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Trügerischer Friede

Trügerischer Friede

Titel: Trügerischer Friede Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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junge Ritter wandte sich ab. »Wir sollten nochmals mit der Delegation reden und versuchen, mehr über den Grund der Forderung zu erfahren. Vielleicht akzeptieren sie den Großmeister meines Ordens als neutraleren Unterhändler.«
    Pashtak bezweifelte, dass die Priester einen Krieger als Vermittler annehmen würden. »Versuchen können wir es«, stimmte er wider besseres Wissen zu.
    »Ich wäre bereit, ihnen das Amulett meiner Mutter zu überlassen. Die Delegation räumt uns dafür im Gegenzug mehr Zeit ein«, meldete sich Estra zu Wort, wobei sie Tokaro mit Nichtachtung strafte.
    »Gut«, nickte Pashtak, der erleichtert war, den Fremden ein Angebot machen zu können. »Das können wir versuchen, bevor wir die Versammlung einberufen und die übrigen beiden Forderungen der Kensustrianer besprechen.« Er schaute zum Nachthimmel auf. »Es bleiben nur wenige Stunden, um eine Entscheidung zu herbeizuführen.« Er nickte dem Ritter und der Inquisitorin zu. »Begleitet mich zu Kovarem und Relio.«
    Sie marschierten eilig zur Unterkunft der Delegation, die sich in der Nähe des Lagers der Hohen Schwerter befand. Estra und Tokaro wechselten unterwegs kein Wort mehr. Pashtak war froh, als sie das Haus endlich erreichten. Forsch ging er die Stufen hinauf und pochte gegen das Holz der Tür. Zuerst tat sich nichts. Dann drehte sich ein Schlüssel im Schloss, ein Balken wurde - den Geräuschen nach zu urteilen - mit viel Mühe zur Seite geschoben, und endlich öffnete sich die Tür einen Spalt weit, in dem Relios Gesicht erschien.
    »Guten Abend, Relio .. « Pashtak stieg der Geruch von frischem Blut in die Nase, der Übelkeit erregend aus der Tür quoll. Für eine solche Wolke bedurfte es mehr als eines kleinen Schnittes. »Ist alles in Ordnung?«, fragte er argwöhnisch.
    Relio röchelte. Aus seinem Mund schwappte das Blut wie Suppe über den Tellerrand, er fiel rücklings und zog dabei die Tür vollkommen auf. Ächzend lag er im Flur, wand sich ein letztes Mal und starb mit einem leisen Wimmern. Aus seiner linken Seite ragten zwei Pfeile.
    »Zurück«, befahl Tokaro, zog seine aldoreelische Klinge und betrat das Haus. »Ich sehe nach.« Er watete durch die rote Pfütze.
    Estra und Pashtak dachten gar nicht daran zu warten und folgten ihm; sie zückten ihre Kurzschwerter, um dem Ritter notfalls beizustehen.
    Die Waffen waren nicht notwendig, wie sich schnell herausstellte. Sie fanden die Krieger und die beiden Priester in den verschiedenen Räumen, einer grausamer verstümmelt als der andere. Die Unmengen von Blut und die zerschlitzten Gedärme verbreiteten einen widerlichen Gestank, der die Mägen der drei auf eine harte Probe stellte. Pashtak schaute auf Kovarem, der mit zehn Pfeilen an die Wand des Schrankes genagelt, worden war. Jemand hatte mit krakeliger Handschrift TOD DEN GRÜNHAAREN an die Wand daneben geschrieben.
    »Nun sind wir in großen Schwierigkeiten«, knurrte er.
    Kontinent Ulldart, Königreich Borasgotan, Amskwa, Herbst im Jahr 1 Ulldrael des Gerechten (460 n. S.)
    Der Herbst regierte in den nördlichen Teilen Borasgotans so wenig wie die viel zu kurzen Sommer und die ebenso kurzlebigen Frühlinge. Der eifersüchtige Winter ließ das Land kaum aus seinen eisigen Klauen und erlaubte der Erde nur für die Dauer weniger Wochen, das Eis abzuschütteln, zu grünen und zu blühen.
    Die Pracht war schon lange vergangen.
    Der Wind wirbelte trockenes Laub und eisige Regentropfen gegen die Scheibe der prächtigen Kutsche, als der Zug von Kabcar Raspot I. nach Amskwa einritt, um die traditionsreiche Reichshauptstadt mit seinem Besuch zu beehren.
    Was der junge Herrscher durch das Glas auf dem Weg durch die Straßen sah, erfüllte ihn mit Entsetzen. »Bei Ulldrael dem Gerechten«, stieß er hervor und winkte Fjanski ans Fenster. »Was hat das zu bedeuten?«
    Dem Kabcar wurde zur Begrüßung ein ganz besonderes Spalier geboten. Von jedem zur Straße gerichteten Dachgiebel baumelte eine Leiche an einem Seil herab. Es waren Frauen jeglichen Alters, die mit auf den Rücken gebundenen Händen gehängt und zur Schau gestellt worden waren. Ab und zu rumpelte es; der starke Wind spielte mit den Toten, wiegte sie an den langen Stricken und ließ sie mit der Seitenwand der Kutsche kollidieren.
    »Ich weiß es nicht, hoheitlicher Kabcar«, gab der Hara