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Troubles (German Edition)

Troubles (German Edition)

Titel: Troubles (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Gordon Farrell
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saß bitter und katzenlos auf ihrem Stuhl am Kamin.
    »Möchten Sie noch etwas Tee, Mrs. Rappapport?«, fragte der Major, der Mitleid mit ihr hatte. Aber sie schüttelte nur den Kopf. Sie ließ die Mundwinkel hängen, und es sah aus, als werde sie jeden Moment anfangen zu weinen.
    Als das Interesse an Miss Staveley nachließ, erinnerte man sich wieder an den Kater, der das ganze Chaos ausgelöst hatte. Er lag immer noch am Boden vor der Wand. Das Maul war halb geöffnet, und durch die gefährlich spitzen Zähne sickerte ein wenig Blut auf den Parkettfußboden. Der ältere Murphy wurde aufgefordert, das Tier zu entfernen, aber er weigerte sich und sagte, er traue sich nicht, es anzurühren. Edward verzog das Gesicht, aber er verlor keine Zeit mit Diskussionen. Einen Augenblick lang herrschte atemlose Spannung, als er die Katze mit der Schuhspitze umdrehte, so als ob alle damit rechneten, dass sie jäh wieder zum Leben erwachen und ihn in Stücke reißen würde. Aber das Tier war eindeutig tot.
    »Mr. Evans, wären Sie bitte so gut?« Der Hauslehrer blickte von seinen Karten auf. Er zögerte einen Moment lang mit starrer Miene, dann erhob er sich wortlos, packte die Katze an ihrem rotgeringelten Schwanz und verließ den Raum.
    »Manche von diesen B-burschen entwickeln wirklich b-beängstigende Kräfte«, sagte Mr. Norton zum Major, der nicht sicher war, ob er den Hauslehrer oder den Kater meinte.
    Als Evans zurückkam, schlug Edward vor, man solle den Nachmittag nicht auf einer so düsteren Note enden lassen; stattdessen sollten sich alle setzen und noch ein wenig weiterspielen, sofern ihnen danach zumute sei, und versuchen, den unseligen Zwischenfall zu vergessen. Und tatsächlich dauerte es nicht lange, bis die Spieler, wenn auch in gedämpftem Ton, wieder über andere Dinge plauderten. Die Wolke aus Angst und Gewalt löste sich langsam auf.
    Edward legte Holz und Torf nach, dann setzte er sich wieder und meinte munter: »Also dann, wer war an der Reihe und worüber haben wir gesprochen?«
    »Sie sind dran. Mrs. Rice hatte sich gerade nach ihrem Besuch bei Ripon erkundigt, gestern in Dublin.«
    »Ah ja«, sagte Edward, und wieder kam ein gequälter Ausdruck auf seine Stirn. Doch bevor er etwas antworten konnte, rief Sarah: »Oh, wir hatten großen Spaß, Mrs. Rice, und Ripon geht es prächtig. Wussten Sie eigentlich, dass er eine Freundin von mir geheiratet hat, Máire Noonan aus Kilnalough? So ein liebes Mädchen …«, und redete dann über Máire, doch Mrs. Rice, die überlegte, ob ihr eine Karte fehlte (wie viele hatten die anderen?), hörte kaum noch zu. Und der Major senkte seinen eifersüchtigen Blick zu dem Blatt, das er in seiner Hand aufgefächert hatte, und sprach nicht mehr. Er dachte: »Dieser Abend mit mir in London hat ihr offenbar nicht das Geringste bedeutet.«
    Einige der Gäste, darunter Dr. Ryan, sein Enkel sowie Sarah, waren noch zum Abendessen eingeladen. Zu Beginn des Nachmittags war Padraig noch vorsichtig und verschlossen gewesen, hatte sich jedoch entspannt, als er hörte, dass die Zwillinge eingesperrt waren, und binnen Kurzem war er gesprächig, ja geschwätzig geworden. Wie für den Major hatten die alten Damen offenbar auch für ihn eine Schwäche. Der Major, der sich nach dem Doktor umsah (die Erkältung wurde immer schlimmer, und er fürchtete, es könne eine Lungenentzündung werden), hörte, wie der Junge Miss Bagley in allen Einzelheiten das Martyrium des heiligen Sebastian beschrieb. Miss Bagley murmelte in gewissen Abständen »Meine Güte!«, ehrlich entsetzt.
    Der Doktor war verschwunden, wie es häufiger geschah, wenn der Zeitpunkt gekommen schien, zu dem die Damen mit ihm über ihre Gesundheitssorgen reden wollten. Aber er war so alt und kraftlos, da konnte der Major sich darauf verlassen, dass er ihn ohne große Schwierigkeiten finden würde – und so war es auch. Er entdeckte ihn im Palmenhaus, wo dieser Tage aus einer Reihe von Gründen nur noch selten jemand hinging: zum einen natürlich nach wie vor, weil die Pflanzen weiter wucherten und Stühle und Tische fast ganz zwischen ihnen verschwunden waren; zum zweiten wegen des Lichtmangels, denn es gab dort keine Gaslampen, und der »Do More«-Generator stand nun schon seit Monaten still – es waren natürlich Öllampen da, aber ihr Licht gab dem Ort etwas so Gespenstisches und Angsteinflößendes (all die seltsamen Formen und Schatten, die außerhalb des Lichtkegels lauerten), dass man sie besser gar nicht anzündete. Ein

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