Troubles (German Edition)
ihn so gequält hatte: Es war einfach nur das Orchester, das im weit entfernten Ballsaal seine Instrumente stimmte. Jetzt, da sie im Einklang waren, oder doch so nahe daran, wie es ihnen gelang, hatten sie endlich zu spielen begonnen, und die Klänge eines munteren Walzers wehten angenehm herüber ins Foyer. Bei diesen Tönen hellten sich die Mienen von einigen Gästen, denen zwar eigens dafür angestellte Lakaien Tabletts mit Champagner präsentiert hatten, die aber verdrießlicher als erhofft im Foyer stehengeblieben waren, nun doch ein klein wenig auf, so als sagten sie sich, dass ein Abend, von dem sie das Schlimmste erwartet hatten, vielleicht doch gar nicht ganz so schlecht würde. Nun kam Bewegung in die Schar, alles wogte nach drinnen, fort von diesem freundlichen Vorzimmer des milden Frühlingsabends.
Doch der Major bekam auch weiterhin die Hand geschüttelt. »Es ist schon eine Reihe prachtvoller Leute hier. Vielleicht wird es ja alles noch.« Dann überlegte er: »Warum sehen Leute von anderswo immer soviel besser aus als Leute aus Irland?« Er betrachtete die imposante Erscheinung von Mr. Robert Cumming, einem Besucher aus North-Carolina, der sich mit Mr. Russell McCormmach und der schönen Miss Bond aus Schottland unterhielt. »Wie höflich und kultiviert sie sind! (Die Iren sehen im Vergleich wie Ochsen aus.) Mit welcher Selbstverständlichkeit sie ihre Abendgarderobe tragen! Was wird aus all diesen prachtvollen Menschen?«, fragte er sich und betrachtete versonnen Miss Bonds hübsches Gesicht, ihre klaren Augen und ihr bezauberndes Lächeln, die fröhliche und charmante Mrs. Margaret Dobbs, die gerade zur Tür hereingekommen war, die jungen Gesichter, wie sie vorüberwirbelten. »Was wird aus solchen Leuten? Sie werden nie alt, das steht fest. Sie verschwinden einfach eines Tages. Von Zauberhand wird etwas anderes aus ihnen, etwas vollkommen anderes. Im einen Augenblick ist sie ein hübsches junges Mädchen, im nächsten ein neues Wesen, so wie ein Frosch anders ist als die Kaulquappe, die er einmal war. Was wird aus uns allen?«, überlegte er (und schloss sich selbst mit ein, denn er wusste ja, dass er als stattlicher Mann galt). Und diese unbeantwortete Frage versetzte ihn in eine melancholische Stimmung, die er durchaus genoss – schließlich betraf es einen ja nicht sofort. (Eines Tages werden wir verschwinden. Aber wie schön wir jetzt gerade alle sind!)
Ripon und Gattin trafen ein, Edward begrüßte sie so förmlich, als kenne er sie kaum, und der Major kam zu dem Schluss, dass sein Optimismus, was den Erfolg von Edwards Abendgesellschaft anging, vielleicht voreilig gewesen war. Sicher, die jungen Leute waren wunderbar, aber es gab
so wenige davon!
Und junge Leute, das wusste der Major aus Erfahrung, waren absolut entscheidend für den Erfolg eines Balls.
Das war allerdings der Augenblick, in dem ein ganzes Kontingent gutaussehender junger Männer eintraf. Diejenigen unter den älteren Gästen, die noch in der Hotelhalle standen, drehten sich nach diesen Neuankömmlingen um, und wieder hellten ihre Mienen sich ein klein wenig auf. Wo Jugend zugegen ist, überlegte der Major, steigt oft auch (selbst wenn sie es nie zugeben würden) die Stimmung der Älteren. Seine eigene Stimmung stieg allerdings nicht, auch wenn seine rechte Hand froh war, dass sie sich ausruhen konnte. Ein kurzes Kopfnicken genügte als Begrüßung für diese jungen Männer. Edward hatte ungefähr zwei Dutzend von den ehemaligen Offizieren, die jetzt in den Hilfstruppen dienten, eingeladen, denn der Mangel an jungen Männern, an dem ganz Europa litt, machte sich auch hier in Irland bemerkbar (wo ja zumindest die herrschende Klasse die Einberufung, die nie kam, nicht abgewartet hatte). Die Folge war: man musste sich mit den jungen Männern abfinden, die überlebt hatten, ganz gleich, zu welcher Güteklasse sie gehören mochten.
»Du siehst bezaubernd aus, meine Liebe.«
Charity zupfte ihn am Ärmel. Sie und Faith steckten beide in stattlichen weißen Reifröcken. Die Kleider waren zu altmodisch selbst für Angelas Garderobe und stammten aus einer alten Truhe, dem zurückgelassenen Gepäckstück eines Gasts aus vergangenen Zeiten, das die beiden unter Freudenschreien entdeckt hatten. All die Verkleidungsspiele mit Padraig hatten den Mädchen die Augen dafür geöffnet, was sich mit Kleidung alles machen ließ; statt zu schmollen, dass sie etwas Altes anziehen sollten, hatten sie sich mit Nadel und Faden an die Arbeit
Weitere Kostenlose Bücher