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Troubles (German Edition)

Troubles (German Edition)

Titel: Troubles (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Gordon Farrell
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Negern vollbesetztes Automobil raste durch die Straßen eines weißen Viertels, und die Insassen schossen wahllos um sich. Und Chicago war nur ein Beispiel für die Konkurrenz, gegen die sich Irland behaupten musste. Was war mit den grässlichen Untaten der Bolschewiken? Den grausamen Morden, den Vergewaltigungen, den Verhöhnungen achtbarer Damen und Herren? Gegen Ende des Jahres 1919 verging kaum ein Tag, an dem die Presse nicht den Augenzeugenbericht eines Reisenden präsentierte, dem es mit knapper Not gelungen war, seine Haut zu retten. Und dann war da noch Indien: die Nordwestgrenze … Amritsar. Kein Wunder, dass der Appetit des Majors, wenn sein Blick auf die Nachrichten aus Irland fiel, längst durch grellere, blutigere Nahrung gestillt war. Meist wandte er sich dann den Sportnachrichten zu, um zu sehen, ob Hobbs beim Kricket erneut mehr als hundert Runs geschafft hatte. Dann ging die Kricketsaison zu Ende. Ein regnerischer, trüber Herbst trat ihre Nachfolge an. Weihnachten stand vor der Tür.
    Eines Tages erhielt der Major ein Telegramm. Zu seiner Überraschung war es unterzeichnet mit SARAH . Der Text lautete: BRIEF NICHT LESEN UNGEÖFFNET ZURÜCKSENDEN . Der Major hatte noch keinen Brief erhalten und wartete nun voller Ungeduld auf sein Eintreffen. Am nächsten Morgen hielt er den Umschlag in der einen Hand und tippte damit leicht gegen die Fingerspitzen der anderen. Nach kurzem Zögern öffnete er ihn.
    Sie habe keinen Grund, ihm einen Brief zu schicken (schrieb sie), und wenn er nicht wolle, müsse er ihn auch nicht lesen. Aber sie sei erneut ans Bett gefesselt, mit »einer unaussprechlichen Krankheit« und buchstäblich zu Tränen gelangweilt (»Manchmal fange ich vollkommen ohne jeden Grund zu weinen an«), und außerdem sei ihr Gesicht so mit Flecken übersät, dass sie aussehe »wie ein Leopard«; sie sei so hässlich geworden, dass kleine Kinder heulend die Flucht ergriffen, wenn sie sie am Fenster erblickten; niemand komme sie besuchen, und Freunde habe sie auch keine mehr, jetzt nach dem Tod der armen Angela, und (wo sie gerade beim Thema sei) er sei ja auch nicht gekommen, am Tag von Angelas Beerdigung, um ihr Guten Tag zu sagen … schließlich beiße sie (Sarah) ja nicht, aber vermutlich sei er sich zu fein, um sich mit ihresgleichen abzugeben, wahrscheinlich könne er ihr Gekrakel ohnehin nicht entziffern, denn sei schreibe im Bett, ihre Finger seien »halb erfroren«, und sie sei umringt von irdenen Wärmflaschen, an denen sie sich die »armen Zehen« stoße, die trotzdem eiskalt blieben … und außerdem, außerdem treibe die Langeweile sie fast in den Wahnsinn, und in Kilnalough sei nichts los, absolut nichts, sodass sie am liebsten weglaufen würde, wenn sie denn könnte (was natürlich nicht ging, weil sie zu allem Überfluss ein »armer, elender Krüppel« war … voller Selbstmitleid, wie er jetzt sicher denke) …
    Doch genug davon, über sie selbst gebe es nichts Interessantes zu berichten. Der Major sei sicher neugierig, was in Kilnalough und im Majestic los sei, und die Antwort darauf laute … Zank und Streit!!! Edward Spencer habe Pater O’Meara (sozusagen) zum Duell gefordert wegen seines ungebührlichen Umgangs mit Ripon. Mr. Noonan senior hatte gedroht, dem jungen Spund (Ripon) eins mit der Peitsche überzuziehen, wenn er die Finger nicht von Máire ließ (bestimmt erinnerte sich der Major noch an den dicken Pudding von einem Mädchen, dem sie einmal auf der Straße begegnet waren?) und endlich bewies, ob er ein Gentleman war oder was auch immer, verdammt nochmal … Was das hieß, könne auch sie nur vermuten … aber es würde niemanden überraschen, wenn sich herausstellte, dass der besagte dicke Pudding von dem jungem Spund Drillinge erwartete. Und zu allem Überfluss drohte Pater O’Meara, Edward wegen etwas zu verklagen, das die Zwillinge angestellt hatten, sie wisse nicht genau was, aber sie werde versuchen, es in Erfahrung zu bringen, und ihn dann informieren. Jedenfalls war da sicher noch etwas im Busch.
    Aber sie sei sich ziemlich sicher, dass solche Provinzangelegenheiten ihn kaum noch interessierten, jetzt, wo er wieder in der Großstadt war … Ob es stimmte, dass die Pferde in London Lederschuhe trugen? Aber sie wolle ihn natürlich nur aufziehen. Die Engländer (mit anderen Worten: »der Feind«) waren immer so ernsthaft, dass man es nie wagen konnte, einen Scherz zu machen, weil sie einen womöglich beim Wort nahmen.
    Ob der Major, Gott möge ihr vergeben

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