Troposphere
fünfzehn
Wie viel Zeit ist vergangen? Ich weiß es nicht. Aber die Männer und die beiden schrecklichen Kinder sind mir nicht näher gekommen, und jetzt steht irgendwas oder irgendwer neben mir. Ich knie immer noch auf dem schwarzen Asphalt, halte den Kopf in den Händen und versuche den Schmerz zum Verschwinden zu bringen. Ich habe mich dermaßen geirrt mit der Troposphäre. Ich dachte, man könnte hier nichts fühlen, aber der Schmerz ist hier heftiger als irgendwo in der wirklichen Welt. Außerdem ist es die schlimmste Form von Schmerz: nicht das scharfe Stechen eines Messers, einer Tätowierung, einer kratzenden Katze. Können Kopfschmerzen angenehm sein? Ich glaube nicht. Und das hier sind die schlimmsten Kopfschmerzen, die ich je hatte; jemand wringt mein Gehirn aus, als wäre es ein nasses Geschirrtuch. Ich bin nicht in der Lage, meine Augen zu schließen, obwohl mir von der flackernden Neonbeleuchtung in der Straße schwindelig wird. Eigentlich bricht die flackernde Neonbeleuchtung jetzt um mich herum auseinander. Alles bricht auseinander und verwandelt sich zu einer Art grauer atmosphärischer Störung: die Geschäfte, die Apartmenthäuser, die Straße selbst. Die Troposphäre zischt und knallt, als würde sie auf der falschen Frequenz gesendet.
Die Stille ringsum ist bereits zu laut, und als das Zischen und Knallen sich tatsächlich in ein prasselndes Geräusch verwandelt, wie Feuer in einem trockenen Wald, und die beiden Männer anfangen, Sachen zu sagen wie: Was ist das denn, verdammte Scheiße?, will ich nur noch schnell sterben, damit ich das hier nicht mehr spüren kann. Das »Ding«, das immer noch neben mir steht, trägt eine lange rote Robe und schwarze Stiefel, aber ich kann sehen, dass da unter der Robe ein Tier ist, eine Art Maus-Hybride mit grauem Fell an den Beinen. Ich kann das gerade noch registrieren, bevor das Bild wie alles andere auch auseinanderzubrechen beginnt. Jetzt will ich nur noch, dass das hier schnell geht, dass alles verstummt und verschwindet.
Apollo Smintheus, falls er es denn ist, sagt etwas in einer Sprache, die ich nicht verstehe, und die Schmerzen verschwinden, und die Störungen verschwinden, als wäre mein Kanal neu eingestellt worden, klar und deutlich. Ich stehe auf, leicht schwankend. Apollo Smintheus ist größer als ich: Er muss auf den Hinterbeinen stehend fast zweieinhalb Meter groß sein. Er hat einen Köcher voller Pfeile über die Schulter geschlungen. Sein spitzes Mausgesicht ist mit grauem Fell bedeckt, und er hat Schnurrhaare. Er ist wahrscheinlich das bizarrste Wesen, das ich je gesehen habe. Aber als er jetzt spricht, ist es Englisch mit amerikanischem Akzent.
»Nun denn«, sagt er. »So etwas habe ich noch nie gesehen. Wer sind diese Leute?«
»Ich weiß nicht«, sage ich.
»Aber sie sind die Bösen, oder?«
»Ja. Wenn Sie mir helfen könnten …« Ich könnte losheulen. »Bitte …«
»Okay. Keine Sorge.«
Er fängt wieder an, in der anderen Sprache zu reden. Gleichzeitig nimmt er seinen Bogen in die linke Hand und legt einen Pfeil aus dem Köcher ein. Er schießt auf den Mann im grauen Anzug, der den Pfeil irgendwie abzulenken scheint. Ich verstehe nicht richtig, was da als Nächstes passiert. Die Kinder verstecken sich hinter den Beinen der Männer; dann scheint sich irgendetwas auf Apollo Smintheus zuzubewegen – eine Kugel aus gelbem Licht –, aber er hebt einfach seinen Arm und lenkt sie zurück auf den Mann in Schwarz. Der fällt jetzt zu Boden und umklammert seinen Kopf, wie ich es vorhin gemacht habe. Die beiden Kinder schauen erst ihn und dann einander an, drehen sich um und rennen auf der Straße in die entgegengesetzte Richtung weg. Apollo Smintheus legt einen weiteren Pfeil ein und schießt wieder auf den Mann in Grau. Der Pfeil bleibt in dessen Hals stecken, aber aus der Wunde strömt kein Blut, als der Mann stolpert, begreift, was passiert ist, den Pfeil mit beiden Händen packt und herauszieht, wodurch ein klaffendes Loch mit Hautlappen entsteht, das wie ein ekelhaftes Stück Pornographie aus dem Internet aussieht.
Als er zu sprechen beginnt, kann ich sehen, wie sich sein Kehlkopf bewegt.
»Du Arsch«, sagt er mit belegter Stimme. »Warum kämpfst du für sie?«
»Oh, sie hat mich darum gebeten«, sagt Apollo Smintheus.
»Wie um alles in der Welt hat sie es angestellt, dass ein Gott auf sie aufmerksam wurde?«
»Sie hat es auf die altmodische Weise getan. Sie hat einer Maus geholfen«, sagt Apollo Smintheus und nimmt
Weitere Kostenlose Bücher