Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Troubles (German Edition)

Troubles (German Edition)

Titel: Troubles (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Gordon Farrell
Vom Netzwerk:
so ist noch eine Menge Stuck von der Decke runtergekommen …« Er wies in eine Ecke, wo der Major etwas wie eine Schneewehe im Schatten schimmern sah. »Hier müsste mal wieder gründlich saubergemacht werden.« Er räusperte sich, dann erhob er sich, denn ein Tropfen von einer neuen undichten Stelle im Dach schimmerte im Licht des Schreibtisches und landete auf dem weißen Bauch des Frosches, der neben dem Tintenfass lag. Er nahm eines der Gläser vom Boden, schob damit den Frosch beiseite und stellte es an dessen Stelle, und dann setzte er sich wieder.
    »Jedenfalls habe ich die Waffe abgelegt und ihn alles, was er an Speichel produzieren konnte, in das Messglas spucken lassen. Können Sie sich vorstellen, dass es nur vier Kubikzentimeter waren? Unglaublich ist das! Hier, schauen Sie es sich an. Vielleicht ist es jetzt ein bisschen mehr; ich fürchte, es sind ein paar Regentropfen reingekommen, bevor ich merkte, was geschah.«
    Der Major betrachtete zweifelnd den weißen Schaum in dem Messglas.
    »Ich skizziere gerade einen Aufsatz für die Royal Society. Vielleicht wollen Sie ihn lesen, bevor ich ihn abschicke.«
    »Ja, das würde ich gern«, sagte der Major.
    Über ihnen, wo es an der Hülle der schwarzen Luftblase, in der sie saßen, rauschte und gurgelte, wurde der Regen immer heftiger. Nach einer Weile sagte Edward: »Ich wollte immer einen Beitrag leisten, egal wie klein.«
    Der Major schwieg. Gemeinsam lauschten sie dem gleichmäßig musikalischen Plitschen in den Marmeladengläsern ringsum.
    Neunzehnhunderteinundzwanzig. Der Regen fiel praktisch ohne Unterbrechung bis ins neue Jahr. Inzwischen waren die meisten Weihnachtsgäste wieder abgereist, sichtlich unzufrieden mit ihrem Aufenthalt. Aber wenn sie gewusst hätten (dachte der Major), um wie viel schlimmer es leicht hätte kommen können! Er selbst war mittlerweile so abgehärtet, dass er gar nicht mehr verstehen konnte, warum sich jemand über kalte Zimmer oder kaltes Essen beschwerte, über schmutzige Handtücher oder klamme Bettlaken. Und er musste immer noch an das Schicksal denken, dem der Hund Foch nur knapp entgangen war. Verglichen mit dem Tod als solchem sind all diese Dinge doch bedeutungslos.
    Obwohl das Wetter anhaltend schlecht war, wich Edward nicht aus dem Ballsaal. Der Major schaute ein- oder zweimal vorbei und sah ihn dort sitzen, wie er in aller Ruhe unter einem Regenschirm eine Kröte sezierte. Die Zahl der Marmeladengläser hatte ringsum zugenommen, und wenn man aufmerksam lauschte, hörte man jetzt durch das Trommeln des Regens auf dem Dach eine ganze Tropfensymphonie. Was die Kröte anging, die erinnerte den Major nur zu grässlich an Dinge, die er noch immer in seinen Albträumen sah – ja auch wenn es noch so sehr wie eine Kröte aussah, hätte es doch auch Erdbeermarmelade aus einem der Gläser sein können, was Edward da auf seine Marmorplatte strich. Was die alten Damen anging, denen blieb nun nichts anderes übrig, als die Zähne zusammenzubeißen und zu sehen, dass sie so gut wie möglich die grässlichen Wochen zwischen Weihnachten und Ostern überstanden, sie mussten sehen, dass sie irgendwie den Kopf über Wasser behielten, bis die Bäume wieder grün wurden. Was Padraig anging, der ließ sich ein paar Tage lang nicht mehr blicken. Zwar war Dermot mitsamt seinen Boxhandschuhen nun wieder in die Schule zurückgekehrt, doch Matthews und Mortimer, die beiden jungen Männer von den Hilfstruppen, erzählten, dass sie einen anderen Sparringpartner für ihn gefunden hätten, einen Bauernburschen aus der Gegend – der zwar erst zwölf Jahre alt sei, sich aber dem Vernehmen nach schon zweimal am Tag rasieren müsse. Und was den Major selbst anging, den erfüllte der Anfang eines neuen Jahres mit jugendlichem Optimismus, so wenig Grund es dazu auch gab. Vielleicht würde neunzehnhunderteinundzwanzig das Jahr seiner Hochzeit (mit Sarah natürlich, denn die Ehe mit einer anderen war undenkbar für ihn) – doch selbst wenn nicht (und er konnte ja nicht ganz die unangenehme Tatsache leugnen, dass er im Augenblick nicht einmal wusste, wo sie überhaupt war), selbst wenn nicht, dann war es doch immerhin ein neues Jahr.
Etwas
Neues würde mit Sicherheit geschehen.
    Außerdem war jedes neue Jahr ein Geschenk, von dem der Major irgendwie das Gefühl hatte, dass er es nicht verdiente. Auch wenn die
Weekly Irish Times
nun keine verwaschenen Fotos von Toten mehr auf der Titelseite druckte – die letzten hatten sich inzwischen entschieden,

Weitere Kostenlose Bücher