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Troposphere

Troposphere

Titel: Troposphere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scarlett Thomas
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verlassener Einspänner am Straßenrand. Und ich ging natürlich auf Entdeckungsreisen und begann einige der Gesetze dieser Welt zu verstehen. Ich versuchte es beim Milchmann mit der Pedesis. Ich versuchte – ohne Erfolg –, in den Kopf des Vizekanzlers der Universität zu kommen.
    Die erste E-Mail erhielt ich am Samstagabend. Es war eine Yahoo-Adresse, schien aber von einem Studenten aus Yale zu kommen, der mich fragte, ob ich mit ihm über »The End of Mister Y« korrespondieren könnte. Ich lehnte höflich ab. Die E-Mail war schlecht geschrieben, und meine eigenen Studenten nehmen genug von meiner Zeit in Anspruch. Ich hielt es für einen Zufall, : dass dieser Student sich genau in dem Moment mit mir in Verbindung setzte, als ich das Buch erhalten hatte, aber zu jenem Zeitpunkt dachte ich tatsächlich, dass die Mail authentisch war. Die zweite E-Mail kam am Sonntag, ungefähr um die gleiche Tageszeit.
     
    Bitte, verzeihen Sie meine Zudringlichkeit. Ich bin Leiter des Project Starlight, ein wichtiges interdisziplinäres Projekt zu den Aktivitäten und Möglichkeiten des menschlichen Geistes. Wir haben kürzlich eine Methode untersucht, wie sie in groben Zügen in dem Buch »The End of Mister Y« dargestellt wird. Ich sage vielleicht besser, dass mein Vorgänger dies unternommen hat. Als neuer Projektleiter bin ich daran interessiert, das Unternehmen fortzusetzen, aber leider ist unser ganzes System zusammengebrochen, und ich habe alle Daten verloren … einschließlich der Anweisungen zur Herstellung der Mixtur. Das ist auch der Grund, weshalb ich im Moment einen Hotmail-Account verwende! Unser System wird erst in einer Woche wieder funktionieren, aber ich brauche dieses Rezept so schnell wie möglich. Sie besitzen ein Exemplar des Buchs – würde es Ihnen etwas ausmachen, ein paar Minuten darauf zu verwenden, die Rezeptur für uns aufzuschreiben?
     
    Am Montag rief ich Lura an.
    »Project Starlight?«, wiederholte sie, nachdem ich ihr von der E-Mail erzählt hatte.
    »Ja.«
    »Das sind die Leute, die angeboten haben, mir das Buch abzukaufen.«
    »Weißt du irgendwas über sie?«
    Sie machte eine Pause. »Na ja, ich habe sie überprüfen lassen.«
    »Und?«
    »Project Starlight ist vor ungefähr einem Jahr beendet worden. Es gibt kein Project Starlight mehr.«
    »Was ist – oder besser war – es?«
    Jetzt seufzte sie. »Es war ein streng geheimes amerikanisches Projekt. Ich habe durch den Freund eines Freundes davon erfahren – ein Physiker am MIT. Er hatte nur Gerüchte über das Projekt gehört – dass es als einfache Telepathie-Untersuchung begonnen und sich dann in etwas anderes verwandelt hätte. Er erwähnte eine äußerst geheimnisvolle Einrichtung in der Wüste, Fernerkundung, Starren auf Ziegen und die Suche nach der ›ultimativen Waffe‹. Er sagte, er hätte gehört, dass irgendetwas Katastrophales passiert und Ursache dafür sei, dass die Untersuchung beendet wurde, und warnte mich davor, irgendwelche Fragen zu stellen und dadurch hineingezogen zu werden. Es klang eindeutig unheimlich.«
    »Und wenn das Projekt beendet ist, warum laufen dann Leute herum und sagen, sie hätten damit zu tun?«
    »Ich weiß nicht. Ich glaube, ich sagte bereits, dass sie bald anfingen, mir zu drohen.«
    »Und woher wissen die, dass ich das Buch habe?« Ich fragte nicht, ob sie es ihnen erzählt hätte.
    »Ich weiß nicht«, sagte sie.
    Ich dachte nach. »Glaubst du, dass die tatsächlich gefährlich sind?«
    »Ich habe wirklich keine Ahnung. Weißt du, warum sie das Buch haben wollen? Ich nehme an, du hast es inzwischen gelesen?«
    »Ja. Ich hab's gelesen.«
    »Und …?«
    »Ich habe keine Ahnung, warum sie es haben wollen.«
    Warum log ich? Natürlich wusste ich, dass sie die Mixtur haben wollten, und ich wusste auch, warum: weil sie funktionierte. Ich konnte nur vermuten, dass diese Leute eine Art Splittergruppe waren und dass man ihnen die Mixtur verabreicht, ihnen aber nie gesagt hatte, was sie enthält. Und ich kannte bereits das Bedürfnis, unbedingt in die Troposphäre zurückzuwollen. Man stelle sich dieses ungeheure Bedürfnis vor und die Unmöglichkeit, es zu befriedigen. Ich gewann eine Vorstellung davon, was ein Drogensüchtiger empfinden musste.
    »Na ja«, sagte sie.
    »Lura, ich glaube wirklich …«
    »Was?«
    »Ich glaube, ich sollte dir das Buch jetzt wieder zurückgeben. Ich glaube, es sollte wieder in das Bankschließfach, wo sie nicht drankommen können.«
    »Aber wenn doch nichts drinsteht,

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