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Troubles (German Edition)

Troubles (German Edition)

Titel: Troubles (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Gordon Farrell
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Kinn bekannt vor, und er brauchte einen Moment bis er darauf kam, von woher. Der Mann hatte genau jene markigen, gleichmäßigen Gesichtszüge (ein Gesicht ohne eigene Identität), die, wie er festgestellt hatte, Bildhauer gern für Kriegerdenkmale wählten. Er konnte sich ohne Weiteres Bolton in Bronze vorstellen, in heroischer Haltung fixiert. Man stülpte ihm einen Helm auf den Kopf, drückte ihm eine Bronzefahne in die Hand, drapierte ihm ein paar bronzene Kameraden um die Knie … Aber Bolton war noch sehr lebendig und bewies es, indem er sich in den schönsten Tönen an den Barkeeper wandte:
    »Noch eine Runde, und beeil’ dich, Paddy, du dreckiger Shinner. Schreib’s auf unsere Rechnung …«
    »Und die schickst du an den König«, fügte Pike hinzu. »Wenn er nicht zahlen will, schickst du sie an den Statthalter.«
    O’Neill erklärte den Männern, weswegen er ihnen den Major vorstelle: nämlich weil sie ja im Grunde Nachbarn seien. Auch der Major wohne unter Edward Spencers Dach im Majestic.
    »Spencer hat zwei reizende Töchter«, sagte Foster-Smith, sichtlich ohne jedes Interesse an O’Neills Information.
    »Ich habe selbst eine reizende Tochter«, bot O’Neill an, unter heftigem Zwinkern. »Wollen Sie mal ein Bild sehen?« Und nach kurzer Suche zog er eine zerknitterte Fotografie von Viola aus der Tasche. Während die »Männer aus den Gräben« es studierten, zwinkerte O’Neill noch einmal, diesmal in Richtung Major. Der Major wandte sich ab. Als er die Bar verließ, rief Bolton ihm noch nach: »Sagen Sie den Großmütterchen, die nächste, die wir erwischen, wird in kleine Stücke geschnitten, und die stecken wir dann in einen Sack.«
    Lachen hallte hinter ihm, als er durch die leere Umkleide zum Foyer ging. Bevor er dort angelangt war, fasste O’Neill, der ihm nachgeeilt war, ihn am Arm und fragte eifrig: »Was halten Sie von ihnen? Die werden den Shinnern zu denken geben, meinen Sie nicht auch?«

»Das werden sie mit Sicherheit«, erwiderte der Major kalt. »Aber die Medizin könnte genauso schlimm sein wie die Krankheit.«
    Als O’Neill gegangen war, stieg der Major müde die Treppe zur Teestube im ersten Stock hinauf. Um diese Tageszeit war dort niemand mehr, aber es gab eine Veranda, von der aus man einen prachtvollen Blick über den Golfplatz und die Kornfelder in der Ferne beiderseits der Straße nach Valebridge hatte. Die Sonne stand schon tief am Himmel, und schwarze Schatten reichten weit über das wogende Gras. Unten an der Treppe zum Clubhaus machten sich vier Spätankömmlinge eben zum ersten Abschlag bereit, und der Wind ließ ihre Knickerbocker flattern. Bis zum neunten Loch würden sie an diesem Abend noch kommen, auch bis zum achtzehnten, wenn sie nicht zu anspruchsvoll in puncto Licht waren.
    Jetzt, wo sie sich vom Clubhaus aus in Gang setzten, kam eine große Anzahl zerlumpter Männer und Jungen heran und umringte sie mit einem durchdringenden, mitleiderregenden Geschrei. Manche dieser armseligen Gestalten waren so alt, dass sie kaum noch zu den Spielern hinhumpeln konnten, um ihre Bitten vorzutragen, manche von den Jungen waren noch Kinder kaum größer als die Golftaschen, die sie zu tragen hofften. Die Spieler musterten sie und trafen ihre Wahl. Die leer Ausgegangenen zogen sich unglücklich wieder in die Schatten zurück, in denen sie gewartet hatten. Jetzt gab es kaum noch Hoffnung, dass an dem Abend noch eine weitere Gruppe aufbrach.
    Der Major seufzte, streckte sich, gähnte, und bald darauf machte er sich auf den Heimweg, bekümmert von dem Gedanken, dass Greise und Kinder bis spätabends bei dem Clubhaus lungern mussten, um sich vielleicht einen Sixpence zu verdienen. Er dachte: »Da muss doch wirklich etwas getan werden.« Aber was konnte man schon tun?
    D IE Z USTÄNDE IN I RLAND
    Gegen England verschworen
    Zu dem gestrigen Antrag auf Vertagung des House of Commons sagte Sir Edward Carson, er könne sich des Eindrucks nicht erwehren – und er hoffe, dieser Eindruck sei falsch –, dass die Menschen in England und Schottland keinen Pfifferling mehr darauf gäben, was in Irland geschehe. Er denke, dass sie es noch vor ein paar Jahren nicht einfach hingenommen hätten, wenn Polizisten, die ihrem König dienten, tagtäglich wie Hunde niedergeschossen würden, und wenn Soldaten, die im Krieg gekämpft hatten, zurückkehrten und wie Kriminelle behandelt wurden, ohne dass man etwas zu ihrem Schutze tat. Es sei nicht leicht, den Zustand der Lähmung zu begreifen, der im

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