Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Troubles (German Edition)

Troubles (German Edition)

Titel: Troubles (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Gordon Farrell
Vom Netzwerk:
ein Nationalheld, weil er gezeigt hat, dass wir in diesem großartigen Sport, den wir erfunden haben und der jetzt der ganzen Welt gehört, wenn es zum Kampf kommt immer noch einen Sieger hervorbringen können. Es gibt keine Sportart auf der Welt, die einen reineren Lebenswandel fordert. Keine Sportart, die natürlicher ist. Hinterlist und Verschlagenheit helfen dem Kämpfer nichts; was er zum Erfolg braucht, ist ein schneller, klarer Verstand und perfektes Training
.

    Der Major saß jetzt am Krankenbett seiner Tante in London und war nicht gerade gut gelaunt. Er war schnell zu der Einsicht gekommen, dass seine Tante nicht so krank war wie man ihm weisgemacht hatte, und das verärgerte ihn und weckte den Verdacht einer Verschwörung zwischen der einsamen alten Dame und ihrem Arzt (der Arzt war es gewesen, der das Telegramm geschickt hatte, das ihn nach London zurückbeorderte). Und auch wenn seine Tante diesen Verdacht ein paar Monate später dadurch entkräftete, dass sie tatsächlich starb, konnte der Major den Anflug von Unmut nie ganz abschütteln, den er verspürt hatte, als er, nachdem er, vorbei an den düsteren, mit dunkler Patina überzogenen Portraits entfernter längst verstorbener Verwandter eine makellos polierte Treppe hinaufgeeilt (nach dem Majestic wirkte alles so sauber) und in ihr Schlafzimmer gestürmt war, statt von Todesröcheln von einem milden Lächeln begrüßt wurde. Nun saß er an ihrem Bett, hielt ihre welke, altersfleckige Hand in der seinen und brummte ein wenig ärgerlich: »Selbstverständlich geht es dir bald wieder besser … Das bildest du dir nur ein.« Doch selbst im tröstenden Gespräch mit seiner Tante kehrten seine Gedanken oft zu Edward zurück. »Wenn ich nur ein winziges bisschen länger geblieben wäre«, dachte er dann, »hätte ich den Schmerz lindern und ihn, was Ripon und seine Freundin angeht, zur Vernunft bringen können. Schließlich kann es ja wohl so schlimm doch nicht sein.« Dennoch wusste er instinktiv, dass die Möglichkeiten zu wechselseitigem Unverständnis bei Edward und Ripon unbegrenzt waren, und er grübelte weiter über sie nach, auch wenn er ein Glas Verbenentee an die leise stöhnenden Lippen seiner Tante hielt und ihr energisch befahl, einen Schluck davon zu trinken. Wenn er ehrlich war, fühlte er sich wie ein Mann, der ein mit Benzin durchtränktes Haus verlassen hat, auf dessen Tisch eine ungeschützte Kerze brennt.
    Jetzt war er also in London, und es hatte nicht den Anschein, als liege jemand im Sterben. Was sollte er hier? Der Arzt schien ihm dieser Tage aus dem Weg zu gehen, und wenn sie sich begegneten, setzte er eine entschuldigende Miene auf, als wolle er zu verstehen geben, dass er wirklich nichts dafür könne. Doch schließlich kam der Tag, an dem der Doktor ihn mit neugewonnenem Selbstvertrauen informierte, seine Tante habe in der Nacht einen schweren Blutsturz erlitten. Und selbst die Tante, obwohl kreidebleich, sah irgendwie zufrieden aus. Die Nachricht erschreckte den Major, denn er mochte seine Tante und wollte wirklich nicht, dass sie starb, so sehr er sich auch wünschte, dass sie ihn nicht länger an ihrer Seite festhielt. Doch auch weiterhin machte seine Tante keine Anstalten, in »ein besseres Leben« einzugehen (wie sie es, ohne Anzeichen von Hoffnung, zu nennen pflegte, wenn sie in Ermangelung anderer gemeinsamer Gesprächsthemen wieder einmal eine Unterhaltung mit den Worten begann: »All das wird einmal dir gehören, Brendan …«).
    Die Nachrichten aus Irland waren trist und entmutigend: ab und zu ein Angriff auf einen einsamen Polizisten oder ein Waffenraub in einer kümmerlichen Kaserne. Wie konnte man sich für so etwas interessieren, wenn man nicht tatsächlich in Irland lebte (wie der Major es zum Glück nicht mehr tat), wenn sich, um nur ein Beispiel zu nennen, zur gleichen Zeit in Chicago Neger und Weiße Straßenschlachten lieferten? So etwas fand der Major viel interessanter. Anders als bei den irischen Unruhen wusste man da gleich, wer auf welcher Seite stand. Bei den Rassenkrawallen in Chicago trugen die Menschen ihre Haut wie eine Uniform. Und es gab nirgends die gemeinen Tricks, mit denen die Shinner arbeiteten, keine heimtückischen Hinterhalte und Attentate. In Chicago herrschte nackte Gewalt, ein direkter, unverblümter Ausdruck von Gefühlen, ohne den Vorwand einer diffusen patriotischen Vergangenheit. Weiße zerrten Neger aus Straßenbahnen; Neger feuerten von Dächern und aus schmalen Gassen; ein mit

Weitere Kostenlose Bücher