Troubles (German Edition)
Suche nach verlorenen Gegenständen (»Also wo um alles in der Welt habe ich …?«), Dingen, die sich oft direkt vor ihrer Nase wiederfanden.
Doch dann fiel dem Major mit Schrecken wieder ein, dass er Briefe schreiben, mit Dublin telefonieren, eine Annonce in die
Irish Times
setzen musste … und noch vieles mehr. Kurz, dass er weiter mit allen Kräften hin zum Ufer rudern musste, denn das Boot sank zusehends.
Zwischen den Bäumen lungerten zwielichtige Gestalten (wehmütig erinnerte sich der Major an die »zwielichtige Gestalten«, die sie an seinem allerersten Nachmittag in Kilnalough so munter durch den Park verfolgt hatten). Was noch schlimmer war: die Decke des Schreibzimmers stürzte mit ohrenbetäubendem Getöse in die Tiefe, gefolgt von dem Flügel aus dem darüberliegenden Salon. Noch Stunden danach hing eine dicke weiße Gipswolke in den Fluren, durch die die Bewohner des Majestic gespenstergleich huschten und nach Atem rangen.
F RIEDENSINITIATIVE DES P REMIERMINISTERS
Nach Aufruf des Königs zur Versöhnung
Konferenz in London geplant
De Valera von Lloyd George nach London eingeladen
Gestern telegrafierte der Paris-Korrespondent von Reuters: »In seinem Kommentar zu dem an Mr. De Valera gerichteten Schreiben, welches ihn nach London zu einem Gespräch mit Sir James Craig einlädt, um mit diesem ausführlich die Möglichkeit einer Lösung der irischen Frage zu diskutieren, weist Le Petit Parisien heute morgen ausdrücklich auf den versöhnlichen und geradezu freundlichen Ton des Briefes hin, welcher nach Meinung des Blattes ein verdienstvolles und löbliches Bemühen seitens der britischen Regierung erkennen lässt.«
Von Zeit zu Zeit, wenn auch nur für einen Augenblick, ließ der Major nachdenklich die Ruder sinken. Es war Frühsommer, eine wunderbare Jahreszeit. Der Duft von Gras und Bäumen hing lieblich unter dem milden Himmel. Auf dem Weg zum Tor, wo er an einem der beiden Pfosten ein Schild mit der Aufschrift ZU VERKAUFEN anbringen wollte, schlenderte er durch ein Grüppchen Weißbirken; man konnte sich kaum vorstellen, dass es in Irland so etwas wie Heimtücke geben sollte. Einen Augenblick lang spürte er eine Art Frieden; doch dann fiel ihm wieder ein, dass nur wenige Zentimeter unter seinen Fußsohlen der in die Erde gebettete Leib von Rover saß und, Männchen machend, vor sich hinmoderte.
Ein Brief von Faith verkündete, Charity habe sich in Mimis Butler Brown verliebt. Doch kurz darauf folgte das Dementi von Charity. Außerdem sei Brown Sozialist und habe unstandesgemäße Ideen, und ob der Major ihr etwas Geld schicken könne (es sei ja aussichtslos, Daddy zu bitten), denn sie brauche dringend etwas Neues zum Anziehen. Sie und Faithy schämten sich, in ihren grässlichen irischen Lumpen und Tweedsachen auf die Straße zu gehen, und alle Männer, die sie kennenlernten, lachten sich halbtot, wenn sie sähen, was für Vogelscheuchen sie seien. Und ob der Major ihnen nicht ein Automobil kaufen könne? In London sei ein Leben ohne Automobil EINFACH UNMÖGLICH! Nur ein ganz kleines, mehr bräuchten sie nicht, und ein größeres würde nur unnötig viel kosten. Mimi (Tante Mildred) sei mit ihrem gegen eine Mauer gefahren, und das dämliche Ding sei nicht mehr zu gebrauchen. Entsetzlich lästig! Aber die Kleider seien das wichtigste, denn sie könnten einfach nicht länger warten, deshalb müsse er sofort antworten und einen Scheck beilegen.
Der Major antwortete tatsächlich postwendend und schickte, zusammen mit einem Scheck über fünfzig Pfund, die Nachricht von Edwards für den übernächsten Tag geplantem Aufbruch nach London. Er selbst werde ihm folgen, sobald er mit einem Immobilienmakler in Dublin alles Nötige in die Wege geleitet habe. Mittlerweile war es Ende Juni, und es war fast alles geregelt. Die Hunde waren in einem Zwinger untergebracht, bis sie ihr neues Zuhause beziehen konnten. Die Koffer der Damen waren gepackt, zum Bahnhof geschafft und an diverse Adressen versandt worden (die Sachen von Miss Bagley, Miss Porteous, Miss Archer, Mrs. Rice und Miss Staveley gingen allesamt an eine Pension auf der Insel Wight – Miss Staveley hatte das Haus kurzerhand gekauft, damit ihre Freundinnen ein Dach über dem Kopf hatten, eine überaus befriedigende Lösung). Die alte Mrs. Rappaport hatte man nach London verfrachtet, zur Verblüffung ihrer Mitreisenden immer noch bis an die Zähne bewaffnet und mit der rotgetigerten Katze in einem Weidenkorb. Sie reiste unter der Obhut eines
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