Troja
erklang, als sie noch unentschlossen waren, aus dem Hain eine Stimme: Die Göttin verschmähe derlei tückisch vorbereitetes Opfer und habe Mitleid mit Iphigeneia; sie sollten sie freilassen. Für Agamemnon sei eine andere Züchtigung bereitet, nach der Heimkehr aus Troja. Sie sollten das opfern, was ihnen bald anstelle der Königstochter im Hain gezeigt werde.
Zur gleichen Stunde erhielt Achilleus von Klytaimnestra durch beladene Boten eine große Menge Gold und die Nachricht, sie vertraue ihm hiermit ihre Tochter und den gesamten Haushalt an. Achilleus, bis dahin ohne Kenntnis der Vorfälle, erfuhr nun endlich von der Tücke des Ithakers und stürmte zum Hain, wo er alle zu erschlagen drohte, die Iphigeneia etwas zuleide täten. Sie waren so verblüfft über sein Erscheinen, daß sie wie gelähmt zusahen, als er das Mädchen befreite und mit ihr den Hain verließ. Während sie noch stritten, was nun zu tun sei, näherte sich furchtlos eine weiße Hündin und blieb vor dem Altar stehen.
(Und wird es dich verwundern, Rome, daß sie dies feine Tier meuchelten, worauf die Seuche sich legte?)
Sie sagten jedoch Agamemnon nichts von alledem, verschwiegen dem Vater, daß die Tochter lebte, und gaben Iphigeneia in die Obhut des Königs der Skythen, der mit vielen Kriegern zu ihnen gestoßen war. Danach setzten sie Agamemnon wieder als König und Heerführer ein, und Mykenes Fürst nahm das Amt an. Entweder wußte er nicht, oder er tat, als wisse er nicht, oder das Amt war ihm zu wichtig. Bald darauf waren Wind und Meer günstig; Zehntausende stiegen in die beladenen Schiffe, und so segelte das Heer fort von Aulis.
8. DIE INSEL DER HÄNDLER
Gewöhnlich fand Djoser das Leben ungewöhnlich: immer neu, anstrengend, aufregend, schwierig und ernst. Manchmal erinnerte er sich an fromme Übungen der Kindheit, die Besuche im einen oder anderen Tempel von Mennofer, Versuche, sich zu etwas Innerem zu sammeln, das aber gleichzeitig Außen, Oben und Fern war, Opferungen, Gemurmel und Gebärden der Priester. Andere Völker hatten andere Götter; im Lauf der Zeit und der Reisen waren ihm all diese jenseitigen Mächte immer ähnlicher erschienen. Und immer bedeutungsloser. Aber wenn das Leben besonders schwierig und undurchsichtig wurde, Nebel, durch den er das kaum beherrschte Schiff zu steuern hatte, wünschte er sich oft, als Steuermann den Anweisungen eines Schiffsherrn folgen, seinen Kurs den erhabenen und unbegreiflichen Ratschlüssen (oder Anfällen hämischer Willkür) der Götter anvertrauen zu können. Welcher Götter auch immer.
Es war alles nicht so, wie er es erwartet hatte. Wieder und wieder fragte er sich, ob sie nicht in Ugarit doch anders hätten handeln sollen, mit halbbeladenen Schiffen in den ersten Abend segeln, statt die Lager ganz zu räumen und den zweiten Tag zu nutzen und Ninurta zum König gehen zu lassen. Der Verlust wäre schmerzhaft gewesen; der Verlust des Assyrers war schmerzhafter. Waren und edle Metalle ließen sich wieder beschaffen; daß Awil-Ninurta zurückkommen könnte, wagte er nicht einmal zu hoffen.
Die Begegnung mit den Schiffen der Trojaner hatte ihn ins Schwitzen gebracht, aber Zaqarbal, elend leichtherziger Chanani, steuerte alle drei Schiffe mühelos durch etwas, was Unheil hätte werden können. (»Wieso Unheil?« sagte Zaqarbal , als sie, nah nebeneinander fahrend, von Achterdeck zu Achterdeck stritten. »Die müssen sich doch hier gut benehmen, Junge; du riechst aber wirklich in jedem Furz den Hauch eines Dämons!«) Eine gewaltige Ansammlung von Schiffen aller gängigen Arten: Fischerboote, überladen mit Kriegern und Rüstung; kleine Lastschiffe; schwere Frachter; schnelle leichte Kampfschiffe (einige mit Rammsporn); Flöße fast ohne Bordwand, auf denen große Schleudern standen, das Ganze gezogen von zwei oder drei Ruderschiffen; ein Segler mit zwei Masten; mehrere Boote, die jenen nachgebaut schienen, welche Steine auf dem Jotru beförderten, von den Brüchen hinab nach Mennofer. Kleine, große, einfache, bunte Schiffe (mit aufgemalten Götteraugen am Bug) und einige, deren Bauweise ihm völlig fremd war. Zweihundert oder mehr, insgesamt; ein Stück nordwestlich von Alashia kamen sie ihnen entgegen, mit schwachem Nordwind, gegen den Kerets Nutzen , Kynara und Yalussu mühsam anruderten.
Zum Glück lag die Kynara vorn; Zaqarbal brüllte den Fremden etwas zu, was Djoser nicht verstehen konnte. Sie deuteten nach hinten, zur Mitte der Flotte. Zaqarbal ließ einfach die Ruder
Weitere Kostenlose Bücher