Troposphere
hinlege, wo er seine Füße hinsetzen will. Ich verstehe nicht, was los ist. Das hier ist zu kompliziert. Ich glaube, ich gehe einfach in mein eigenes Bett.
»Excusez-moi«, sage ich, um ihn zum Narren zu halten. Ich rappele mich auf.
»Kann ich Ihnen behilflich sein?«, fragt er.
»No, thanks.«
Ja, ich bin multilingual. Sehr komisch.
(Mein Verstand ist in keiner viel besseren Verfassung als der von Wolf, und es ist ganz so, als hätte mich der Alkohol auch in seinen Krallen. Aber ich denke immer noch: Adam? Was macht Adam hier?)
»Sind Sie Ariels Nachbar?«
»Si«, sage ich lachend. »Yes.«
Er fährt sich mit der Hand durch die verwuschelten Haare und seufzt.
»Ich muss sie finden.«
»Sie wohnt über … den Wolken.« Ich wollte sagen »über mir«. Das ist so lustig.
»Ich weiß, wo sie wohnt. Sie öffnet die Tür nicht.«
»Sie ist ausgegangen … Mit den Mist … mit den Wichs …, den Kolle …«
»Mit wem?«
»Zum Abendessen. Mit Leuten von der Uni. Oder war das gestern? Tut mir leid … ich bin ein bisschen betrunken. Wissen Sie, heute Abend ist was Eigenartiges und äußerst Tragisches passiert und …«
»Hören Sie, tut mir leid, mein Freund. Wenn Sie mir nicht helfen können, dann lassen Sie's. Aber verschwenden Sie nicht meine verdammte Zeit, okay? Das hier ist eine ernste Angelegenheit. Ihr Leben ist in Gefahr, wenn das deutlich genug ist.«
»Gefahr? Von einem Schwanz?«
»Was? Verdammter Scheißdreck, jetzt reißen Sie sich mal zusammen!«
»Gefahr. Gefahr! Ariel ist in Gefahr? Wir müssen ihr helfen. Wo sind die Granaten?«
»Ach, schon gut.«
»Tut mir leid, dass ich so bin. Bitte, lassen Sie mich helfen. Sie ist eine Freundin, wissen Sie.«
Der dunkelhaarige Mann seufzt. »Da sind zwei Männer, okay? Einer trägt einen schwarzen Anzug, und einer trägt einen grauen Anzug. Sie haben beide blonde Haare wie sie, vielleicht ein bisschen heller. Einer von ihnen hat einen kleinen Spitzbart.« Dieser Typ gestikuliert, als könnte er diese Männer herbeizaubern, indem er ihre Umrisse in die Luft zeichnet. »Ich glaube, sie fahren eine schwarze Limousine. Haben Sie sie gesehen?«
»Wen? Sind sie hier? Nein. Ich weiß nicht. Da ist ein schwarzer Wagen …«
»Wo?«
»Was?«
»Sie haben etwas von einem schwarzen Wagen gesagt.«
»Habe ich das? Tut mir leid. Ich kann mich nicht erinnern.«
»Sehen Sie, ich glaube, diese Männer sind bewaffnet. Sie sind sehr gefährlich. Sie sind in einem Antiquariat gewesen und haben sich über Ariel informiert. Sie hat ein Buch gekauft, das die haben wollen – so viel habe ich rausbekommen.«
»Ach, das. Na ja, Ariel wird das Buch nicht verkaufen. Niemals.«
»Was für ein Buch ist das?«
Sag's ihm nicht, Wolf. Sag's ihm nicht.
»Es ist ein … Oh. Da ist eine Stimme in meinem Kopf, die mir verbietet, es Ihnen zu sagen.«
»Was ist das für ein Buch?«
Ich schüttele den Kopf. »Nein. Tut mir leid. Anweisungen vom Herrn Doktor.«
Ich kann nicht alle Stimmen in meinem Kopf verstehen. Eine weist mich an, nichts zu erklären, aber eine andere sagt mir, dass ich das Buch jetzt holen sollte und – aua – es nicht mal verkaufen, sondern es dem netten Typen geben, wenn er danach fragt …
Ein Eingang, irgendwie kirchenähnlich, flackert um Adams Körper herum. Wechsel!, befehle ich. Wechsel! Ich muss rausfinden, was passiert ist. Ich fange an zu verschwimmen, wie vorher schon, doch anstatt in Adams Kopf zu verschwimmen, scheine ich zu fallen, aber nicht nach unten. Bevor ich ausmachen kann, was los ist oder wie das alles möglich ist, in eine andere Richtung als nach unten zu fallen, lande ich unmittelbar vor dem Musikgeschäft. Ich bin wieder in der Troposphäre, liege auf dem Asphalt und schaue hoch zu den flackernden Neonreklamen und in einen schwarzen, Sternenlosen Himmel. Es ist so, als hätte jemand alles ausgeschaltet: das Pochen in Wolfs Kopf, den feuchten Geruch in dem betonierten Durchgang, die Kälte, die Verkehrsgeräusche von der Straße. Wie vorhin herrscht in der Troposphäre fast völlige Stille. Es gibt überhaupt keine Geräusche: keine Vögel, keinen Verkehr, keine Menschen. Das einzige Geräusch, das ich je in der Troposphäre gehört habe, war das Geräusch meiner eigenen Schritte. Haben die Aufzüge ein Geräusch gemacht? Ich kann mich nicht erinnern.
Ich muss jetzt zusehen, dass ich hier rauskomme, und Adam suchen.
Warum sollten bewaffnete Männer nach dem Buch suchen? Ich kenne Adam nicht sonderlich gut, aber es war
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