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Trügerischer Friede

Trügerischer Friede

Titel: Trügerischer Friede Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Bürgermeister?«
    »Er wird mir einiges erklären müssen.« Raspot sank ebenfalls in den weichen Sitz. »Es ist Euer Grund und Boden, Fjanski. Solltet Ihr nicht wissen, was hier vor sich geht?«
    Die Kutsche rollte durch eine scheinbar verlassene Stadt. Niemand ließ sich blicken, um den Kabcar willkommen zu heißen, niemand brachte ihm zur Begrüßung Salz und Brot. Das Klappern der Hufe endete, das Gefährt stand still. Der Verschlag wurde von außen geöffnet, und ein Mann in grauer Uniform, wie sie eigentlich die hoheitlichen Beamten der Bardrics trugen, stand vor ihnen. Der Regen hatte ihn völlig durchnässt; das Wasser rann durch seine dunkelblonden Haare über das Gesicht, es tropfte von der Nase und aus dem Bart. In der Linken trug er einen kleinen Koffer.
    »Schnell, hoheitlicher Kabcar, lasst uns fahren!« Er warf seine Tasche hinauf zum Fuhrknecht, der sie auffing und beim übrigen Gepäck verstaute, und stieg ein. Erleichtert atmete er auf.
    »Das ist Bürgermeister Padovan«, stellte ihn Fjanski vor. »Und er vergisst seine Manieren.«
    Padovan verbeugte sich. »Hoheitlicher Kabcar, entschuldigt vielmals, aber die Stimmung in der Stadt ist...«
    Raspot winkte ab. »Habt Ihr dieses Massaker unter der Bevölkerung anrichten lassen?«, fragte er schneidend und deutete über den Vorplatz zu den baumelnden Leichen. »Ich hoffe für Euch, dass es einen guten Grund gab, diese Frauen und Mädchen aufzuknüpfen.«
    »Ich?« Padovan schaute ihn an, als habe er einen Geisteskranken vor sich. »Ich tat, was Ihr mir befohlen hattet, hoheitlicher Kabcar!«
    »Ich soll das befohlen haben?«, brauste Raspot auf. »Niemals.«
    Padovan langte unter seinen Mantel und zog zwei zerknitterte Schreiben heraus. »Doch, hoheitlicher Kabcar. Ihr habt verlangt, dass jede zehnte Frau in der Stadt wegen der bevorstehenden Hungersnot im Land gehängt werden soll, damit die Zahl der Bewohner nicht durch Neugeborene zusätzlich steigt. Und wer ein Kind in sich trägt, soll es entweder töten lassen oder das Land verlassen. Zur Abschreckung sollen die Leichen von den Dächern ...«
    »Seid Ihr wahnsinnig geworden?«, flüsterte Raspot, packte den Mann am Kragen und zog ihn zu sich heran. »Wie konntet Ihr auf diesen Schwindel hereinfallen?«, schrie er los und schlug ihm die flache Hand mehrmals ins Gesicht.
    Padovan hob die Arme und schützte sich vor den Schlägen. »Wie hätte ich es denn merken sollen, hoheitlicher Kabcar?«, jaulte er. »Ihr hattet auf mein Anfragen doch geantwortet.« Er klaubte die Schriftstücke vom Boden der Kutsche auf und hielt sie Raspot hin. »Da, lest!«
    Der Herrscher nahm sie entgegen und überflog den Inhalt. »Meine Handschrift, meine Signatur«, wisperte er ungläubig. »Und sogar mein Siegel!«
    »Weil ich es zuerst nicht glauben wollte, habe ich in den Nachbarstädten gefragt und bekam von den Räten die gleiche Auskunft. Sie erhielten die gleiche Anweisung.« Er wurde leichenblass. »Sie ist gar nicht von Euch?«
    »Sehe ich so schwachsinnig aus wie Arrulskhan?« Raspots Gedanken überschlugen sich und gelangten zu dem einzig sinnvollen Schluss: Jemand stiftete mit den mörderischen Taten Unruhe, um ihn abzusetzen. Er blickte zu dem nervösen Fjanski. Er und die anderen Adligen? Aber warum brachten sie ihn nicht einfach um, wenn er ihnen zu unbequem geworden war?
    »Wieso tragt Ihr eigentlich die alte Uniform der Bardric?«, verlangte Fjanski zu wissen.
    »Man lebt mit ihr sicherer als in der borasgotanischen«, erklärte Padovan und schaute ängstlich aus dem Fenster. »Lasst uns abfahren und den Schwindel den Menschen erklären, sobald sich der Hass gelegt hat«, bat er. »Sie waren schon auf dem Weg zu mir.« Er unterdrückte einen Aufschrei. »Fackeln!
    Da sind sie!« Der Bürgermeister sprang auf der anderen Seite aus der Kutsche und rannte durch den strömenden Regen in eine Seitengasse, aus der noch kein Lichterschein fiel. »Ulldrael beschütze Euch, hoheitlicher Kabcar«, rief er, ehe er verschwand.
    aus schwebendem Feuer formierte sich und rückte auf das Haus des Bürgermeisters zu. Alles Wasser aus dem grauen
    Himmel würde ein solches Feuer nicht löschen können.
    Als die Menschen Amskwas das Wappen auf der Kutsche erkannten, ging ein wütender Aufschrei durch die Menge. Pflastersteine wurden herausgerissen, die ersten Geschosse hagelten gegen das Dach und die Wand. Klirrend barst die Scheibe und überschüttete Raspot und Fjanski mit Scherben. Der Kutscher wartete nicht länger

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