Troubles (German Edition)
keine Ahnung, womit er sich diese Leidenschaft verdient hatte; damals, kurz nach der Schule, war er ein entsetzlich eingebildeter Kerl gewesen. Na, vielleicht war es ja gerade das was die Frauen mochten. Unerträgliche junge Schnösel, die tun, als seien sie Gottweißwer. »Aber ich sollte nicht bitter sein. Und der entsetzlich eingebildete Kerl, das war
ich
! Da ist es doch etwas anderes.« Na! Aber Frauen mochten auch Männer, die ganz anders waren. Wieder tauchte das Bild Edwards vor seinem geistigen Auge auf. »Bei Männern«, resümierte er finster, »haben Frauen einfach keinen Geschmack.«
Auf der Stelle setzte der Major sich hin und schraubte die Kappe von seinem Füllfederhalter ab, noch ganz mit dem Gedanken beschäftigt, wie seltsam es doch war, dass während all der Zeit ein Mädchen, das in seiner Erinnerung nach wie vor nichts weiter als jemandes Schwester war, ihn gern gehabt hatte und ihm jetzt nach so vielen Jahren in einem Brief schrieb, sie hoffe, es mache ihm nichts aus, wenn sie heirate.
Er schrieb ihr sofort zurück.
Natürlich
mache es ihm etwas aus, schrieb er (schließlich konnte er nicht sagen, dass es ihm vollkommen egal war), aber trotzdem hoffe er, dass sie sehr glücklich werde. Ja, schrieb er – allmählich kam er in Fahrt –, ja er knirsche vor Verzweiflung mit den Zähnen, aber er habe es ja nun wirklich verdient, dass sie ihre Gunst nicht ihm, sondern einem anderen gewähre, und gewiss einem besseren Mann. Es geschehe ihm recht – schrieb er und spürte eine Welle des Mitgefühls mit diesem anderen Menschen, der genau wie er hilflos durch das Minenfeld irrte –, dass sie einen anderen auserwählt habe und ihn für alle Zeiten draußen in der kalten, klammen Finsternis lasse. Und selbstverständlich werde er die Erinnerung an die guten Zeiten, die sie gemeinsam erlebt hatten, stets in seinem Herzen bewahren. Er verbleibe ihr ergebener Lieutenant Brendan Archer.
Er verschloss den Brief und gab ihn auf. Anschließend ließ er sich im großen Salon nieder, wo er wartete und Ausschau nach Sarah hielt und sich düster fragte, wie jemand, der sich im einen Augenblick noch wie ein Tyrann gefühlt hatte, im nächsten zum Sklaven werden konnte. Außerdem kamen ihm gewisse Bedenken. War sein Brief nicht doch zu forsch und freundlich gewesen?
»Lieber Himmel, wenn sie das als Gegenantrag auffasst – sie sagt kurzerhand die Hochzeit ab und kommt her, um mich zu holen!« Er überlegte, ob er nicht rasch einen weiteren Brief auf den Weg bringen sollte, der den ersten widerrief. Aber nein, das konnte er nicht machen. Doch zum Glück vergingen die Tage ohne eine Antwort, und bald konnte er sicher sein, dass er für seinen leichtsinnigen Überschwang nicht zur Rechenschaft gezogen würde.
»Sobald sich eine günstige Gelegenheit ergibt, mache ich Sarah einen Antrag, und dann muss sich die Sache so oder so entscheiden.« Aber all seine Bemühungen, das Gespräch in diese Richtung zu lenken, blieben erfolglos. Es war, als könne Sarah das Wort »Heirat« selbst in einem noch so theoretischen und allgemeinen Zusammenhang nicht hören, ohne sofort in eine ihrer grausamen Launen zu verfallen. Natürlich war der Major unglücklich deswegen, aber er hielt dennoch an seinem Vorhaben fest und sagte sich, dass alles nur auf die richtige Stimmung ankam.
Eines Nachmittags, als sie im Schutze einer Ziersäule im Salon auf dem Sofa saßen, war er kurz davor, das Thema anzuschneiden. Sie waren so weit wie nur irgend möglich von den kartenspielenden Damen am Kamin entfernt. Nach einer heftigen Auseinandersetzung am Vortag (ausgelöst durch einige Bemerkungen des Majors über islamische Hochzeitsbräuche) hatte Sarah sich ungewöhnlich freundlich und rücksichtsvoll gezeigt. Eine Zeitlang hatten sie in zufriedenem Schweigen beieinandergesessen, Sarah hatte wie beiläufig ihre Hand in die seine geschoben, nichts weiter; sie wirkte ziemlich schläfrig. Eine bessere Gelegenheit würde sich kaum ergeben, also räusperte sich der Major.
»Nun, also …«, hob er an (er hatte sich den Text schon seit Tagen zurechtgelegt und konnte ihn auswendig). Doch genau in diesem Augenblick tauchte eine blaugeäderte, knochige Hand mit funkelnden Diamantringen aus einem Lorbeerbusch (ein Flüchtling aus dem benachbarten Palmenhaus, den man auf Edwards Anweisung in den Salon geschafft hatte, damit er »Luft zum Atmen« hatte). Die Hand stieß ziemlich unsanft gegen die Säule, dann befühlte sie sie. Wenig später stand die
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