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Troubles (German Edition)

Troubles (German Edition)

Titel: Troubles (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Gordon Farrell
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nun weiterzog, und er summte ein Lied, das er vor fünfzig Jahren als junger Mann in der Stadt Wicklow gelernt hatte. »Ní shéanfad do ghrá-sa ná do pháirt ‘n fhaida mhairfe mé …«
    Und wie er von einem stillen, verlassenen Raum zum nächsten schlurfte, tränkte er die Teppiche mit der Flüssigkeit, die er in seiner Gießkanne hatte; er besprengte alles damit, die Blumen der Vorhänge, die Krönchen auf den ausgebleichten roten Läufern der Gänge. Er durchtränkte das Bettzeug damit und goss es in leere Schubladen und Schränke. Als er in einem verstaubten Wohnzimmer ein paar vor Langem vergessene Damenschuhe sah, füllte er sie bis zum Rand. Mehrere Male tappte er bedächtig über die knarrenden Stufen nach unten und füllte seine Gießkanne aus dem Tank in der Garage. Als sein pfeifender Atem den Katzen verriet, dass ihr Freund Murphy zurückkehrte, kamen sie allesamt angestürmt, ließen, womit auch immer sie beschäftigt gewesen sein mochten, sein – ihren erbitterten Revierkämpfen auf dem Dachboden oder ihr grausames, lärmendes Liebesleben auf den Zinnen.
    »Miez, Miez, Miez!«, murmelte Murphy. »Wollt ihr einen Schluck?«
    Und dann begoss er das Gewimmel der Vierfüßer, bis ihr Fell glatt und ölig war (und die Katzen in diesem Fell gar nicht mehr glücklich). Sie konnten lecken, soviel sie wollten, nichts stellte ihr altes Fell wieder her; jaulend vor Kummer schlichen sie sich davon, klebrig und elend.
    »Tot!«, sagte Murphy, hielt inne an einem Fleck, wo er sich von der Nachmittagssonne bescheinen ließ. »Darauf trinke ich …« Und er packte die Gießkanne, hielt sie sich an die blauen Lippen und trank in großen, glucksenden Schlucken, hielt nur dann und wann inne und schnalzte mit der Zunge, so gut schmeckte es.
    »So, wo haben wir die Streichhölzer?«
    Müde suchte er in seinen Taschen. Auf den Boden warf er eins nach dem anderen ein Federmesser, eine rohe Kartoffel, aus der ein Stück ausgebissen war, zwei silberne Teelöffel, einen Zettel mit einem frommen Spruch der Gesellschaft der Töchter des Herzens Mariä, einen Knäuel Bindfaden, einen Knorzen Kautabak und eine tote Drossel. Aber keine Streichhölzer! Murphy machte eine finstere Miene, steckte sich den Tabak in den Mund und kaute verdrossen, bis ihm einfiel, wie er als Junge Feuer ohne Streichhölzer gemacht hatte. Noch einmal stieg er die knarrenden Stufen hinunter, diesmal zu Edwards Arbeitszimmer, wo, wie er wusste, ein Vergrößerungsglas lag. Dann zurück zum Sonnenlicht im vierten Stock, wo er den flammenden goldenen Strahl auf ein Stück Papier lenkte. Doch gerade als es zu kokeln begann, verschwand die Sonne hinter einer Wolke. Murphy nahm einen weiteren Schluck und wartete auf ihre Rückkehr.
    Aber der Major war noch nicht tot, wenn auch inzwischen nicht mehr weit entfernt davon. Er lag etwa anderthalb Meilen vom Majestic entfernt auf Dr. Ryans Küchentisch. Die alten Damen hätten niemals die Kraft gehabt, ihn allein dorthin zu tragen. Zum Glück waren sie auf Séan Murphy gestoßen, der zwar untergetaucht war, es aber doch nicht übers Herz gebracht hatte, seine vertrauten Kartoffelfelder im Stich zu lassen. Zuerst hatte er sich aus Furcht vor der I.R.A. geweigert zu helfen, aber eine kurze Unterhaltung hatte ihn davon überzeugt, dass er sich noch mehr als vor ihnen vor Miss Johnston fürchtete. So hatten sie den leblosen Major mit einem Schubkarren zum Haus geschafft und dort in den Standard verfrachtet. Auf der Fahrt hatte sich allerdings seine Wunde wieder geöffnet, sodass nun, als er auf dem Tisch lag, von Neuem das Blut in Strömen floss.
    Die Damen versuchten die Wunde mit Handtüchern zu verstopfen, während der Doktor, müde wie er war, sich auf die Suche nach Nadel und Faden machte, um sie zu nähen. »Ach, alte Frauen! Was für eine Unruhe die verbreiten! Immer Aufregung, immer Gerede, immer Klatschgeschichten; nichtsnutzige Geschöpfe, die nichts als Tee trinken und Ärger machen.« Heute schämte er sich dafür, dass er seinerzeit die Gesellschaft solcher Wesen gesucht hatte. Was für ein junger Dummkopf er gewesen sein musste! dachte er, als er zwischen den Instrumenten wühlte, die kreuz und quer auf seinem Tisch lagen. Was hatte er doch gleich gesucht? Als junger Mann sollte man sich lieber seinen Studien widmen. Dieser muffige, abgestandene Geruch von alten Frauen stieg aus seiner Phantasie auf, als er matt in dem Lehnstuhl neben dem kalten Kamin sackte. Frauen! Seine eigene Frau, das war natürlich

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