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Troubles (German Edition)

Troubles (German Edition)

Titel: Troubles (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Gordon Farrell
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eigens zu diesem Zwecke angeheuerten mittellosen Vetters von Edward.
    An Edwards letztem Nachmittag im Majestic griffen er und der Major zu Vorschlaghämmern und rückten damit Königin Viktoria und ihrem Pferd zuleibe, um sie wieder in eine aufrechtere Position zu bringen. Eine halbe Stunde lang hämmerten sie wie besessen auf ihre Schultern, ihren Kopf, ja sogar ihren Busen ein, und die Schläge schepperten munter durch die Landschaft. Als Erfolg ihrer Bemühungen war das empfindliche grüne Metall schließlich mit braunen Pockennarben übersät … aber das war so ziemlich alles, was sie bewirkten. Die Statue hing noch immer schief wie eine Betrunkene. Als sie schweißüberströmt zum Tee nach drinnen gingen (jetzt, wo die alten Damen das Regiment in der Küche führten, war er im Überfluss vorhanden), war es ihnen bestenfalls gelungen, ihre Position um ein paar Zentimeter zu korrigieren. Nach dem Tee kehrten sie zurück, um den hochgeplusterten Rock der Monarchin nach unten zu hämmern. Mehr konnten sie nicht für sie tun.
    »Ich fahre morgen nicht mit ab, Edward. Ich muss hier noch ein paar Dinge, erledigen.« Der Major hatte den Augenblick, in dem er Edward über seinen Entschluss zu bleiben informierte, so lange wie möglich hinausgezögert, weil er befürchtete, Edward könne es sich dann ebenfalls noch anders überlegen. Aber als er den entsetzten, angsterfüllten Ausdruck auf Edwards Gesicht sah, wusste er, dass diese Sorge unbegründet war.
    »Aber Sie
müssen
abreisen! Es ist gefährlich hier.« Ruhig, aber doch im Bewusstsein, dass er Edward hasste, erwiderte der Major: »Ich habe nicht vor wegzugehen und den Laden einfach so den verfluchten Shinnern zu überlassen.«
    »Aber Brendan, Sie müssen den Tatsachen ins Auge sehen. Sie haben die Zeitungen doch gelesen. Sie wissen ebenso gut wie ich, dass hier alles verloren ist. Es ist aus. Dieser Armleuchter Lloyd George kann jederzeit das Handtuch werfen, und dann gnade Gott Leuten wie Ihnen und mir, die sich loyal verhalten haben.«
    »Ich will verflucht sein, wenn ich davonlaufe, Edward, nur weil es vielleicht Ärger gibt. Wenn ich überhaupt gehe, dann will ich den Zeitpunkt selbst bestimmen.«
    »Aber Himmel nochmal, Brendan! Es ist so schon alles schlimm genug. Sobald sie die Armee nach Hause schicken, herrscht hier das Gesetz des Dschungels. Man wird jedem Unionisten im Süden die Kehle durchschneiden. Gehen Sie nach Ulster, wenn Sie unbedingt in Irland bleiben wollen.«
    »Ich habe mich entschlossen zu bleiben, Edward. Zumindest noch eine Weile.«
    »Aber
hier
können Sie nicht bleiben. Die alte Bude fällt zusammen. Es ist gefährlich. Seit Monaten erzählen Sie mir, wie gefährlich es ist … Denken Sie doch nur an die Decke im Schreibzimmer! Das kann überall im Haus passieren, überall.«
    »Ich bleibe in den Räumen mit den wenigsten Rissen«, sagte der Major und lächelte.
    »Ohne Dienstboten?«
    »Na, ich habe ja immer noch Murphy.«
    »
Murphy!
Sehen Sie sich doch nur an, wie groß dieses Haus ist; es ist absurd. Sie können hier nicht mutterseelenallein wohnen. Und außerdem haben Sie mir gerade gesagt, dass das Anwesen zum Verkauf steht.«
    »Dann warte ich, bis es verkauft ist. Aber ich weigere mich, vor einer Handvoll waffenschwingender Arbeiter Reißaus zu nehmen.«
    »Dann bleibe ich natürlich auch«, murmelte Edward unglücklich. »Aber ich muss sagen, ich finde das äußerst unklug.«
    »Kommt überhaupt nicht in Frage, dass Sie bleiben, Edward. Sie müssen an die Zwillinge denken.«
    Edward hatte seinen Vorschlaghammer sinken lassen und saß auf der Steintreppe gegenüber der ramponierten Statue; er betrachtete die schartigen, frisch aufgerissenen Metallkanten, wie sie im Sonnenlicht schimmerten. Eine leichte Brise fuhr in seine graue Löwenmähne über dem düsteren, niedergeschlagenen Gesicht. »Lächerlich«, dachte der Major, »dass wir uns immer noch wie Rivalen betragen, wo doch das, worum wir einmal gewetteifert haben, längst nicht mehr da ist.«

»Ich gebe zu, klug ist es wahrscheinlich nicht«, sagte der Major sanft. »Aber mein Entschluss steht fest. Außerdem werde ich langsam zu alt, um noch etwas Neues zu lernen. Und jetzt denken wir nicht mehr daran; reden wir über etwas Angenehmeres an unserem letzten Nachmittag.«
    Edward sah erleichtert aus. Sein Blick schweifte von der Statue in die Ferne zu dem Lavendelbeet, das seine Frau angelegt hatte, »als sie noch am Leben war«. Woran mochte er denken? fragte sich der

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