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Troubles (German Edition)

Troubles (German Edition)

Titel: Troubles (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Gordon Farrell
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behandelte, sie einsperrte, weil sie gelogen hatten, gerade als er selbst Lügen erzählte, sie gnadenlos tyrannisierte, wann immer ihm der Sinn danach stand. Aber nicht weniger Anstoß nahm er an Edwards Zeichen von Zärtlichkeit gegenüber just diesen Zwillingen, an der Milde und Selbstironie, die so wenig zu seiner ungestümen und arroganten Art passten. »Er ist schwach und sentimental«, dachte der Major in solchen Fällen. »Wie kann ich den Mann je gemocht haben?« Selbst Edwards Kleider, die makellos geschnittenen Anzüge und die Bügelfalten seiner Hosen, wurden zum Affront. »Finden Sie nicht, Edward sieht aus wie eine Schneiderpuppe?«, meinte er einmal zu Miss Archer, als Edward vorüberkam. Im Grund war das einzige, was er Edward positiv anrechnete, die Tatsache, dass er ihn, den Major, offensichtlich mochte. »Er kann nicht anders; er muss mich bewundern, weil ich getan habe, was sein Sohn, dieser Versager, hätte tun sollen. Ein Witz ist das!«
    Vielleicht war es unvermeidlich, dass es früher oder später zwischen dem Major und Edward zum Streit kam.
    »Die Schwarzbraunen, die Balbriggan verwüstet haben, sollten bestraft werden«, sagte der Major an einem Tag, an dem er Sarah und Edward gesehen hatte, wie sie draußen vor den Fenstern des Speisesaals spazierengegangen waren. Überrascht und verärgert starrte Edward ihn an – offenbar war er nie auf den Gedanken gekommen, der Major könne die Strafmaßnahmen nicht gutheißen.
    »Oder finden Sie, es sollte ein eigenes Gesetz für sie geben und ein anderes für die anderen?«, setzte der Major noch hinzu.
    »Aber Brendan, ein Mann wurde kaltblütig ermordet.«
    »Das ist noch lange kein Grund für solche Verwüstungen.«
    »Es hat einen Mord gegeben. Diesen Menschen muss man eine Lektion erteilen.«
    »Da bin ich ganz Ihrer Meinung; erteilen Sie den Schuldigen eine Lektion. Und lassen Sie die Unschuldigen in Frieden.«
    »Ach, die sind doch einer wie der andere. Die lachen sich ins Fäustchen, wenn einer von uns ins Gras beißt.«
    »Das ist nicht ungesetzlich. Anderer Leute Häuser anstecken schon.«
    »Aber wie soll die Polizei denn herausbekommen, wer schuldig ist und wer nicht, wenn sie alle unter einer Decke stecken?«, rief Edward. Er verlor die Geduld. »Verflucht nochmal, seien Sie doch vernünftig, Mann!«
    »Wenn sie den Schuldigen nicht kennen, sollten sie es herausfinden, statt sich wie die Berserker aufzuführen und Leute willkürlich zu drangsalieren, wie sie es in Balbriggan getan haben.«
    »Ich will davon nichts mehr hören. Wenn Ihnen der arme Bursche, den sie umgebracht haben, nur weil er seine Pflicht getan hat, gleichgültig ist –
mir
nicht!« Und damit stapfte Edward davon, ballte wütend die Fäuste und öffnete sie wieder. Nach ein paar Schritten blieb er stehen, drehte sich um und rief: »Sind Sie eigentlich noch loyal, Major, oder was ist das?« Dann ging er und wartete nicht auf eine Antwort.
    Murmelnd entschuldigte sich Edward später am Tag für diese letzte Frage, und der Major, der sich schämte, murmelte betreten, das sei schon in Ordnung, er nehme es nicht persönlich. Später fragte der Major sich, wieso er sich denn schämen sollte. Schließlich war alles, was er zu Edward gesagt hatte, seine feste Überzeugung.
    »Wenn die königlich-irische Polizei sich jetzt genauso aufführt wie die Shinner«, meinte er zu Miss Archer, »wird bald das ganze Land im Chaos versinken. Dann heißt es: Rette sich wer kann.«
    Wiederum später kam ihm von Neuem das schmerzliche Bild von Edward und Sarah, wie sie auf der Terrasse spazierengingen, in den Sinn.
    »Sie ist katholisch, und er ist alt genug, um ihr Vater zu sein«, sagte er sich, und es klang bitter.
    »Das ist kein Ort für einen jungen Mann, unter so vielen alten Frauen«, meinte Miss Archer lächelnd zum Major.
    »Na, vielleicht gehe ich ja doch noch nach Italien … Florenz vielleicht oder Neapel. Aber wie ich höre, werden Auslandsreisen immer schwieriger. Die ganzen Papiere, die man braucht … nicht wie vor dem Krieg, als eine Fahrkarte genügte. Aber Sie haben ganz recht, Sybil. Ich muss mich entscheiden.«
    Und tatsächlich spielte der Major ernsthaft mit dem Gedanken, Kilnalough zu verlassen. Jetzt, wo das Verhältnis zwischen ihm und Edward angespannt war, gab es weniger Grund zu bleiben denn je. Er konnte überall auf der Welt leben. Er hatte nirgendwo mehr Verbindungen, weder in London noch anderswo. Aber genau das war eben das Problem. In all der

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