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Troubles (German Edition)

Troubles (German Edition)

Titel: Troubles (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Gordon Farrell
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der Venus im Spiel von Licht und Schatten einen verschmitzten Ausdruck angenommen. Was hatten sie für eine Mühe mit ihr gehabt, dachte der Major, bis sie wieder in der sanften Reinheit weißen Marmors strahlte; der Staub, der sich Jahr um Jahr wie schwarzes Haar auf Kopf und Nacken, auf Schultern und wogende Brüste gesetzt hatte, hatte auch vor den Falten der spärlichen Marmorkleidung nicht Halt gemacht, die sie eher entblößte als verhüllte. Mit dem Staubwedel war da nichts zu machen gewesen! Doch er und Edward, fanatisch wie sie waren, hatten darauf bestanden, dass sie weiß wie Schnee sein müsse; da kam kein Kompromiss in Frage. So hatten sie Séan Murphy kommen lassen, und zu dritt, mit weit aufgerissenen Augen und hervorquellenden Adern, die Statue von ihrem Sockel gehoben, waren mit ihr zur Tür hinausgewankt, um das Haus herum, hinunter zur Küche und in die Waschküche, wo die Dienstmädchen schon mit Scheuerbürsten und dampfender Seifenlauge bereitstanden. Sie hatten sich an die Arbeit gemacht, waren rot geworden und hatten gekichert und mit Séan Murphy geschäkert, als täten sie etwas Unanständiges. Dann, gespült und getrocknet und in saubere Tücher gewickelt, hatten die Männer sie wieder zurückgetragen und neu aufgestellt.
    Was war dieser Frühjahrsputz ein Spaß gewesen! Der Major lächelte beim Gedanken daran. Doch als sein Blick über das schimmernde schwarz-weiße Schachbrett der Fliesen wanderte, schwand dieses Lächeln – denn dort saß auf einer weißen Fliese mitten im Raum eine fette graue Ratte. Sofort als der Major sich regte, huschte sie unter eins der Sofas und war verschwunden. Mit gerunzelter Stirn begab sich der Major auf den Weg zum Ballsaal. Das hatten sie nicht bedacht, als sie nach oben gezogen waren und den Katzen den Garaus gemacht hatten. Die hatten ja nicht von Luft gelebt! Graue Nahrung war in stetem Strom ins Haus gekommen: Ratten aus dem Keller und vom Teich, Mäuse von den Feldern und aus der Scheune. Eine Katze, selbst eine wilde, geht immer als Haustier durch. Aber keine Ratte. Zum Glück war ja immer noch eine recht große und hungrige Population oben verblieben. Vielleicht hielten die Ratten sich verborgen, bis die Gäste gegangen waren.
    Das Orchester spielte einen Foxtrott. Je näher der Major dem Ballsaal kam, desto lauter erklangen die munteren Töne von »Dreamland Lover«, mischten sich mit Stimmengewirr und Gelächter, und die Tänzer bewegten sich über den Parkettboden wie über einen zugefrorenen Teich. Und sie amüsierten sich ganz gewiss! Wieder erlaubte er sich einen Hauch Optimismus, was den Erfolg des Abends anging.
    In der Tür blieb er zögernd stehen. Er hatte Sarah gesehen, und auch wenn sein Verstand weiterhin in aller Ruhe die verschiedensten Dinge wahrnahm, spürte er doch in Hals und Brust, wie sein Herz schneller schlug. Heute Abend würde er ihr seinen Antrag machen!
    Der Ballsaal war mit Blumenkästen voller Veilchen geschmückt, die ihren süßen Duft dem Geruch von Kölnisch Wasser und Parfüm beimischten, der hinter den zarten Ohren der Damen aufstieg, und dem kräftigeren Aroma des Tabakrauchs von den Lippen und schweren Schnurrbärten ihrer Begleiter. Sarah saß neben einem solchen Veilchenarrangement, ihr Gesicht teils von Farnwedeln verdeckt. Hinter ihrem Stuhl, mit der Hand über dem Herzen, als posiere er für eine Fotografie, stand Captain Bolton und betrachtete die Tänzer (von denen es anscheinend nicht allzu viele gab). Aber es war Boltons andere Hand, die dem Major auffiel; die Handfläche ruhte auf Sarahs Stuhllehne, doch die Finger lagen nonchalant auf ihrer Schulter. Der Major sah, wie er sich vorbeugte, um etwas zu ihr zu sagen, und dabei leicht mit Finger und Daumen um ihren nackten Oberarm fuhr. Einen Moment lang wurde der Finger weiß, doch Sarah blickte nur ungerührt vor sich hin. Ihr Ausdruck war streng und verschlossen. Man hätte denken können, sie merke gar nicht, dass Bolton hinter ihr stand.
    Der Major hatte schon einige Schritte in ihre Richtung gemacht, doch nun überlegte er es sich anders. Er hatte noch viel vor sich; im Übermut hatte er einer ganzen Reihe der alten Damen einen Tanz versprochen. Er begann mit der bebenden, doch leichtfüßigen Miss Porteous, als nächstes kam ein Walzer mit der schwerfälligeren Miss Johnston, die immer wieder Anstalten machte zu führen, dann folgte eine konfuse Mrs. Rice.
    Edward wanderte von einem Grüppchen seiner Gäste zum anderen, machte launige, wenn auch

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