Trolljagd
Bibliothek umzusehen, während sich Jonas in seine Gemächer zurückzog, um die Spindel zu ihren Problemen zu befragen. Also blieben Gabriel und De Mona allein in den Schlafquartieren zurück. Es war das erste Mal seit jener Nacht in der Bibliothek, dass sie ungestört waren. Gabriel hätte das Mädchen gern für all das, was geschehen war, gehasst, brachte es aber nicht fertig. Tief in seinem Innern wusste er, dass sie nur ein Kind war, das nach Antworten suchte, ganz so, wie er selbst es einmal gewesen war. Für seinen Geschmack enthüllte sich das Geheimnis des Nimrods viel zu langsam.
Hinter dem Nimrod verbarg sich eine viel komplexere Magie, als irgendeiner von ihnen verstehen konnte. Nicht einmal Gabriel, das auserwählte Gefäß, konnte ganz überblicken, was das Relikt tatsächlich vorhatte; der Bischof dagegen wusste es, aber er ließ sich ziemlich viel Zeit, mit diesem Wissen herauszurücken. Wenn es Gabriel gelang, den rachedurstigen Geist auszutreiben, konnte er vielleicht die Kontrolle über den Dreizack gewinnen. Aber dessen voriger Herr schien es nicht eilig damit zu haben, das Feld zu räumen. Solange der Bischof blieb, war Gabriel nur ein Werkzeug für den gefallenen Ritter und seine üblen Pläne mit der Welt. Wollte er jemals sein altes Leben zurückhaben, musste er den Bischof und vielleicht auch den Nimrod loswerden.
Du dummer Junge, zwischen uns gibt es keine Geheimnisse. Du und ich, wir sind verbunden. Dein Herz verrät mir, was dein Mund verschweigt, spottete der Bischof.
»Hängt dir eigentlich dein Geschwätz nicht irgendwann selbst zum Hals raus?« Gabriel machte eine Bewegung mit dem Arm, um die Stimme wegzuscheuchen, und dabei hinterließ seine Hand eine feine Spur von elektrischem Strom in der Luft. Neugierig formte Gabriel seine Hände zu einer Schale und versuchte, noch einen Funken zu erzeugen. Zu seiner Überraschung antwortete ihm die Macht und erzeugte ein Gewebe aus Lichtblitzen zwischen seinen Handflächen.
»Das ist aber ein schicker neuer Trick. Trittst du damit auch auf Geburtstagsfeiern auf?« De Mona erschreckte ihn, und die Blitze verschwanden. »Oh, Verzeihung. Ich wollte nicht stören.«
»Schon in Ordnung. Ich wollte sowieso mit dir reden.« Gabriel winkte sie zu sich und bedeutete ihr, sich neben ihn aufs Bett setzen. Als De Mona Platz genommen hatte, spürte er sofort die Schmetterlinge in seinem Bauch, die sich jedes Mal bemerkbar machten, wenn er einem Mädchen zu nahe kam. Sie ließ sich nicht anmerken, ob ihr sein Unwohlsein aufgefallen war. »Weißt du«, begann Gabriel, »ich möchte mich bei dir dafür entschuldigen, dass ich so viele Schwierigkeiten gemacht habe. Mit ist schon klar, dass nicht du schuld daran bist, dass mein Großvater gefangen genommen wurde.«
De Mona nickte zustimmend. »Und ich möchte mich dafür entschuldigen, dass ich dich in diese Sache hineingezogen habe, Gabriel. Ich schwöre, ich hatte keine Ahnung, was dabei herauskommen würde. Ich wollte einfach nur Antworten, und ich dachte, wenn ich zu Redfeather ginge, hätte ich die besten Chancen, sie zu bekommen.«
»Das kann ich verstehen. Als meine Eltern getötet wurden, wollte ich auch Antworten. Aber ich hatte bis vor kurzem keine Vorstellung davon, was diese Antworten für Konsequenzen haben würden. Ich glaube, bei dieser Geschichte sind wir alle nur Opfer.«
»Und genau das geht mir total auf die Nerven«, erwiderte De Mona. »Ich bin eine Kämpfernatur. Herumsitzen und Däumchen drehen, während jemand anders die Drecksarbeit macht, das ist einfach nicht meine Art. Obwohl mir dein Großvater nicht vollständig vertraute, nahm er mich bei sich auf, damit ich in Sicherheit war – und ich konnte die Trolle nicht davon abhalten, ihn mitzunehmen!« In De Monas Augen schimmerten Tränen, aber sie hielt sie zurück. »Das ist einfach nicht fair.«
»De Mona, du hast härter als jeder andere gekämpft, als sie uns angegriffen haben, aber wir wurden einfach von ihnen überrannt. Nur mit Hilfe des Nimrods sind wir gerade noch lebend davongekommen. Ich bin mit dieser Situation genauso überfordert wie du.« Er ließ den Kopf hängen.
De Mona hob Gabriels Kinn, bis er ihr in die Augen schaute. Er konnte seine Tränen nicht mehr zurückhalten. »Du bist nicht genauso überfordert wie ich, Gabriel. Du bist nur wie ein kleiner Junge, der noch dabei ist, sein Geschenk auszuprobieren.«
»Das nennst du ein Geschenk?« Er hob den Arm. »Trotz all seiner Macht konnte es doch kein bisschen
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