Troubles (German Edition)
Windstoß durch die offenen Terrassentüren, ließ Vorhänge und Tischtücher wehen, brachte die langen Reihen der Kerzenflammen zum Flackern, sodass sie schwächer schienen, ließ einen Schneesturm aus weißen Blütenblättern von einer verwelkten Blume aufstieben, die bei einer vergessenen Damenhandtasche lag. Und dann lachten sie alle, brüllten und krümmten sich vor Lachen, trollten sich heiter und unbekümmert in Richtung der Türen und verschwanden draußen im Dunkel.
Edward blieb stehen. Er ließ die Schultern hängen und sah elend aus. Ein oder zwei Minuten vergingen, dann überquerte der Major die Tanzfläche und warf einen Blick über die Terrasse, um sich zu vergewissern, dass sie fort waren. Er sah nur etwas kurz im Dunkel aufblitzen, und eine Weinflasche, geworfen von der Terrasse eine Etage tiefer, hing einen Moment lang in der Luft und stürzte dann in Richtung Glasdach. Sie durchschlug das Dach in einem gläsernen Funkenregen und zerplatzte am Boden in tausend Stücke. Edward, Sarah und der Major warteten reglos. Gleich darauf kam vom Dach ein zweiter ohrenbetäubender Knall und ein weiterer Glasregen, doch diesmal landete die Flasche heil auf den Kissen eines leeren Sofas. Und das war das Ende. Erst jetzt sah der Major, dass während all dem noch jemand im Ballsaal gewesen war: Auf einem zweiten Sofa in der hintersten, dunkelsten Ecke saßen der Rennfahrer und seine Dame und hielten Händchen. Doch keiner sprach sie an, und irgendwann waren sie wortlos verschwunden.
»Wo haben Sie gesteckt?«, fragte der Major bitter. »Und vielen Dank, dass ich mich allein um alles kümmern durfte.«
»Wir sprechen morgen darüber«, erwiderte Edward kurz. Dann wandte er sich Sarah zu und sagte: »Ich muss dich nach Hause bringen.« Sie ließen den Major verbittert und allein zurück, mitten im Ballsaal zwischen zerschlagenem Glas.
Der Major wusste es nicht, aber zwei Angehörige der Hilfstruppen befanden sich nach wie vor im Majestic. Nach Charitys Sturz zwinkerten die beiden jungen Männer, die mit den Zwillingen getanzt hatten (der ein wenig dubiose Matthews und der aufrechte Mortimer), einander zu und waren gern bereit, den Mädchen nach oben zu helfen. Charity brauchte diese Hilfe; mit einem Male war sie außerordentlich müde und matt; sie konnte kaum noch die Augen offenhalten oder einen Fuß vor den anderen setzen. Faith hingegen sprintete ohne Weiteres die Treppe hinauf und zerrte sogar Mortimer am Ärmel (was Matthews sich fragen ließ, ob seine große Erfahrung mit Frauen, die ihm geraten hatte, die betrunkenere von beiden zu wählen, ihn wirklich zu einer so weisen Entscheidung geführt hatte), jedes Mal wenn Mortimer, der seltsam gesprächig geworden war, zurückblieb, um ein Wort mit seinem Freund Matthews zu wechseln. Es war nämlich so, dass Mortimer, auch wenn er fest entschlossen war, vor Matthews (dem gegenüber er in einem Augenblick der Schwäche einmal mit ein oder zwei erfundenen Eroberungen geprahlt hatte) so gut es ging das Gesicht zu wahren, deutlich beunruhigt von der Wendung war, die die Dinge genommen hatten, und sich insgeheim fragte, auf was er sich da einließ … genau genommen
wusste
er ja mehr oder weniger, worauf er sich einließ, denn er hatte einmal (oder doch beinahe) eine durch und durch abstoßende einschlägige Erfahrung in einem Bordell in Frankreich gemacht, einem jener Etablissements »nur für Offiziere« (man schauderte bei der Vorstellung, wie wohl diejenigen nur für die niederen Dienstgrade gewesen waren). Selbst jetzt, wo er auf der Treppe ausgiebig von Jack Hobbs schwadronierte, von seinen Würfen bis über die Tribüne, musste er nur die Augen schließen, dann sah er die Finger mit den glitzernden Ringen, die schwabbelige weiße Fettvorhänge teilten, die Einladung in die abscheuliche Finsternis dahinter.
Munter wie eine Lerche, mit mehr Energie als sie aufbrauchen konnte, sprang Faith nun auf nur einem Bein die Treppe hinauf, wobei die Krinoline sich mit jedem Hüpfer ansehnlich bauschte – doch selbst auf diese Art kam sie noch schneller voran als die anderen. Sie hüpfte wieder hinab, zerrte Mortimer erneut am Ärmel, sagte ihm, dass er eine Trantüte sei, dass er doch mal sein blödes Kricket sein lassen solle, dass er mit nach oben kommen und … »Meine Güte! Seht euch Catty an! Die sieht aus wie eine Schlafwandlerin!«
Tatsächlich glitt Charity nur so dahin, schlenkerte wie eine Puppe, selig entspannt. Immer wieder fielen ihr die Augen zu, und sie
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