Troubles (German Edition)
Hackmessern den Adel massakrieren würden.
Doch diejenige unter diesen Geschichten, die dem Major am besten gefiel, kam von niemand Geringerem als von Edward selbst. Er habe gehört (obwohl es vermutlich »vollkommener Blödsinn« sei), dass jemand das Wasser von Dublin Castle vergiftet und die gesamte Exekutive ausgelöscht habe; nur eine Handvoll der allerschlimmsten Säufer habe überlebt, weil sie statt Wasser Whisky getrunken hatten. Diese versuchten nun verzweifelt, die Lage geheimzuhalten und sie gleichzeitig in den Griff zu bekommen. Sie waren in einer Situation, die einer klassischen Tragödie würdig war. Das Elixier, das ihnen das Leben gerettet hatte, sorgte nun auch dafür, dass sie durch einen undurchdringlichen Alkoholnebel tappten. Während eine Schnapsidee auf die andere folgte, konnte die Sinn Féin sich zum tödlichen Schlag gegen das Herz von Irland formieren.
»Albern«, meinte der Major.
»Es scheint ein wenig zu exotisch, aber man weiß nie, gerade in diesen Tagen.«
Doch auch wenn der Major versucht war, zumindest manche dieser Gerüchte mit einem Lächeln abzutun, wurde er doch schnell genug wieder ernüchtert, sobald er die Zeitung aufschlug. Seit seiner Rückkehr nach Kilnalough war nicht ein einziger Tag vergangen, ohne dass Nachrichten von einem Überfall oder einer Schießerei oder einem Terroranschlag irgendwo in Irland gekommen waren. Ja, diese Vorfälle waren inzwischen so zahlreich geworden, dass die
Irish Times
seit Ende Mai in ihrem Hauptteil nur noch über die größeren Ereignisse berichtete und den Rest in einer nummerierten Liste kurzer Beiträge zusammenfasste, unter Überschriften wie K ATALOG DER S CHANDTATEN oder K AMPAGNE DES S CHRECKENS.
1. Londonderry-Stadt. Um 10 Uhr 50 am Donnerstagabend wurde auf die diensthabenden Konstabler McDonough und Collis ein Pistolenschuss abgegeben, der in die Wand einschlug, an welcher sie standen
.
2. Am Mittwoch morgen musste John Niland, Grfsch. Galway, feststellen, dass in der Nacht neun Kühen die Schwänze abgeschnitten worden waren; etwa zwei oder drei Zoll des fleischigen Schwanzansatzes fehlten jeweils ebenfalls
.
3. Um 11 Uhr 34 am Donnerstag abend drangen drei maskierte Männer, zwei davon bewaffnet, in das Haus von Thomas Flattery ein, Kandidat für den Bezirksrat, und forderten ihn auf ein Papier zu unterschreiben, dass er das Wahlergebnis nicht anfechten werde. Er weigerte sich. Der Anführer sagte: »Gehen Sie auf die Knie und bekennen Sie Reue.« Mr. Flattery erwiderte: »Ich bin zum Sterben bereit.« Zwei Eindringlinge hielten ihre Revolver auf ihn gerichtet, ein dritter hielt seine Frau fest, und ein vierter rief von draußen: »Erschießt den Hund!«
4. Am Montag wurde in der protestantischen Kirche von Ballyhaise, Grfsch. Cavan, eine große Fensterscheibe zerbrochen und eine Flasche Wein aus der Sakristei entwendet
.
5. Grfsch. Cavan. Samuel Fife, Postbote im Bezirk Cavan, erhielt per Post den folgenden Brief: »Fife, du bist den Hunnen entkommen, aber wenn du nach Arvagh kommst, sind deine Tage gezählt. Nimm das als letzte Warnung und mach dich auf deinen Tod gefasst. Die Weißen Jungs.«
6. Am Mittwoch wurden Schüsse auf das Haus von T. Box in Mountbellew, Grfsch. Galway, abgegeben. Letzte Woche war schon sein Kartoffelgarten verwüstet worden
.
7. Grfsch. Mayo. Patrick McAndrew, Wasserwart, erhielt folgenden Brief: »Todesurteil. Ich denke, der Tag ist gekommen, an dem keiner mehr ungestraft Fisch für einen englischen Hund hütet. Wenn du es weiterhin tust, bist du geliefert. Rory vom Flusse.«
8. Grfsch. Kerry. Sergeant Coghlan erhielt folgenden Brief: »Du bist ein treuer und eifriger Diener der Krone gewesen, und es wird höchste Zeit, dass wir deinem Dienst ein Ende machen. Ich rate dir, lade deiner Seele keine Sünde mehr auf denn die Belohnung, die treue und eifrige Diener von uns erhalten, ist eine halbe Unze Blei. Von nun an bist du als Verräter gebrandmarkt. Unser Anführer, Sinn Féin, hat es beschlossen.«
Als der Major an diesem Abend zum Zubettgehen die Kerzen gelöscht hatte, stand er noch eine Weile am Fenster und blickte hinaus zu den unsichtbaren Kornfeldern. Noch eine Stunde vielleicht, dann würden Männer aus dem Dunkel erscheinen wie Ratten aus dem Gebälk, und würden sich daranmachen, im fahlen, immer wieder von Wolken gedämpften Licht des Mondes Edwards Korn zu schneiden. Vielleicht waren sie schon da. Er gähnte und stieg ins Bett. Irgendwie gefiel ihm der Gedanke, dass,
Weitere Kostenlose Bücher