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Troubles (German Edition)

Troubles (German Edition)

Titel: Troubles (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Gordon Farrell
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brauchte all ihre Kraft, um sie noch einen Millimeter oder zwei offenzuhalten, damit sie sah, was um sie herum geschah. Ohne Hilfe wäre sie niemals die Treppe hinaufgekommen, doch zum Glück hing sie mit der linken Achsel auf Matthews’ Schulter, sein kraftvoller Arm hielt sie am Rücken, und eine Hand wie eine Stahlklaue packte sie am unteren Ende des Brustkorbs wie an einem Koffergriff (das tat weh, das wusste sie, aber irgendwie spürte sie es nicht) … »So ritterlich von ihm, dass er mir den Arm reicht«, dachte sie nur.
    »He! Alles in Ordnung, Catty?«, fragte Faiths grinsendes Gesicht, das ein paar Zollbreit vor ihrem eigenen aus dem grauen Nebel der Schläfrigkeit auftauchte.
    »Klar ist alles in Ordnung!« sagte sie verärgert – oder hätte es gesagt, wenn sie nicht zu sehr mit dem Gewicht ihrer Augenlider beschäftigt gewesen wäre.
    »Klar ist alles in Ordnung!«, sagte Matthews an ihrer Stelle, wenn auch ein wenig zu vehement. »Die hat sich noch nie besser gefühlt.« Aber zugleich hatte er doch immer mehr das Gefühl, dass er auf die Falsche gesetzt hatte. Die hier war
zu
betrunken – entweder das oder nicht betrunken genug. Zum Glück hielt er mit der linken Hand, während die rechte, die Finger tief in das zarte, elastische Fleisch ihrer Taille gegraben, Charity am Brustkorb aufrecht hielt, den Hals einer Flasche mit eiskaltem Champagner, die er noch rasch aus einem Kühler mitgenommen hatte, für den Fall, dass weitere Betäubungsmittel erforderlich waren. Aber was war denn mit dem Trottel Mortimer? Zeigte der etwa die weiße Fahne, obwohl er vorher so groß getönt hatte? In dem Falle …
    Immerhin waren sie inzwischen im zweiten Stock angekommen, und Faith hatte zwei nebeneinanderliegende Zimmer ausgesucht, von denen sie wusste, dass sie unbewohnt waren. Die beiden jungen Männer kamen, nachdem sie in jedem davon einen Zwilling abgelegt hatten, noch einmal zu einer hastigen Lagebesprechung auf den Flur, wobei Matthews vorschlug, er und Mortimer sollten tauschen … »Ich glaube, die da drüben hätte sowieso lieber dich.«
    Doch Mortimer verstand das als Angriff auf seine Ehre und wies den Vorschlag recht kühl zurück, auch wenn er wusste (und wusste, dass Matthews es wusste), dass er mit Freuden auf diesen Vorschlag eingegangen wäre, wäre es keine Frage der Ehre gewesen.
    »Aber du wirst doch kein Grobian sein, oder, Matthews? Ich meine nur – deine ist doch vollkommen weggetreten.«
    »Das täuscht. Eben war schon zu spüren, wie es ihr gefällt.«
    Mit diesen unschönen Worten trennten Matthews und Mortimer sich, ersterer fest entschlossen, ein Grobian zu sein, wenn es sich nur irgend einrichten ließ, letzterer, sich nicht unterkriegen zu lassen (oder wenigstens nicht wieder zu kotzen, so wie beim letzten Mal). Matthews kehrte in das Zimmer zurück, wo Charity fest eingeschlafen war, betrachtete mit Kennerblick ihren reglosen Leib und sah sofort, dass er keine Zeit verlieren durfte.
    Es ist gar nicht so einfach, eine Ohnmächtige auszuziehen, und Charitys Kleidung bestand aus einer Menge von Schichten. Zum Glück war Matthews versiert und erfahren im Entfernen von Damengarderobe, sonst wäre er vielleicht entmutigt gewesen und hätte die ganze Sache aufgegeben, und das bei einer Gelegenheit, die der Himmel ihm schickte. Außerdem wusste er, dass er ein Könner war, und war stolz auf sein Geschick. Diesmal war es allerdings eine Herausforderung, denn Kleider, wie Charity sie trug, hatte er noch nie gesehen: Reifrock und Unterrock und merkwürdige Pluderhosen, mit allen erdenklichen Haken und Bändern und Verschnürungen und Sicherheitsnadeln an Orten, wo man sie nie vermutet hätte. Er zündete die Öllampe an, zog sein Jackett aus und vergewisserte sich erst einmal, dass alles, was vorhanden sein sollte, auch vorhanden war – und es war (denn selbst Mädchen, die schön sind wie Engel, sind nach den selben Grundsätzen gebaut wie ihre eher irdischen Schwestern). Dann rieb er sich die kalten Finger und machte sich an die Arbeit, und seine Augen leuchteten vor Konzentration.
    Er rollte Charity auf den Bauch, damit er die Haken und Ösen, die sich ihren Rücken hinunterzogen, einen nach dem anderen lösen konnte … doch dann blieb irgendetwas auf der Vorderseite hängen, also musste er sie wieder auf den Rücken rollen; dann wieder auf den Bauch, damit er an einem halben Dutzend weißer Bänder die Altweiberknoten lösen konnte. Als nächstes musste er ihr den Unterarm unter den Bauch

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