Trouble - Ein Jack-Reacher-Roman
darum gemacht, uns Sitzplätze anzubieten. Ich habe Sie noch mal gefragt, und Sie haben Charlie aufgefordert, zum Spielen hinauszugehen. Nicht um ihm Ihre Antwort zu ersparen, sondern weil Sie die so gewonnene Zeit dafür genutzt haben, sich eine ausweichende Antwort zurechtzulegen.«
Angela starrte ihn quer durch den kleinen Raum an. »Brechen Sie mir jetzt den Arm? Calvin hat mir erzählt, dass er gesehen hat, wie Sie einem Mann beim Verhör den Arm gebrochen haben. Oder war das Dave O’Donnell?«
»Wahrscheinlich ich«, meinte Reacher. »O’Donnell war eher ein Beinbrecher.«
»Ich schwöre Ihnen, dass ich nichts verschweige«, sagte Angela. »Garantiert nichts. Ich weiß nicht, woran Calvin gearbeitet hat, und er hat’s mir nicht erzählt.«
Reacher erwiderte ihren Blick, sah tief in ihre verwirrten blauen Augen und glaubte ihr, zumindest ein bisschen. Sie verschwieg etwas, aber das hatte nicht unbedingt etwas mit Calvin Franz zu tun.
»Okay«, sagte er. »Entschuldigen Sie bitte.«
Neagley und er gingen kurze Zeit später – mit einer Wegbeschreibung zu Franz’ Büro in Culver City, nach weiteren kurzen Beileidsbekundungen und mit einem weiteren Druck ihrer kalten, zerbrechlich zarten Hand.
Der Mann namens Thomas Brant sah sie gehen. Er war zwanzig Meter von seinem Crown Victoria entfernt, der vierzig Meter westlich von Franz’ Haus geparkt stand. Er kam gerade mit einem Becher Kaffee aus der Bodega an der Ecke zurück. Er ging langsamer und beobachtete Reacher und Neagley von hinten, bis sie hundert Meter weiter um die nächste Ecke bogen. Dann nahm er einen Schluck Kaffee, rief seinen Boss Curtis Mauney einhändig per Kurzwahl an und hinterließ auf seinem Anrufbeantworter eine Meldung, die beschrieb, was er gesehen hatte.
Zur selben Zeit ging der Mann in dem dunkelblauen Anzug zu seinem dunkelblauen Chrysler zurück. Die Limousine parkte in der Zufahrt zwischen den beiden Gebäuden des Hotels Beverly Wilshire. Der Mann in dem Anzug war um die fünfzig Dollar ärmer, mit denen eine Angestellte an der Rezeption sich hatte bestechen lassen, und entsprechend reicher an Informationen, mit denen er jedoch nichts Rechtes anfangen konnte. Er rief seinen Boss mit dem Handy an und sagte: »Nach Auskunft des Hotels heißt der große Kerl Thomas Shannon, aber auf unserer Liste steht kein Thomas Shannon.«
Sein Boss sagte: »Ich denke, wir können davon ausgehen, dass unsere Liste richtig ist.«
»Das können wir wohl.«
»Deshalb glaub ich, dass Thomas Shannon ein falscher Name ist. Diese Kerle halten offenbar an alten Gewohnheiten fest. Wir bleiben also dran.«
Reacher wartete, bis sie um die Ecke gebogen waren und so Franz’ Straße verlassen hatten, bevor er sagte: »Hast du den beigen Crown Vic hinter uns gesehen?«
»Geparkt«, sagte Neagley. »Vierzig Meter westlich des Hauses, am Randstein gegenüber. Das Basismodell, Baujahr 2003.«
»Ich erinnere mich, denselben Wagen vor dem Denny’s gesehen zu haben, in dem wir waren.«
»Weißt du das bestimmt?«
»Nicht hundertprozentig.«
»Alte Crown Vics gibt’s massenhaft. Taxis, illegale Taxen, Billigmietwagen.«
»Vermutlich.«
»Außerdem saß niemand drin«, sagte Neagley. »Wegen leerer Autos brauchen wir uns keine Sorgen zu machen.«
»Vor dem Denny’s war er nicht leer, sondern mit einem Mann besetzt.«
»Wenn’s dasselbe Auto war.«
»Es war dasselbe Auto.«
Reacher blieb stehen.
Neagley fragte: »Willst du zurückgehen?«
Reacher überlegte kurz, dann schüttelte er den Kopf und setzte sich wieder in Bewegung.
»Nein«, sagte er. »Hat vermutlich nichts zu bedeuten.«
Auf dem Freeway 10 in Richtung Osten herrschte Stau. Da keiner von ihnen sich in L.A. so gut auskannte, dass sie Nebenstraßen hätten fahren können, legten sie die fünf Meilen auf dem Freeway nach Culver City langsamer als ein Fußgänger zurück. Sie erreichten die Stelle, wo der Venice Boulevard den La Cienega Boulevard kreuzte, und von dort aus war Angela Franz’ Wegbeschreibung gut genug, um sie geradewegs zum Büro ihres verstorbenen Mannes zu führen. Es befand sich in einem niedrigen, lang gestreckten gelben Ladengebäude, das an ein kleines Postamt angedockt war. Nicht gerade eine Hauptpost. Reacher wusste nicht, wie solche kleinen Postämter hießen. Unterpostamt? Filialpost? Poststelle? Neben ihr lagen eine Discount-Apotheke, dann ein Nagelstudio und eine chemische Reinigung. Dann kam Franz’ Büro. Hier hatte man die Glastür und das
Weitere Kostenlose Bücher