Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Troposphere

Troposphere

Titel: Troposphere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scarlett Thomas
Vom Netzwerk:
möglicherweise rettet?
    »Hmm«, sagt Apollo Smintheus.
    »Sind Sie hier, weil ich gebetet habe?«
    Er nimmt einen Schluck Kaffee. Seine graue Pfote sieht wie ein Schlüsselanhänger aus, den ich mal gesehen habe, eine Hasenpfote als Glücksbringer: hart, grau und tot. Aber der Rest an ihm wirkt derart lebendig, dass es verrückt ist. Schließlich gibt es zweieinhalb Meter große Mäusegötter in Wirklichkeit nicht. Aber er atmet wie ein Mensch, und seine lange graue Nase sieht so aus, als würde sie sich hart und warm anfühlen. Ich würde sie natürlich nie anfassen. Eine andere merkwürdige Sache ist die, dass es mir vorkommt, als säße mir mit Apollo Smintheus ein sehr angesehener Professor gegenüber.
    »Nicht ganz«, sagt er.
    »Warum sind Sie hier?«
    »Weil Sie etwas für mich erledigen sollen. Oder – vielleicht sollte ich besser sagen, dass Sie bereits etwas für mich getan haben. Aber Sie wissen noch nicht, was.«
    »Ich bin verwirrt.«
    »Ich weiß.«
    »Hören Sie. Kann ich Ihnen einfach ganz schnell ein paar Fragen stellen? Ich glaube, ich bin in Schwierigkeiten, und ich muss durch die halbe Troposphäre gehen, bevor ich …«
    »Sie sind in Schwierigkeiten.«
    Ich sacke zusammen. »Ich weiß. Ich glaube, ich bin vielleicht nicht in der Lage, rechtzeitig zu mir zurückzukommen. Eigentlich glaube ich schon zu wissen, dass ich es nicht schaffen werde.«
    »Ganz meine Meinung.«
    »Und ich glaube, es besteht die Möglichkeit, dass ich sterbe.«
    »Ja, nun …«
    »Was, nun?«
    »In der Troposphäre zu sein, wie Sie es nennen. Falls Sie hier sind, sind Sie bereits tot.«
    Irgendwas in meinem Körper versucht, Adrenalin auszuschütten, aber so funktioniert es hier nicht. Die Szene vor mir verschwimmt und wird wieder klar.
    »Oh, Scheiße. Oh, Scheiße.« Ich halte mich an der Tischkante fest. »Dann ist es also zu spät?«
    »Zu spät wofür?«
    »Um zurückzugehen. Um Burlem zu finden.«
    »Sie können zurückgehen.«
    »Aber … Sie sagten … hier zu sein.« Ich schließe die Augen und schlage sie wieder auf. »Bin ich tot?«
    »Diese Welt, die Welt allen Geistes: Sie führt zum Tod. Das wissen Sie.«
    »Weiß ich das?«
    »Wenn Sie ein bisschen darüber nachdenken, verstehen Sie es.« Er lacht, und es ist so, als würde ich eine Computeranimation betrachten, davon abgesehen, dass ich spüren kann, wie sich die warme, feuchte Luft verändert, wenn er ausatmet. »Tut mir leid. Sie haben mich ja nicht hierhergerufen, damit ich in Rätseln spreche. Stellen Sie doch einfach Ihre Fragen.«
    »Okay.«
    »Aber Sie machen besser schnell, weil wir immer noch über diesen kleinen Auftrag sprechen müssen, den Sie für mich übernehmen werden – und außerdem müssen wir noch das Problem lösen, wie wir Sie hier rausschaffen, was auch wirklich nicht so einfach ist.«
    »Okay. Dann beeile ich mich. Bin ich … bin ich momentan in Sicherheit?«
    Apollo Smintheus gestikuliert in Richtung Fernseher. Er geht flackernd an. In körnigem Schwarz-Weiß sehe ich ein Krankenhaus. Die Kamera ist auf ein Bett gerichtet, in dem eine bewusstlose junge Frau liegt. An ihren Arm ist ein Infusionsapparat angeschlossen.
    »Bin ich das?«, frage ich. Aber ich weiß schon, dass ich das bin.
    »Der Wirt des Pubs war beunruhigt, als Sie nicht zum Frühstück runterkamen und dann auch nicht ausgecheckt haben. Er ging in Ihr Zimmer und fand Sie bewusstlos vor. Als er Sie nicht aufwecken konnte, rief er einen Krankenwagen. Offiziell liegen Sie im Koma.«
    »O Gott.«
    »Sie haben hier eine lange Strecke zurückgelegt. Das dauert.«
    »Apollo Smintheus?« Ich schaue immer noch auf den Bildschirm.
    »Ja.«
    »Bin ich verrückt?«
    »Nein. Nicht in der Weise, wie Sie das Wort verstehen.«
    »Das hier ist keine Koma-Phantasie … wie in einem Traum?«
    »Nun ja, es hat eine gewisse Ähnlichkeit mit Träumen, aber es ist offenbar umgekehrt. Also, was wollten Sie noch fragen?«
    Ich wende den Blick vom Fernseher ab und schaue stattdessen ihn an.
    »Jedes Mal, wenn Sie etwas sagen, stellen sich mir mehr Fragen«, sage ich.
    »Zum Beispiel.«
    »Nun ja, inwiefern ist das hier umgekehrtes Träumen?«
    »Träumen versetzt Sie in Ihr Unbewusstes. Das hier ist nicht Ihr Unbewusstes.«
    Plötzlich greifen die Rädchen in meinem Kopf ineinander. Ich hatte wirklich noch nicht ausreichend Gelegenheit gehabt, gründlich über Apollo Smintheus' Dokument nachzudenken, aber ich habe es mir offensichtlich eingeprägt, weil ich jetzt die Verbindungen

Weitere Kostenlose Bücher