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Troubles (German Edition)

Troubles (German Edition)

Titel: Troubles (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Gordon Farrell
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gebunden mit (war das zu glauben?) grober brauner Kordel. Mit was die Mädchen sich so alles einschnürten! Aber es war ein Knoten, den Faith für ihre Schwester gebunden hatte, und zum Spaß (Charity hatte nicht sehen können, was sie hinter ihrem Rücken anstellte) hatte sie ihn so fest wie sie konnte gezurrt, zwei Knoten übereinander, sodass Charity das niemals, niemals wieder aufbekommen würde. Matthews hatte kurze, dicke Finger, steif vor Kälte, obwohl er versucht hatte, sie an der Lampe zu wärmen. Was noch schlimmer war, er kaute an den Nägeln, sodass er nun so ungeschickt an dem Knoten hantierte, als hätte er Handschuhe an. Er konnte ihn natürlich mit dem Federmesser aufschneiden. Er hielt inne, war in Versuchung. Doch nein, das wäre nicht sportlich gewesen. Dieser Knoten war eine Herausforderung, und er war nicht der Mann, der einer Herausforderung auswich. Er war jetzt schon so weit, und er wollte ja auch nicht, dass seine ganze Arbeit vergebens gewesen war. Durch den trockenen Mund atmend, die Zunge vor Konzentration zwischen den Zähnen, machte er sich wieder an die Arbeit.
    Und schließlich hatte er sein Paket doch aufgeschnürt! Er brauchte noch einmal drei oder vier Minuten, bis sein Fleiß schließlich belohnt wurde; jetzt musste er nur noch die letzte Schicht der Verpackung entfernen; noch ein paarmal vor- und zurückschaukeln, dann bekam er die Taille frei, und dann … dann war er endlich an der kleinen verschlossenen Tür zum Garten der Lüste angekommen.
    Während all dieser Zeit warfen die Wellen der stürmischen See Charity hin und her, und inzwischen war ihr doch ziemlich übel. Im einen Augenblick schaukelte sie noch in dem Postboot hin und her, die grässlichen Stöße, die man jedes Mal spürt, wenn das Schiff die Deckung der Halbinsel Howth verlässt und sich hinaus aufs offene Meer kämpft; im nächsten hatte sie schon Schiffbruch erlitten und hüpfte hilflos im Wasser. Es war eiskalt, und sie hatte ihre sämtlichen Kleider eingebüßt – eine große Welle war gerade gekommen, hatte sie um ihre Achse gedreht und an dem letzten Fädchen gezerrt, das sie noch am Leibe trug –, und dann hatte die Welle sie irgendwie auf einen Felsen geschleudert, sie lag auf dem Rücken, und ein grässliches Ungeheuer (das ein wenig wie ein schwarzer Seelöwe aussah, aber mit weißem Hemd und Krawatte, fast wie ein Geschöpf aus
Alice im Wunderland
), ein grässliches Seeungeheuer, das sie von dem Felsen wegzerren und zurück in das schwarze Wasser ziehen wollte … und jetzt leckte eine feuchte rosa Zunge sie an den Knien, und ein struppiger Schnurrbart kitzelte sie an den Schenkeln … Doch zum Glück bekam ihre tastende Hand gerade in dem Augenblick einen eiskalten länglichen Stein zu fassen, und sie holte aus und schlug damit nach dem Ungeheuer. Mit einem leisen Stöhnen verschwand das Ungeheuer in den Fluten … aber Charity war weiterhin übel, bis sie schließlich unglaubliche Mengen erbrach, sie spie wie ein Vulkan seitlich aus dem Bett heraus. Von da an war die See ruhiger, und sie fühlte sich wieder viel besser.
    Aber die Flasche Champagner war nicht zerbrochen, als sie sie Matthews (der mit einem Loch im Kopf am Boden lag) über den Schädel geschlagen hatte; ihre Finger hatten den Hals wieder losgelassen, und nun lag sie wie ein Eisblock zwischen ihren Schenkeln. Der Korken wanderte während all der Zeit, in der Charity friedlich dahinschwebte (und Faith nebenan im Dunkeln umhertastete, um so viele wie möglich von ihren Kleidern zusammenzuraffen), unmerklich immer weiter aufwärts. Dann, ganz plötzlich, legte er an Tempo zu und flog heraus. Ein gellender Schmerzensschrei kam von Charitys Lippen, als sich die eiskalte Flüssigkeit schäumend über das warme Fleisch ihres Bauches ergoss.
    Ein Stockwerk tiefer blieb der Major stehen und dachte erschrocken: Eine von den Zwillingen? – aber er musste sich um Padraig kümmern und hastete weiter.
    Im Zimmer nebenan hielt Faith ängstlich inne, als sie den markerschütternden Schrei ihrer Schwester vernahm, und überlegte, dass es vielleicht doch gar nicht so schlecht war, dass ihre eigene Eskapade sich als Reinfall erwiesen hatte – während Mortimer, der neben ihr im trandurchtränkten Dunkel lag, bitter dachte: »Was für ein Grobian der Kerl ist! Das Mädchen so auszunutzen …«
    Noch eine weitere Person hatte den Schrei gehört. Das war Murphy, der im Schatten des Korridors gestanden und gesehen hatte, wie die Zwillinge mit ihren

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