Trouble - Ein Jack-Reacher-Roman
hat gut ausgesehen, stimmt’s? Hat ein zusätzliches Element ins Spiel gebracht. Besser, als nur mit der Pistole auf jemanden zu zielen.«
Dann klingelte sein Mobiltelefon. Das Prepaid-Handy aus dem Radio Shack, nicht Saropians Handy aus Vegas. Der Anruf kam von Dixon. O’Donnell und sie waren seit nunmehr viereinhalb Stunden auf Beobachtungsposten in Highland Park. Sie hatten alles gesehen, was es zu sehen gab, und machten sich langsam Sorgen aufzufallen.
»Fahrt heim«, sagte Reacher. »Wir haben, was wir brauchen.«
Dann klingelte Neagleys Handy. Ihr privates Mobiltelefon, nicht das Prepaid-Handy. Ihr Mann in Chicago. Halb elf Uhr in L.A., Mittagszeit in Illinois. Sie hörte zu, ohne sich zu bewegen, ohne Fragen zu stellen. Anschließend klappte sie ihr Telefon zu.
»Erste Insiderauskünfte aus dem LAPD «, sagte sie. »Lamaison hat in zwanzig Dienstjahren achtzehn von der Innenrevision angestrengte Verfahren überstehen müssen – und alle gewonnen.«
»Anklagepunkte?«
»Querbeet. Exzessive Gewaltanwendung, Bestechung, Vorteilsannahme, verschwundene Drogen, verschwundenes Geld. Er ist ein Widerling, aber clever.«
»Wie bekommt ein Typ wie er einen Job in einem Unternehmen der Rüstungsindustrie?«
»Wie kriegt er zuerst einen beim LAPD ? Und außerdem Beförderungen? Indem er sich verstellt und alles daransetzt, keine Disziplinarstrafen zu kassieren. Und indem er einen Partner hat, der weiß, wann und wie lange er den Mund halten muss.«
»Sein Partner war bestimmt genauso schlimm. Das ist fast immer so.«
»Du musst’s ja wissen«, sagte Neagley.
Zwanzig Minuten später kam Berenson mit einem teuren schwarzen Lederkoffer und einer Reisetasche aus hellgrünem Nylon mit dem Logo einer Sportartikelfirma die Treppe herunter. Ihr Koffer und die Tasche des Jungen, vermutete Reacher. Sie stellte beide in den Kofferraum des Toyotas. Reacher und Neagley gingen zu ihren Autos, fuhren zurück und bildeten einen Konvoi als Geleitschutz. Die gleiche Methode wie bei einer Überwachung, aber mit anderer Zielsetzung. Neagley blieb dicht hinter dem Toyota, Reacher ließ sich etwas zurückfallen. Schon bald stellte er fest, dass O’Donnell mit seiner Behauptung, in Kalifornien seien aufgemotzte Hondas die unsichtbarsten Autos, nicht recht gehabt hatte. Der Toyota erfüllte diesen Anspruch weit besser: Obwohl er ihn die ganze Zeit im Auge behielt, konnte er ihn kaum sehen.
Berenson hielt vor einer Schule, einem großen beigen Gebäudekomplex, der von gespenstischer Stille umgeben war, die Schulen an sich haben, wenn alle Kinder im Unterricht sind. Nach einer Viertelstunde kam sie mit einem kleinen braunhaarigen Jungen im Schlepptau wieder heraus. Er reichte ihr kaum bis zur Schulter und schien leicht verwirrt zu sein, war aber wohl mehr als einverstanden damit, sich aus dem Unterricht holen zu lassen.
Dann fuhr Berenson ein kurzes Stück auf dem 110er, verließ ihn in Pasadena und steuerte ein kleines Hotel in einer ruhigen Seitenstraße an. Reacher war mit ihrer Wahl zufrieden. Das Hotel verfügte über einen Parkplatz hinter dem Haus, auf dem der Toyota von der Straße aus nicht zu sehen war, einen Portier am Eingang und zwei Frauen am Empfang. Genügend wachsame Augen vor den Aufzügen und den Zimmern. Besser als ein Motel.
Reacher und Neagley blieben noch eine Weile, damit Berenson und der Junge sich eingewöhnen konnten. Diese Zeit nutzten sie, um in der Bar neben der Hotelhalle eine Kleinigkeit zu essen. Clubsandwichs, Kaffee für Reacher, ein Softdrink für Neagley. Reacher mochte Clubsandwichs. Ihm gefiel, dass man das mit einer Quaste besetzte Stäbchen, von dem das Sandwich zusammengehalten wurde, anschließend als Zahnstocher benutzen konnte. Er wollte nicht mit Hühnerfleischfasern zwischen den Zähnen mit den Leuten reden.
Sein Handy klingelte, als er den letzten Schluck Kaffee nahm. Noch mal Dixon. Sie war mit O’Donnell wieder im Motel. Am Empfang hatte eine wichtige Nachricht von Curtis Mauney für sie gelegen.
»Wir sollen in diese Einrichtung nördlich von Glendale kommen«, sagte Dixon. »Sofort.«
»In der wir wegen Oronzco waren?«
»Ja.«
»Weil sie Sanchez gefunden haben?«
»Das hat er nicht gesagt. Aber er hat uns nicht aufgefordert, wieder ins Leichenschauhaus zu kommen, Reacher. Er will sich im Krankenhaus gegenüber mit uns treffen. Geht’s also um Sanchez, lebt er noch.«
68
Dixon und O’Donnell brachen vom Motel Dunes auf, Reacher und Neagley von dem kleinen Hotel in
Weitere Kostenlose Bücher