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Troubles (German Edition)

Troubles (German Edition)

Titel: Troubles (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Gordon Farrell
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jemand behauptete, seinem privaten Topf mit eingelegten Gemüsen sei etwas ohne seine Zustimmung entnommen worden (der Major hatte den Eindruck, dass es der alte Mann war, den Ripon ihm als »Freund von Parnell« beschrieben hatte, aber er war sich nicht sicher); doch dann breitete sich wieder Stille aus, und man vernahm nichts außer dem Klappern der Bestecke. Warum sitzen wir hier in finsterem Schweigen und rasseln mit unseren Ketten wie armselige Gespenster? Auch in Kilnalough, da war er überzeugt, saßen in den ärmlichen weiß gekalkten Hütten, an denen er vorübergekommen war, oder in den Wohnzimmern hinter den windschiefen Läden genau die gleichen Gestalten schweigend im Dunkeln und verzehrten am Feuer ihre Mahlzeiten. Und das konnte er, so müde er auch war, einfach nicht aushalten. Es war schließlich der erste Abend des Majors in Irland, und wie ein Mann, der um sein Bewusstsein kämpft, während er schon die ersten Chloroformwolken einatmet, wehrte er sich gegen die allesdurchdringende Dumpfheit dieses Landes. Morgen würde er aus dem Majestic abreisen, sagte er sich, oder spätestens am Tag darauf. Er würde die Sache mit Angela in Ordnung bringen, und dann würde er sich verabschieden. Schließlich hatte er ja nie geglaubt, dass sie beide heiraten würden. Es war nie mehr als eine sehr unwahrscheinliche Idee gewesen.

Die Mahlzeit schritt zu einer Art Apfelkompott voran, den der Major, vollgestopft mit Speck und Kohl, wie er war, höflich ablehnte. Edward und Ripon beäugten sich nach wie vor feindselig. (Was zum Teufel mochte der Grund sein?) Die alte Mrs. Rappaport aß geräuschvoll und gefräßig. Was Angela anging, so hatte seine vormalige Verlobte sich offenbar mit dem nachmittäglichen Bericht vom Glanz ihrer Jugend vollkommen verausgabt. Bleich und leblos, ohne einen Gedanken an die Rückkehr ihres Majors aus dem Krieg oder ihr formelhaftes »von Tag zu Tag vermisse ich dich mehr«, spielte sie mit ihrem Serviettenring und hielt den verschwommenen, abwesenden Blick auf die silberne Kappe des Salzstreuers aus geschliffenem Glas vor sich geheftet.
    Als es endlich vorbei war (kein Gedanke daran, dass die Frauen sich zurückzögen, während die Männer noch einen Portwein tränken; im Majestic zogen sich alle gleichzeitig zurück – wie ein Trupp Soldaten unter Beschuss, dachte der Major grimmig) und er in dem pechschwarzen Korridor der dritten Etage die Klinke seiner Zimmertür spürte, überkam den Major ein Gefühl ungeheurer Erleichterung und Erlösung. Mit einem Seufzer öffnete er die Tür.
    Doch drinnen erfuhr er einen wirklich erschütternden Schock. Entweder war er im falschen Zimmer oder niemand hatte sein Bett hergerichtet! Aber er
war
im richtigen Zimmer: da war sein Koffer, seine Fläschchen mit Rasierwasser und Makassaröl standen auf der Kommode.
    Er hatte keine Bettwäsche.
    Das war aber nun wirklich zuviel! Er griff nach einem Porzellankrug und schleuderte ihn gegen die Wand. Der Krug zersplitterte mit einem schweren Schlag. Doch dann trat wieder Stille ein, die allesverschlingende Stille der milden irischen Nacht. Eine Schwadron fetter brauner Motten kam torkelnd durch das offene Fenster hereingesummt, angelockt vom Licht. Er schloss das Fenster und legte sich benommen aufs Bett. Das Haus war schwarz und still. Er konnte schlecht die Spencers wecken und Bettzeug verlangen. Er musste sehen, wie er zurechtkam, in staubige Decken gewickelt. (Sicher, er hatte schon unter schlimmeren Umständen geschlafen, aber trotzdem … !)
    Dann fiel ihm wieder, stärker denn je, der süßliche, übelkeiterregende Geruch auf, um den er sich früher am Abend nicht gekümmert hatte. Es war ein widerwärtiger Geruch. Nicht auszuhalten. Doch bei dem Gedanken, dass er das Fenster aufmachen würde und noch mehr Motten kämen, kribbelte es ihm am ganzen Körper. Er nahm einen Pantoffel aus seinem Koffer und machte sich daran, die flatternden Motten zu erlegen. Doch nachdem er ein oder zwei an der Wand zermatscht hatte, ließ er es sein, von Gewissensbissen gequält, und wünschte nur, er hätte sie am Leben gelassen. Und während die anderen weiter die Glühbirne umkreisten, machte er sich auf die Suche nach der Quelle des Geruchs, sah in Schränken nach, schnüffelte am Waschbecken, schaute unter das Bett (und genau genommen roch es nirgendwo allzu gut).
    Neben dem Bett stand ein Nachttisch. Er stemmte die Tür auf. Auf dem oberen Brett war nichts. Unten stand ein Nachttopf, und in dem Topf war ein in

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