Troubles (German Edition)
sich gerade außerhalb der Sichtweite jenseits des nächsten Hügels lautlose Armeen versammelt, bereit zum Sturm auf einen verschrobenen alten englischen Gentleman, der zu viel Whisky trank und den Verlust von Irland nicht verschmerzen konnte. Der arme Edward! Kein Wunder, dass er beim Abendessen so eifrig mit den kichernden Mädchen über Reichweiten, Flankenangriffe und strategische Positionen diskutiert hatte! Als er am Tag zuvor allein mit dem Major auf den Treppenstufen gesessen hatte, musste er sich ausgemalt haben, wie er mit dem Major allein zurückblieb, um all diese Stellungen zu besetzen, die einzigen Verteidiger gegen die mächtigen und unerbittlichen Heerscharen des Papstes.
Der Major stand an der höchsten Stelle der Wiese und blickte forschend in die strahlende, friedliche Landschaft, hielt Ausschau nach Gefahr. Ihm fiel ein Preisausschreiben ein, das er in einer der Zeitungen gesehen hatte. Es war ein Foto von Fußballspielern gewesen, aufgenommen in einem dramatischen Augenblick des Spiels, doch der Fußball selbst war herausretuschiert. Die Leser sollten ein Kreuz an der Stelle machen, an der sich ihrer Meinung nach der Ball befand. Irgendwo dort draußen in der friedlich dösenden Landschaft war etwas, das ihn bedrohte. Er wusste, dass es dort draußen war. Aber er sah es nicht.
Auf dem Rückweg zum Haus hielt er an der Auffahrt inne und wartete auf einen jungen Mann, der auf seinem Fahrrad eben zwischen den Bäumen hervorgekommen war und nun auf ihn zuhielt. Er hatte ein Gewehr über der Schulter und trug eine merkwürdige Mischung von Uniformen: die Beine, die in die Pedale traten, steckten in den dunkelgrünen Hosen der königlich-irischen Polizei; darüber jedoch trug er eine khakifarbene Militärjacke, und auf dem Kopf hatte er eine flache, zivile Stoffkappe, an der das Emblem der Polizei steckte, die gekrönte Harfe, und dahinter eine lange weiße Hühnerfeder. »Schöner könnte die mächtige britische Nation gar nicht zeigen, wie durcheinander sie ist!«
Dieser so seltsam gekleidete Bursche war nun zum Halten gekommen, indem er seine Stiefel auf dem Kies schleifen ließ, und hatte, nicht ohne Misstrauen, in reinstem Cockney den Major angesprochen und ihn gefragt, ob er der Major sei.
»Der bin ich. Was kann ich für Sie tun?«
Er habe den Auftrag, sich im Majestic umzusehen, für den Fall, dass es Ärger gebe. Die ganze Gegend wisse, dass die Bewohner des Majestic abgereist seien; womöglich würden Plünderer kommen. Er klopfte auf seinen Gewehrschaft, aber es sah nicht zuversichtlich aus; eher wie jemand, der auf Holz klopft.
»Unbedingt; sehen Sie sich in den Nebengebäuden um. Aber seien Sie vorsichtig – viele von den Balken sind morsch, Sie könnten sich leicht den Hals brechen. Noch etwas … wenn Sie einen verrückten alten Mann mit verschrumpeltem Gesicht sehen, schießen Sie nicht auf ihn. Er gehört zur Dienerschaft. Wenn Sie fertig sind, kommen Sie ins Haus und klingeln Sie an der Rezeption. Dann bekommen Sie eine Tasse Tee.«
Eine Stunde lang versuchte der Major, sich im Jagdzimmer auf die Lektüre einer alten Nummer des
Punch
zu konzentrieren, aber es gelang ihm nicht; die Stille beunruhigte ihn. Noch einmal läutete das Telefon in Edwards Arbeitszimmer am anderen Ende des Ganges, aber es hörte auf, bevor er dort angelangt war. Er wartete, dass es von Neuem läutete, aber das tat es nicht, und so begab er sich nach unten in die Küche, um für sich und den jungen Schwarzbraunen Tee zu machen. Unterwegs musst er lächeln: nervös hatte er zu den offenen Türen der Räume, an denen er vorbeikam, hineingeschaut. »Ich bin tatsächlich selbst eine alte Dame geworden, so viel Zeit habe ich mit ihnen zugebracht. Wenn ich das hier hinter mir habe, muss ich mich wirklich auf die Suche nach jüngeren Vertreterinnen ihres Geschlechts machen!«
Es wurde fünf Uhr, der Tee war kalt geworden, und noch immer ließ der Schwarzbraune sich nicht blicken; also ging der Major nach draußen, um nachzuschauen, was aus ihm geworden war. Zuerst wandelte er durch den Küchengarten in Richtung Ställe – aber dort war niemand, genauso wenig wie in den Garagen und in den Nebengebäuden. Die Scheunentür stand offen, also schaute er dort hinein. Ein angenehmer Duft von Sommerheu stieg ihm in die Nase. Kein Zeichen von dem jungen Mann. Mit einem unguten Gefühl näherte er sich der Leiter zum Heuboden und setzte den Fuß auf die unterste holzwurmzerfressene Sprosse. Sie hielt, und so begann
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