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Trügerischer Spiegel: Roman (German Edition)

Trügerischer Spiegel: Roman (German Edition)

Titel: Trügerischer Spiegel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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du auch?«
    »Ja, sofort.«
    Aber sie rührten sich beide nicht vom Fleck. Sie standen nur da und starrten sich an. Bis auf ein gelegentliches Hufstampfen war es still im Stall. Staubkörnchen tanzten im Sonnenlicht, das durch die Fenster hereinfiel. Die Luft war gesättigt mit angenehmen Gerüchen nach Heu, Pferden und Leder. Und Lust.
    Avery schienen plötzlich die Kleider zu eng zu sein. Sie sehnte sich danach, zu Tate zu gehen und ihn in die Arme zu nehmen. Sie wollte den Kopf an seine Brust legen und spüren, wie sein Herz schlug. Noch einmal wollte sie seine Leidenschaft und das Verlangen erleben, selbst wenn er nichts für sie empfand.
    Diese Mischung aus Lust und Verzweiflung war unerträglich. Sie streckte die Hand aus und streichelte das samtige Maul des Wallachs. Er wandte sich von seinem Hafer ab und stupste liebevoll ihre Schulter.
    »Ich versteh’ das nicht.«
    Ihr Blick wandte sich wieder zu Tate. »Was?«
    »Er hat sonst immer Feuer gespuckt, wenn du auch nur in seine Nähe gekommen bist. Und du wolltest ihn sogar an die Klebstoffabrik verkaufen. Und jetzt schmust ihr miteinander. Was ist passiert?«
    Sie sah Tate gerade in die grauen Augen und sagte leise: »Er hat gelernt, mir zu vertrauen.«
    Er verstand die Anspielung, da gab es keinen Zweifel. Er hielt ihrem Blick lange stand, dann befahl er: »Komm, Shep.« Über die Schulter rief er Avery noch zu: »Mandy wartet auf dich.«

KAPITEL 36
    »Sei lieb, solange Papi weg ist«, sagte Tate zu Mandy und drückte sie fest. »Ich bring’ dir auch was Schönes mit.«
    Und zu Avery gewandt: »Ruf mich an, wenn sich was Neues bei ihr ergibt. Unbedingt.«
    »Ich verspreche es.«
    Jack hupte draußen. Eddy saß schon im Auto und telefonierte mit dem kürzlich installierten Autotelefon.
    »Wegen der anderen Sache«, sagte er noch leise, »Eddy hat sie aufgefordert, hieb- und stichfeste Beweise über deine Abtreibung vorzulegen. Das hat ihr wohl klargemacht, was passieren würde, wenn sie zur Presse damit ginge. Bei seinen Nachforschungen hat sich auch ergeben, daß sie tatsächlich gefeuert worden ist und der Ärztin damit noch mehr schaden wollte als uns. Eddy hat ihr
mit allen möglichen Dingen gedroht. Im Augenblick ist sie erst einmal eingeschüchtert.«
    »Gott sei Dank. Es wäre schlimm gewesen, wenn das deinen Wahlkampf behindert hätte«, sagte Avery, aber ihre Sorgen galten etwas ganz anderem. Tate würde allein unterwegs sein, und sie konnte den Grauhaarigen nicht im Auge behalten. Vielleicht hätte sie ihn wenigstens erwähnen sollen...
    »Ich muß gehen.« Er küßte Mandy noch einmal. »Auf Wiedersehen, Carole.« Sie bekam weder einen Kuß noch einen liebevollen Blick.
    »Mami, Mami?« Mandy hatte sie wohl schon mehrmals angesprochen, bevor sie es hörte.
    »Mami, warum weinst du?«
    Avery wischte sich die Tränen von den Wangen und zwang sich zu lächeln. »Ich bin nur traurig, weil Daddy wegfährt. Aber du bleibst ja solange bei mir, oder?«
    Mandy nickte, und sie gingen ins Haus. Wenn sie schon nichts für Tate tun konnte, würde sie sich wenigstens um seine Tochter kümmern.
     
    Jede Stunde dieser Woche verging qualvoll langsam. Avery suchte jeden Abend während der Nachrichtensendungen nach dem Grauhaarigen in der Menge. Sie hatte Irish aus einer öffentlichen Telefonzelle angerufen, um ihm zu erklären, warum sie nicht mit Tate gefahren war. Er versprach ihr, daß Van besonders gut aufpassen und sie anrufen würde, wenn er den Grauhaarigen entdeckte. Aber offensichtlich hatte er ihn nicht gesehen, denn er meldete sich nicht. Dafür nahm er für jede Nachrichtensendung die Menschenmenge auf, als wolle er ihr damit beweisen, daß der Grauhaarige nicht aufgetaucht war. Aber Avery hatte trotzdem Angst um Tate. Nachts träumte sie von einem blutigen Attentat, und tagsüber wanderte sie, wenn sie nicht mit Mandy spielte, ruhelos durchs Haus.
    Nelson fiel ihr Verhalten auf, und er fragte sie, ob Tate ihr fehlte.
    »Ja, sehr sogar. Wahrscheinlich findest du das merkwürdig. Zee wohl auch. Sie sieht mich kaum an.«
    Er sah ihr so hart und gerade in die Augen, daß sie seinem Blick kaum standhalten konnte, und sagte: »Das mit dieser Abtreibung war wirklich ekelhaft.«
    »Ich wollte nicht, daß es irgend jemand erfährt.«
    »Außer Tate.«
    »Er mußte es schließlich wissen, oder?«
    »Ja, wirklich? War es denn sein Kind?«
    Sie zögerte einen Augenblick. »Ja.«
    »Und trotzdem fragst du dich, warum wir jetzt etwas zurückhaltend dir gegenüber

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