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Troubles (German Edition)

Troubles (German Edition)

Titel: Troubles (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Gordon Farrell
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anderer, noch triftigerer Grund war, dass Miss Porteous irgendwie zu der Überzeugung gelangt war, sie sei dort von einer Giftspinne gebissen worden. Der Major hatte ihr versichert, das sei unmöglich, aber kurioserweise entwickelte sich tatsächlich an dem Handgelenk, über das die fragliche Spinne spaziert war, eine dicke blaue Schwellung. Jedenfalls wäre keine der Damen auf die Idee gekommen, dort nach Einbruch der Dunkelheit noch einen Fuß hineinzusetzen – weswegen der Major auch nicht im Mindesten überrascht war, als er den Doktor dort fand, in einem Korbstuhl an der Glastür zum Salon. Das Licht, das durch diese Tür fiel, genügte dem Major, um zu sehen, dass der Doktor wach war. Er habe sich erkältet, erklärte er ihm, eine sehr schwere Erkältung, und er fürchte – fügte er finster hinzu, als er bei dem Arzt Zeichen der Ungeduld spürte –, dass sich noch etwas Schlimmeres daraus entwickeln werde.
    »So, eine Erkältung«, brummte der alte Mann griesgrämig. »Sicher, die bekommen wir alle mal … eine Erkältung ist nicht der Rede wert.«
    Dann sagte er noch etwas Wirres darüber, dass alles nicht mehr so sei wie früher … oder vielleicht dass die Menschen nicht mehr so waren wie früher, irgendetwas in dieser Art, vielleicht auch beides; man konnte es nicht recht verstehen.
    »Aber ich will doch nur wissen, welche Medizin ich nehmen soll«, jammerte der Major. Ihm war abwechselnd heiß und kalt, und jetzt hatte er das Gefühl, dass er jeden Moment am Fieber ersticken würde oder bei lebendigem Leib verbrannte, wenn ihn nicht einfach die quälende Krankheit der »abwesenden Sarah« zu Tode folterte, die ihn so plötzlich befallen hatte – ja, die Schmerzen des Selbstmitleids und der Sarahlosigkeit wuchsen immer noch weiter, während er dem mürrischen Murmeln des alten Mannes lauschte. Hemd und Unterwäsche klebten ihm feucht auf der Haut.
    »Dachte ich mir doch, dass Sie früher oder später ankommen«, sagte der Doktor verächtlich. »Das ist kein Land für Leute wie Sie … Sie müssen fort aus Irland, fort aus Kilnalough; ein britischer Gentleman wie Sie, für den ist das kein Land mehr. Machen Sie sich davon, nehmen Sie alles mit, bevor es zu spät ist!«
    »Aber ich habe doch nur wegen meiner Erkältung gefragt!«, protestierte der Major. »Wahrscheinlich sollte ich mich ins Bett legen, bevor es noch schlimmer wird.«
    »Ja, legen Sie sich ins Bett, legen Sie sich ins Bett, da gehören Sie hin«, brummte der Doktor. »Ihnen fehlt nicht das Geringste; es ist nichts als Selbstmitleid.«
    Der Doktor mochte ja ein prachtvoller alter Bursche sein, dachte der Major, aber manchmal ging er einem doch auf die Nerven.
    Dröhnend rief der große Gong zum Abendessen. Der Major schleppte sich wieder hinaus auf den Korridor. Padraig redete noch immer auf Miss Bagley ein, als die beiden ihm auf ihrem Weg zum Speisesaal begegneten. Ob sie … ob sie … ob sie wisse, was Héloise und Abélard widerfahren sei?, fragte er keck, na Abélard zumindest, denn in
der
Hinsicht könne Héloise nicht viel zustoßen. Aber er wolle ihr das lieber nicht erzählen, sonst verginge ihr noch der Appetit …
    Der Major beschloss, nicht mit hineinzugehen. Stattdessen setzte er sich benommen in einen Sessel im Salon, nicht gerade sein liebster Ort im Majestic, aber er fühlte sich zu schwach, um noch anderswohin zu gehen. Schlaf überwältigte ihn, und den Mund behielt er offen wie ein sterbender Fisch. Das letzte, was er wahrnahm, war Dr. Ryan, der vorüberschlurfte, vor sich hin brummend, den Stock in der knorrigen, fleckigen Hand.
    »Sollen sehen, dass sie hier rauskommen, die ganze verfluchte Bande«, murmelte er wohl, als seine Schuhe irgendwo hinter den geschlossenen Lidern des Majors vorbeischrammten – doch bevor er Zeit hatte, zu überlegen, was der Doktor damit sagen wollte, war der letzte Rest seines Verstandes schon in ein stilleres, schwärzeres Reich hinübergedämmert.
    M ESOPOTAMIEN
    Heftige Agitation am unteren Euphrat
    Die Lage am Euphrat zeigt eine gewisse Beruhigung in den aufständischen Gebieten, ist jedoch zunehmend angespannt in Distrikten, die sich bisher nicht im offenen Aufstand befinden. Am unteren Euphrat und in der Gegend des Hammar-Sees mehren sich Anzeichen der Agitation, wie sie derzeit bei den arabischen Muntafiq um sich greift. Die Stärke der Belagerungstruppen nimmt dem Vernehmen nach zu
.

    G EWALTAUSBRUCH IN B ALBRIGGAN
    Stadt teils durch Feuer zerstört
    Am Montagabend und

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