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Troubles (German Edition)

Troubles (German Edition)

Titel: Troubles (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Gordon Farrell
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gut bei solchen Sachen bin«, murmelte der Major, verärgert darüber, dass sie ihm seine Pfeife fortgenommen hatten. »Also, wie war das gleich …«
    »Einen Schritt vor mit dem
rechten
Fuß!«
    »Ah …«
    »Meine Güte!«
    »Entschuldigung, habe mich vertan.«
    »Lassen Sie mich führen. Hören Sie einfach nur auf den Rhythmus und schauen Sie nicht auf Ihre Füße … Sie sind aber auch wirklich ein hoffnungsloser Fall!«
    Doch der Major hörte zwar, dass Musik lief, aber in seinem Kopf kam nur das Schlurfen seiner eigenen Füße auf dem schmutzigen Ballsaalboden an, und vergebens versuchte er die Zeichen zu erkennen, die ihm verrieten, wann seine Bewegungen fällig waren. Am Anfang hatte eine biegsame zarte Hand in seiner schwieligen Handfläche gelegen, die andere hatte leicht wie eine Feder auf seiner Schulter geruht; doch binnen Kurzem schubsten, zerrten und drückten diese Hände gnadenlos, bugsierten ihn hierhin und dorthin, zuerst die des einen, dann die des anderen Zwillings. Für so schlanke, zart gebaute Geschöpfe waren sie bemerkenswert kräftig; als Charity eine Schachtel Grammophonnadeln fallen ließ und unter das Klavier kroch, um sie einzusammeln, warf der Major unfreiwillig einen Blick auf die Rückseite ihrer glatten, muskulösen Schenkel (wobei er einen besonders großen Foxtrottschritt machte, um dies beunruhigende Bild vor Mr. Nortons begierigen Blicken zu verbergen) und musste sich eingestehen, dass man sie, zumindest körperlich, kaum noch als Kind ansehen konnte.
    Inzwischen war der Major in Schwung gekommen und fand sich allmählich in seine Schritte, sodass die Mädels ihn nicht mehr ganz soviel zerren und schubsen mussten. Als nächstes legten sie »By The Silver Sea« auf, und während er sich ausruhte, tanzten die beiden höchst elegant und übernahmen dabei abwechselnd den männlichen Part.
    »Wie zwei Engel«, flüsterte Mr. Norton dem Major, der neben ihm Platz genommen, heiser zu. »Zwei Unschuldsengel.«
    Auch der Major sah ihnen mit Freude zu; sie drehten sich, dass die Röcke nur so flogen, streckten die Beine in die Luft und taten allerlei Albernes und Amüsiertes, ohne dass sie dabei jemals aus dem Takt oder einander in die Quere kamen. Von der Anstrengung (der Major wechselte die Nadeln und zog das Grammophon auf, so schnell er konnte, damit sie nicht auf die Idee kamen, mit ihrem schönen Schautanz aufzuhören) bekamen sie Farbe, und sie begannen zu flirten. Ihre Augen strahlten. Sie warfen dem Major ein einladendes Lächeln zu, wenn der Tanz sie an ihm vorüberführte. Sie leckten sich die Lippen mit lieblichen rosa Zungen und schlugen kokett die Lider mit den langen Wimpern über feucht schimmernden Augen nieder. Grübchen erschienen in ihren Wangen, und nie hatten ihre Zähne so perlweiß geblitzt. »Wie durch und durch bezaubernd sie sind«, dachte der Major, »wie sie nun ihre Reize an mir erproben – mit nicht den geringsten ernsthaften Absichten – wie Vogelkinder, die das Fliegen lernen: genau die Reize, mit denen sie eines Tages den jungen Männern ihrer Wahl das Herz brechen werden … Wie bezaubernd!« Doch ein Blick in Mr. Nortons Gesicht, schartig wie eine Walnuss, belehrte ihn, dass der alte Lüstling überzeugt war, dass
er
der Adressat des aufreizenden Lächelns war, der befeuchteten Lippen und gesenkten Lider. Er erwiderte die Blicke mit einem eigenen, verwegenen Lächeln und enthüllte dabei ungewöhnlich große, gelbe, falsche Zähne. Der Mann war ein Phänomen. Ja, man musste ihn beinahe bewundern für die Hartnäckigkeit, mit der er sich an die letzten Reste der Jugend klammerte.
    Nun war wieder der Major an der Reihe. Tanzen konnte doch Spaß sein, fand er nun, und die Mädchen wechselten so fließend von einer Platte zur anderen, dass er manchmal nicht mehr wusste, mit welchem Zwilling er gerade tanzte. Erst nach einer ganzen Weile merkte er staunend, dass Mr. Norton in seinem Sessel eingeschlafen war (wohl erschöpft von der elektrisierenden erotischen Spannung in der Luft), dass es schon fünf Uhr war und dass auch er rechtschaffen müde war.
    »Nur noch einer!«, riefen die Zwillinge, doch der Major gab nicht nach; er habe ja gar nicht gemerkt, wie spät es schon sei; er nahm seine Pfeife und ging zur Tür, und vergeblich riefen sie ihm nach. Erst später, als er durstig eine Tasse Tee in Gesellschaft von Miss Bagley und Miss Porteous trank, fiel ihm der merkwürdige Felsbrocken wieder ein, der anscheinend aus dem Nichts am Rande des Kornfelds

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