben.«
    In der Nacht setzten die Schmerzen ein; Lamashtu suchte sie mit den dunklen Kapseln zu lindern, was ein wenig half. Dann war sie drei Tage lang sehr krank; als ob heiße Messer in ihr stocherten, sagte sie. Ninurta hielt ihren Kopf, ihre Hände, versorgte sie mit Wasser, Brot und Brühe – mehr wollte sie nicht zu sich nehmen – und war sehr erleichtert, als sie am Morgen des vierten Tages sagte, nun könne sie wieder gehen.
    Auf der weiteren Reise nach Westen, durch zumeist flaches, wegsames Land, teilten sie nachts wie zuvor die Lederdecke, aber Ninurta empfand nur noch selten Gier, und wenn ihn Lamashtus Nähe erregte, drehte er sich auf die andere Seite. Etwas war verändert; er fühlte sich wie ein Gastgeber, der jemanden unabsichtlich vergiftet hat und dem mühsam Genesenen nun die gleiche Speise abermals vorsetzen will. Immer war es Lamashtu, die das erste Wort sagte oder mit den Berührungen begann, wenn sie Lust wollte. Und ohne daß sie darüber gesprochen hätten, entnahm er ihrem Tonfall oder winzigen Veränderungen des Gesichts, daß sie ihn wegen der Zurückhaltung, die sie für weich und schwach hielt, zu verachten begann. Mit dem letzten Silber bewegte der Assyrer an einem fast windstillen Frühlingstag einen Fischer, sie überzusetzen. Sie hatten den winzigen Hafen Qulaissa erreicht, und wenn weiter draußen auf dem Meer doch Wind wehte, könnten sie vielleicht schon abends Roddus Nordspitze erreichen, an Land gehen, und vier oder fünf Stunden Marsch brächten sie zum Hafen Yalussu, an der Westseite. Dort gab es die Lagerhäuser der Händler, Freunde, Diener, Silber, große Wannen mit heißem Wasser und Duftöl und Salben, frische Kleider, Wein, reiche Nahrung… Er riß sich zusammen.
    »Wenn kein Wind geht, werden wir

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